Wirtschaftswoche Ausgabe vom 2013-11-11 (Vorschau)
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»Jetzt muss die Regierung<br />
versuchen, die jungen Leute<br />
einzubinden«<br />
FOTO: SINAN CAKMAK<br />
schweißt Erensan auch Schiffskessel, etwa<br />
für ein schwimmendes Heizkraftwerk.<br />
Meist fertigt das Unternehmen jedoch<br />
Großboiler für Lebensmittelfabriken oder<br />
Heizkessel wie jene 18 Meter hohen Riesen,<br />
die seit Kurzem im Fußballstadion von<br />
Arsenal London ihren Dienst tun.<br />
„Unsere Produkte sind alle Einzelanfertigungen“,<br />
sagt Ayhan Eren. „Sie müssen den<br />
Standards der Länder genügen, in die wir<br />
sie ausliefern.“ Um Anlagen schnell, aber<br />
maßgeschneidert nach verschiedenen<br />
Normen zu konstruieren, sucht er Konstrukteure,<br />
die selbstständig denken. Er<br />
hofft daher auf eine moderne und offene<br />
Türkei: „Diese junge Generation hängt<br />
nicht nur auf Facebook ab, die hat Humor<br />
und Verstand“, freut sich der Unternehmer<br />
über die Gezi-Bewegung: „Jetzt muss die<br />
Regierung versuchen, die jungen Leute<br />
einzubinden. Das sind die Tüftler und<br />
Kreativen, die unserer Wirtschaft helfen,<br />
globaler und vielfältiger zu werden.“<br />
Ayhan Eren<br />
ERESAN<br />
Kesselanlagen<br />
Umsatz<br />
30 Mio. Euro<br />
Mitarbeiter (Türkei) 260<br />
Kunden: FC Arsenal London,<br />
Tofas Autobau<br />
KREDITE IM KAUFRAUSCH<br />
Die Türkei hat mit einem Durchschnittsalter<br />
von 29 Jahren eine der jüngsten Bevölkerungen<br />
in Europa. Die Einwohnerzahl<br />
wächst pro Jahr um mehr als ein Prozent.<br />
Und dank des mehrjährigen Wirtschaftswachstums<br />
sind die Türken konsumfreudig:<br />
Im Kaufrausch stützt das Land seine<br />
Konjunktur quasi von selbst, die Banken<br />
helfen mit billigen Krediten nach.<br />
Kein Wunder also, dass türkische Konzerne<br />
gewachsen sind, die auch EU-Märkte<br />
angreifen könnten. Da ist die Koç-Gruppe<br />
um den bulligen Gründer-Enkel Mustafa<br />
Koç, mit einem Umsatz von 36,8 Milliarden<br />
Euro größer als Henkel und MAN zusammen.<br />
Der Mischkonzern aus Istanbul verkauft<br />
alles, von Autoteilen über Leitplanken<br />
bis hin zu Krediten und Hotelzimmern. Die<br />
Yildiz-Gruppe mit einem Jahresumsatz von<br />
5,2 Milliarden Euro fokussiert sich auf die<br />
Verarbeitung von Lebensmitteln. Und das<br />
mit 10,6 Milliarden Euro Umsatz zweitgrößte<br />
Unternehmen Sabancı agiert im Bankensektor<br />
und der Energiebranche.<br />
Diese Familienkonzerne sind sehr erfolgreich<br />
– doch wie lange noch? So<br />
schwebt etwa über der Energietochter der<br />
Koç-Gruppe das Damoklesschwert einer<br />
Steuernachzahlung, deren Höhe noch<br />
nicht feststeht. Die Behörden starteten Ermittlungen,<br />
just nachdem Erdogan Koç<br />
wegen der Einmischung in die Proteste im<br />
Gezi-Park gemaßregelt hatte. Koç gehört<br />
das Hotel „Diwan“, in dem Demonstranten<br />
während der Ausschreitungen Zuflucht vor<br />
der Polizei gesucht hatten. Anders als die<br />
Garanti-Bank der Erdogan-freundlichen<br />
Dogus Holding sperrte das Personal die<br />
Lobby nicht vor den Flüchtenden zu.<br />
Trotz der zunehmenden Verärgerung<br />
über die Regierung trifft man bei den Unternehmen<br />
auf eine Mauer des Schweigens.<br />
Zu lebendig ist die Erinnerung an<br />
2010, als die durchweg Erdogan-kritischen<br />
Medien der Dogan Yayın Holding mit Steuernachforderungen<br />
über umgerechnet 382<br />
Millionen Euro „auf Linie“ gebracht wurden.<br />
Bei einem Umsatz von knapp einer<br />
Milliarde Euro lähmt Dogan nun ein Schuldenstand<br />
von rund 400 Millionen.<br />
Ein solches Schicksal fürchtet man bei<br />
Koç offenbar so sehr, dass man die liberale,<br />
proeuropäische Tradition zurzeit nicht betont.<br />
Stattdessen ließen sich Koç-Manager<br />
häufiger bei den Freitagsgebeten sehen –<br />
ein symbolisches Kuschen vor Erdogan.<br />
Hinter den Kulissen indes warnen Lobbyisten<br />
der Unternehmensverbände Tü-<br />
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WirtschaftsWoche <strong>11</strong>.<strong>11</strong>.<strong>2013</strong> Nr. 46 51<br />
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