Adel im Pfälzer rAum - Historischer Verein der Pfalz
Adel im Pfälzer rAum - Historischer Verein der Pfalz
Adel im Pfälzer rAum - Historischer Verein der Pfalz
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
1685 und in seinem Gefolge die entstehung eines neuen katholischen dienstadels<br />
am heidelberger beziehungsweise mannhe<strong>im</strong>er hof. 86<br />
Vii<br />
abschließend sollen die ergebnisse thesenhaft zusammengefasst wer den:<br />
1. das Verhältnis des ritterschaftlichen adels zur kirche am Vorabend <strong>der</strong><br />
reformation war geprägt einerseits von einer beeindruckenden Frömmigkeit<br />
und religiosität, ande rerseits von <strong>der</strong> instrumentalisierung als Pfründen- und<br />
Versor gungsanstalt.<br />
2. individuelle, frühe, spontane entscheidung für die lehre luthers in <strong>der</strong> anfangsphase<br />
<strong>der</strong> reformation blieb die – freilich in prominenten bespielen wie<br />
dem Franz von sickingens vertretene – ausnahme; weiter verbreitet war eine<br />
ab wartende, indifferente haltung.<br />
3. die meisten konfessionsentscheidungen – <strong>im</strong> untersuchungsraum ganz<br />
überwiegend für das neue bekenntnis – erfolgten in den 1540/50er Jah ren, oft<br />
nach langer unentschiedenheit, und wurden zunächst eher diskret und in den<br />
Quellen schwer fassbar vollzogen.<br />
4. ideelle motive, das christliche Gewissen, waren be<strong>im</strong> übergang zur refor mation<br />
oft untrennbar verbunden mit wirtschaftlichen, auf das kirchengut spekulierenden<br />
absichten und vor allem mit politi schen, auf die adlige autonomie<br />
ge richteten überlegungen.<br />
5. rechtssicherheit für die individuelle Glaubensentscheidung gab erst <strong>der</strong><br />
augsburger religionsfriede von 1555 mit <strong>der</strong> reichsrechtlichen anerkennung<br />
<strong>der</strong> ritterschaftlichen entscheidungsgewalt, <strong>der</strong> ermöglichung <strong>der</strong> Wahl<br />
zwischen katholischem und augsburgischem respektive lutherischem<br />
bekenntnis einerseits und <strong>der</strong> Zuer kennung des ius reformandi auch an die<br />
nie<strong>der</strong>adligen herr schaftsträger.<br />
6. auf <strong>der</strong> Grundlage des augsburger religionsfriedens sowie <strong>der</strong> trienter<br />
konzilsdekrete von 1563 bekannten sich die ritter vermehrt öffentlich zu<br />
ihrer Glaubensentscheidung, wobei <strong>der</strong> adel in den weltlichen terri torien oft<br />
86 Vgl. den beitrag von harald stockert in diesem band. dass <strong>der</strong> konfessionswechsel nach dem herrschaftsantritt<br />
<strong>der</strong> katholischen linie <strong>Pfalz</strong>-neuburg auch zur abwan<strong>der</strong>ung alteingesessener pfälzischer<br />
Familien führen konnte, hat an<strong>der</strong>mann, mauern (wie anm. 81) s. 128 f., am bei spiel <strong>der</strong> kolb von<br />
Wartenberg gezeigt. Johann cas<strong>im</strong>ir kolb von Wartenberg aus diesem seit 1375 in kurpfälzischen diensten<br />
stehenden Geschlecht aus <strong>der</strong> nordpfalz trat bereits 1688 in bran denburgisch-preußische dienste<br />
über, durchlief eine steile karriere am hof des reformierten kur fürsten Friedrich iii. und erreichte dort<br />
die Positionen eines preußischen Premierministers und Generalerbpostmeisters. 1699 stieg er in den<br />
reichsgrafenstand mit sitz und st<strong>im</strong>me auf <strong>der</strong> bank <strong>der</strong> wetterauischen Grafen auf und war maßgeblich<br />
an den Verhandlungen am kaiserhof in Wien beteiligt, die seinem herrn 1701 die königskrone in<br />
Preußen eintrugen; vgl. auch Friedrich Wil helm Weber, das pfälzische adelsgeschlecht <strong>der</strong> kolbe von<br />
Wartenberg. abstammung, besitz und herrschaftsrechte in nachmittelalterlicher Zeit, kaiserslautern<br />
1955; Friedrich Wilhelm Weber, Graf ludwig, <strong>der</strong> letzte kolb von Wartenberg, otterbach 1988, s.<br />
15-18.<br />
489