Adel im Pfälzer rAum - Historischer Verein der Pfalz
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damit sind wir bei den über Hofamt und rat hinausgehenden funktionen des<br />
adels angelangt. <strong>im</strong> alltag erhofften sich fürstin und fürst vom adel am Hof in<br />
erster linie Geselligkeit und Tischgemeinschaft. Kurfürst Joach<strong>im</strong> ii. von Brandenburg<br />
verlangte ausdrücklich von allen Grafen, Herren und adligen in seinem<br />
dienst, dass sie sich an Sonn- und feiertagen um 7, an Werktagen um 8 uhr in<br />
<strong>der</strong> ritterstube versammelten, dort auf ihn warteten, ihn in die Kirche begleiteten,<br />
damit er darin nicht alleingelassen werde, und danach bis zum essen um ihn verweilten.<br />
nach dem essen durften sie gehen, falls er ihnen die erlaubnis gab. 56<br />
Sie hatten „wohl nicht mehr zu tun, als mit dem Herrn die freuden <strong>der</strong> Tafel<br />
und <strong>der</strong> Jagd zu teilen und dabei zur Belebung <strong>der</strong> Geselligkeit beizutragen“. 57<br />
Wie wichtig dem fürsten die persönliche präsenz des adels erschien, zeigt die<br />
erwähnte Hofordnung Kurfürst Joach<strong>im</strong>s, die unentschuldigtes fehlen mit dem<br />
entzug des pferdefutters für diesen Tag bestrafte. da sich die forschung bislang<br />
auf die politischen und administrativen aufgaben des adels am Hof konzentrierte,<br />
wissen wir nur wenig über den Sektor unterhaltung <strong>im</strong> alltag Bescheid. 58 neben<br />
Tanz, Schach und Gesellschaftsspielen ist auch mit <strong>der</strong>beren formen <strong>der</strong> Belustigung<br />
zu rechnen. das Kräftemessen <strong>im</strong> Steinewerfen o<strong>der</strong> <strong>im</strong> ringkampf 59 verwun<strong>der</strong>t<br />
bei <strong>der</strong> Körperkultur des adels nicht, eher die Beteiligung einer fürstin.<br />
So stellte elisabeth von pommern, die damals 25jährige ehefrau Karls iV., anlässlich<br />
des osterfests 1371 ihre Körperkräfte zur Schau, indem sie selbst die stärk sten<br />
Männer in Gegenwart vieler fürsten und adliger <strong>im</strong> Hufeisenbiegen besiegte und<br />
außerdem <strong>im</strong> zerreißen von Kettenhemden glänzte. 60 zu den in <strong>der</strong> z<strong>im</strong>meri schen<br />
Chronik überlieferten Scherzen gehört das erhitzen von Türklinken, an denen sich<br />
ahnungslos eintretende die Hände verbrannten. 61 am Hof Wartislaws X. von pommern<br />
unterhielt man sich be<strong>im</strong> sogenannten Wasserreiten, wobei sich ein Trinkgenosse<br />
wie ein pferd auf Händen und füßen fortbewegte, während <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />
ihm auf dem rücken saß und ihm befahl, eine auf dem Boden stehende Schale mit<br />
Wein leerzutrinken. als Herzog Wartislaw einmal das pferd m<strong>im</strong>te und sein reiter<br />
ihm auch noch in die Schale spuckte, hat er ihm dies nie verzie hen. 62<br />
56 Hass (wie anm. 38), S. 36.<br />
57 Hass (wie anm. 38), S. 179.<br />
58 als ausnahme siehe uwe Tresp, die Kurzweil <strong>der</strong> fürsten. Beobachtungen zum Verhältnis von funktionalität<br />
und Vergnügen bei Geselligkeit, Jagd und ritterspiel in Korrespondenzen <strong>der</strong> Hohenzollern<br />
aus dem 15. Jahrhun<strong>der</strong>t, in: Heinz-dieter He<strong>im</strong>ann, Martin M. langner, Mario Müller und Birgit<br />
zacke (Hgg.), Weltbil<strong>der</strong> des mittelalterlichen Menschen (Studium litterarum 12), Berlin 2007, S.<br />
426<br />
257-299.<br />
59 Vgl. farbtafel 50 (<strong>der</strong> Burggraf von lienz be<strong>im</strong> Steinestoßen) aus <strong>der</strong> Manessischen Handschrift, in:<br />
paravicini / Hirschbiegel / Wettlaufer (wie anm. 4), Bd. 2, S. 29. zum ringkampf Herzog Sigismunds<br />
von Tirol vgl. Werner Maleczek, die Sachkultur am Hofe Herzog Sigismunds von Tirol<br />
(†1496), in: Heinrich appelt (Hg.), adelige Sachkultur des Spätmittelalters (Veröffentlichungen des<br />
instituts für mittelalterliche realienkunde Österreichs 5), Wien 1982, S. 133-167, hier S. 142f.<br />
60 Spieß, fürsten (wie anm. 8), S. 41.<br />
61 Hansmartin decker-Hauff und rudolf Seigel (Hgg.), die Chronik <strong>der</strong> Grafen von z<strong>im</strong>mern, 3 Bde.<br />
(mehr nicht erschienen), Sigmaringen 1964-1972, hier Bd. 1, S. 176; hierzu zeilinger, Hof (wie anm.<br />
37) S. 125, mit <strong>der</strong> treffenden Bemerkung, dass sich ein adliger <strong>im</strong> reellen wie <strong>im</strong> übertragenen Sinn <strong>im</strong><br />
Hofdienst die Hände verbrennen konnte.<br />
62 Thomas Kantzow, des Thomas Kantzow Chronik von pommern in hochdeutscher Mundart. letzte<br />
Bearbeitung, hg. von Georg Gaebel, Stettin 1897, S. 305.