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Adel im Pfälzer rAum - Historischer Verein der Pfalz

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ten. als herausragendes Beispiel sei franz melchior von wiser genannt, <strong>der</strong> 1674<br />

Hofrat in neuburg wurde und 1691 zum kurfürstlichen Hofkanzler und leiter<br />

<strong>der</strong> Gehe<strong>im</strong>en kammerkanzlei avancierte. 26 Ihm wie auch an<strong>der</strong>en ursprünglich<br />

bürgerlichen aufsteigern sollte es innerhalb weniger Jahre gelingen, in kurpfälzischen<br />

diensten zu reüssieren und schließlich die Standeserhöhung zu erreichen,<br />

wobei nicht selten Käuflichkeit von Ämtern und persönliche Beziehungen zum<br />

kurfürsten eine rolle spielten. 27<br />

Sowohl die neu nobilitierten wie auch <strong>der</strong> etablierte nie<strong>der</strong>rheinische adel gehörten<br />

dem prächtigen düsseldorfer Hofstaat an, <strong>der</strong> weit über die Grenzen <strong>der</strong><br />

region ausstrahlte. Vor allem kurfürstin anna maria luisa, die zweite Gemahlin<br />

Johann wilhelms, eine geborene von medici, machte sich als großzügige liebhaberin<br />

von musik und malerei einen namen, was düsseldorf hohes kulturelles<br />

ansehen und dem kurfürsten aber den Beinamen geliebter Verschwen<strong>der</strong> einbrachte.<br />

28 <strong>der</strong> kurpfalz hingegen blieb nicht mehr als die rolle eines nebenlands<br />

in einer zeit, in <strong>der</strong> die „renaissance des Hofes“ ihren Höhepunkt erreichte und<br />

das ganze reich erfasste. 29<br />

Zum höfischen Mittelpunkt sollte die Kurpfalz erst wie<strong>der</strong> unter Kurfürst Karl<br />

Philipp werden, <strong>der</strong> 1716 seinen Bru<strong>der</strong> Johann wilhelm beerbte. auf seine weisung<br />

hin wurde 1718 <strong>der</strong> Hofstaat nach Heidelberg zurückgeführt. 1720 jedoch ließ<br />

er Hof und regierung nach mannhe<strong>im</strong> übersiedeln, wo er zugleich den Grundstein<br />

für einen ehrgeizigen Schlossbau legte. Sein anlässlich dieses ereig nisses formulierter<br />

ausspruch jetzt ist ein Anfang gemacht, zweifelt nicht mehr daran, markiert<br />

den reichlich verspäteten Beginn des höfischen Zeitalters in <strong>der</strong> Kurpfalz. Aber innerhalb<br />

weniger Jahre sollte es gelingen, mannhe<strong>im</strong> zu einem weit ausstrahlenden<br />

Zentrum höfischer Kultur zu machen.<br />

die reaktivierung des kurpfälzischen Hofs inklusive seiner Verlegung nach<br />

mannhe<strong>im</strong> zeitigte nachhaltige folgen nicht zuletzt für den adel. zahlreiche familien<br />

zogen mit dem Hofstaat von düsseldorf rheinaufwärts, um sich <strong>im</strong> neuen<br />

Athen, wie die kurpfälzische metropole bald genannt wurde, nie<strong>der</strong>zulas sen. 30 die<br />

adelsgeschlechter aus <strong>der</strong> region jedoch spielten, was die Schlüssel positionen in<br />

Hof und regierung anbetraf, eine nachgeordnete rolle. dies führte zu Verdruss<br />

auch unter einhe<strong>im</strong>ischen zeitgenossen. So wurde beispielsweise in den ‚amusements<br />

des Eaux de Schwalbach‘, einer satirischen Reisebeschreibung von 1739,<br />

26 michael Henker, zur Prosopographie <strong>der</strong> pfalz­neuburgischen zentralbehörden <strong>im</strong> siebzehnten Jahrhun<strong>der</strong>t,<br />

münchen 1984, S. 348­353; vgl. friedrich august Pietzsch, die reichsgrafen von wiser<br />

als Grund­ und Gerichtsherren von friedelshe<strong>im</strong>. ein Beitrag zur Geschichte <strong>der</strong> kurpfalz, in: <strong>Pfälzer</strong><br />

He<strong>im</strong>at 5 (1954) S. 51­ 56 und 93­97; rainer Gutjahr, die Grafen wiser als Inhaber des Hirschberger<br />

lehens 1700 bis 1864. orts­ und Grundherren in leutershausen an <strong>der</strong> Berg straße und ursenbach, in:<br />

winfried wackerfuß (Hg.), Beiträge zur Geschichte des odenwaldes und seiner randlandschaften,<br />

Bd. 7, Breuberg­neustadt 2005, S. 205­314.<br />

27 Burghardt, Gehe<strong>im</strong>e räte (wie anm. 24) S.116.<br />

28 otto wirtz, Jan wellem. Geliebter Verschwen<strong>der</strong>, erfurt 2004.<br />

29 Press, fürstenhof (wie anm. 12) S. 98; vgl. Volker Press, zwischen Versailles und wien. die <strong>Pfälzer</strong><br />

kurfürsten in <strong>der</strong> deutschen Geschichte <strong>der</strong> Barockzeit, in: zeitschrift für die Geschichte des oberrheins<br />

91 (1981) S. 207­262, hier S. 243.<br />

30 Voss, mannhe<strong>im</strong> (wie anm. 14) S. 329.<br />

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