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Adel im Pfälzer rAum - Historischer Verein der Pfalz

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auch <strong>der</strong> polnische Kontrahent in den Turm gesperrt werden müsse, doch war er<br />

damit nicht durchgedrungen.<br />

diese Begebenheit verrät viel über das Thema ‚adel und Hof‘: Götz von Berlichingen<br />

durchlief als edelknabe mit vielen an<strong>der</strong>en Gleichaltrigen eine wichtige<br />

phase <strong>der</strong> ausbildung am Hof zu ansbach. er genoss dabei die fürsorge von erwachsenen<br />

adligen, die ihn mit einem rock beschenkten o<strong>der</strong> sich bei dem fürsten<br />

für ihn einsetzten. Götz nahm mit seinem welschen rock aus Brabant wie <strong>der</strong><br />

Pole mit seiner Frisur am modischen Wettstreit <strong>der</strong> Hofleute teil. Das letzte Wort<br />

am Hof besaßen fürst und fürstin, die nicht <strong>im</strong>mer einer Meinung sein mussten.<br />

zu dem Herrscherpaar traten noch die heranwachsenden fürstensöhne und die<br />

führenden Hofbeamten, so dass sich uns <strong>der</strong> Hof als ein höchst komplexes soziales<br />

Gebilde darstellt. noch <strong>im</strong> hohen alter sah sich Götz als opfer dieser Hofparteien.<br />

die Vielgestaltigkeit und Komplexität <strong>der</strong> mittelalterlichen und frühneuzeitlichen<br />

Höfe erschwert eine umfassende und allseits befriedigende Definition des<br />

ersten Stichworts dieses Beitrags. Schon <strong>der</strong> Begriff Hof trägt mehrere Bedeutungen<br />

in sich. er meint nicht nur die residenz eines Herrschers o<strong>der</strong> seinen aufenthaltsort,<br />

son<strong>der</strong>n auch sein Gefolge, das weiter unterteilt wird in einen engeren<br />

Hof, das heißt den zahlenmäßig begrenzten und mehr o<strong>der</strong> weniger ständig be<strong>im</strong><br />

Herrscher weilenden personenkreis, und einen weiteren Hof, worunter eine nur<br />

zeitweise und je nach ort wechselnde personengruppe zu verstehen ist. 4 <strong>der</strong> engere<br />

und <strong>der</strong> weitere Hof lassen sich zwar in <strong>der</strong> Theorie leicht differenzieren, in <strong>der</strong><br />

praxis aber nur schwer eingrenzen. Gern wird in diesem Kontext das um 1200 nie<strong>der</strong>geschriebene<br />

Bonmot von Walter Map zitiert: Ich lebe am Hof und ich spreche<br />

vom Hof, aber ich weiß nicht, was <strong>der</strong> Hof ist. Weniger bekannt sind die folgenden<br />

zeilen, in denen er die fluktuation des Hofs treffend beschreibt: Wenn ich ihn<br />

verlasse, kenne ich ihn genau; wenn ich zurückkehre, finde ich nichts o<strong>der</strong> wenig<br />

von dem, was ich zurückgelassen habe. Er ist mir fremd und ich bin ihm fremd geworden.<br />

Der Hof ist <strong>der</strong> gleiche geblieben, aber die Glie<strong>der</strong> sind verän <strong>der</strong>t. 5 auch<br />

Götz von Berlichingen hätte, wenn er wenige Jahre später an den ansbacher Hof<br />

zurückgekehrt wäre, ein stark verän<strong>der</strong>tes personelles netzwerk angetroffen. 6<br />

umfang und soziale zusammensetzung eines Hofs hingen vom Stand des jeweiligen<br />

Herrschers ab, unterlagen aber auch einer dynamischen expansion über<br />

die Jahrhun<strong>der</strong>te hinweg. Stieg für den Königs- beziehungsweise Kaiserhof die für<br />

das 16. Jahrhun<strong>der</strong>t angesetzte Min<strong>im</strong>alzahl von fünfhun<strong>der</strong>t <strong>im</strong> 18. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

auf 1500 personen, so lauten die entsprechenden zahlen für einen Kurfürstenhof<br />

4 oliver auge und Karl-Heinz Spieß, Hof und Herrscher, in: Werner paravicini (Hg.), Jan Hirschbiegel<br />

und Jörg Wettlaufer (Bearbb.), Höfe und residenzen <strong>im</strong> spätmittelalterlichen reich. Bil<strong>der</strong><br />

und Begriffe, Teilband 1: Begriffe (Residenzenforschung 15,2), Ostfil<strong>der</strong>n 2005, S. 3-15.<br />

5 Die Zitate von Walter Map finden sich in Walter Map, De nugis curialium, hg. von Montague R.<br />

James, oxford 1983, S. 2.<br />

6 Cordula nolte, familie, Hof und Herrschaft. das verwandtschaftliche Beziehungs- und Kommunikationsnetz<br />

<strong>der</strong> reichsfürsten am Beispiel <strong>der</strong> Markgrafen von Brandenburg-ansbach (1440-1530)<br />

(Mittelalter-Forschungen 11), Ostfil<strong>der</strong>n 2005, S. 222f.<br />

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