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Adel im Pfälzer rAum - Historischer Verein der Pfalz

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ii<br />

Das Nie<strong>der</strong>adelsgeschlecht von Flershe<strong>im</strong> gehört zu diesen wenigen pfälzischrheinhessischen<br />

Familien <strong>im</strong> spätmittelalter, denen die politische und soziale<br />

Neu orientierung zur <strong>Pfalz</strong>grafschaft gelungen ist. sinnfällig wird die bedeutung<br />

<strong>der</strong> Flershe<strong>im</strong>er <strong>im</strong> Oktober 1529 in <strong>der</strong> Wahl Philipps zum Speyerer Bischof. 38<br />

Philipp von Flershe<strong>im</strong>, <strong>im</strong> Februar 1517 nach umfänglichen gelehrten studien in<br />

heidel berg, Köln, löwen und Paris zum doktor bei<strong>der</strong> rechte promoviert, ein<br />

Karriere­Jurist <strong>im</strong> Gewand eines Domherrn, in vielen Sätteln, <strong>im</strong> kurpfälzischen<br />

hofgericht, am hof König Ferdinands etc., wohl versiert, führt in seiner 1547 entstandenen<br />

Chronik einen aristokratischen Ehr­Diskurs über Geschichte. Es galt,<br />

mit „<strong>der</strong> Ge schichte“ eine Waffe wi<strong>der</strong> die Gegenwart zu schmieden, es galt, die<br />

Katastrophe des Franz von sickingen, <strong>der</strong> mit hedwig eine schwester Philipp<br />

von Flershe<strong>im</strong>s geehelicht hatte, als blutiges exempel fürstlicher mediatisierungsgelüste<br />

an <strong>der</strong> gesamten ritterschaft zu historisieren, sie mithin in erinnerndem<br />

schreiben zu be wältigen. 39 Die „Geschichte“, die dem bischöflichen Chronisten<br />

als argument, als „Wahrheit“ gegen jenes ausführlich erzählte, in dialogen dramatisierte,<br />

düstere Zeit­Ereignis diente, war die Historie des eigenen Geschlechts.<br />

in ihr stilisiert bi schof Philipp eine ideale entwicklungsgeschichte von „stamm“<br />

und Verwandtschaft, sie ist das <strong>im</strong> Schreiben fixierte Selbstverständnis des nie<strong>der</strong>adligen<br />

hauses, sie ist die durch herkommen konstruierte „Wahrheit“, sie soll ein<br />

spiegelbild für die gesamte ritterschaft sein, eines <strong>der</strong> nicht allzu vielen aristokratischen,<br />

teilweise vom Humanismus beeinflussten Selbstbil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Zeit um die<br />

mitte des 16. Jahrhun <strong>der</strong>ts. 40<br />

die historische, damit gegenwärtige und zukünftige ehre des Geschlechts fasst<br />

Philipp von Flershe<strong>im</strong> in die zeitgenössische Begrifflichkeit des ruembliche(n)<br />

unnd wol herkhommen. 41 herkommen zeigt sich für den Chronisten <strong>im</strong> alter<br />

des Ge schlechts, das er in <strong>der</strong> Vergangenheit <strong>der</strong> „deutschen“, wie sie <strong>im</strong> ari­<br />

38 Zu Philipp von Flershe<strong>im</strong>: Hermine Stiefenhöfer, Philipp von Flershe<strong>im</strong>, Bischof von Speyer (1529­<br />

1552) und Gefürsteter Propst von Weißenburg (1546­1552), Speyer 1941; Fouquet, Domkapitel (wie<br />

Anm. 8) Bd. 2, S. 500f. und 502­506.<br />

39 zur erzählung über den Glanz und das ende des Franz von sickingen und die rehabilitierung seiner<br />

Erben mit tatkräftiger Unterstützung Bischof Philipps von Flershe<strong>im</strong>: Waltz, Flershe<strong>im</strong>er Chronik (wie<br />

Anm. 3) S. 52­98.<br />

40 dazu beson<strong>der</strong>s Gerhard Wolf, Von <strong>der</strong> Chronik zum Weltbuch. sinn und anspruch süd westdeutscher<br />

Hauschroniken am Ausgang des Mittelalters (Quellen und Forschungen zur Literatur­ und Kulturgeschichte<br />

18/252), Berlin und New York 2002. Am Beispiel <strong>der</strong> Z<strong>im</strong>merischen Chronik: Gerhard Fouquet,<br />

‚machtfragen’ – Königliche und hochadlige herrschaft <strong>im</strong> spät mittelalter o<strong>der</strong> <strong>der</strong> verweigerte<br />

Gruß des Hans von Z<strong>im</strong>mern gegenüber König Sigmund, in: Alexan<strong>der</strong> H. Arweiler und Bardo M.<br />

Gauly (Hgg.), Machtfragen. Zur kulturellen Repräsentation und Konstruktion von Macht in Antike,<br />

Mittelalter und Neuzeit, Stuttgart 2008, S. 247­262. Zum Nie<strong>der</strong>adel: Helgard ulmschnei<strong>der</strong>, Götz<br />

von Berlichingen. Ein adeliges Leben <strong>der</strong> deutschen Renaissance, Sigmaringen 1974; Rabeler, Nie<strong>der</strong>adlige<br />

Lebensformen (wie Anm. 1).<br />

41 Dazu u. zum Folgenden: Waltz, Flershe<strong>im</strong>er Chronik (wie Anm. 3) S. 1­6.<br />

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