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Adel im Pfälzer rAum - Historischer Verein der Pfalz

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Karl-Heinz SpieSS<br />

adel und Hof – Hof und adel<br />

als einstieg in das weit gefasste Thema soll eine Begebenheit dienen, die Götz<br />

von Berlichingen in seiner autobiographie aus seiner Jugendzeit erzählt. 1 Götz<br />

weilte um 1498 als edelknabe am Hof des Markgrafen friedrich von zollern zu<br />

ansbach. dieser hatte 1479 die polnische Königstochter Sophie geheiratet, in <strong>der</strong>en<br />

Gefolge sich auch polnische Hofleute in Ansbach aufhielten. Götz, <strong>der</strong> mit<br />

an<strong>der</strong>en edelknaben dem fürsten bei Tisch aufzuwarten hatte, hatte sich nach erledigung<br />

seines diensts zum essen neben einen polen gesetzt, <strong>der</strong> sich sein Haar<br />

mit eiern gepicht hatte, also offenbar eine kunstvoll hergerichtete Gelfrisur trug.<br />

Be<strong>im</strong> allzu hastigen aufstehen vom Tisch brachte Götz mit seinem großen welschen<br />

rock, den ihm Veit von lentershe<strong>im</strong> in Brabant hatte anfertigen lassen, 2<br />

die frisur des polnischen Sitznachbarn in unordnung. <strong>der</strong> pole stach darauf mit<br />

dem Brotmesser nach Götz, worauf ihm <strong>der</strong> nicht getroffene, aber sehr zornige<br />

Götz mit seinem kurzen degen auf den Kopf schlug. Götz sollte wegen dieser<br />

Tätlich keit zur rechenschaft gezogen werden, weshalb er sich an die mit ihm auf<br />

ver trauten fuß stehenden Söhne des Markgrafen friedrich wandte, damit sie für<br />

ihn ein gutes Wort einlegen sollten. auch <strong>der</strong> Markgraf selbst stand anscheinend<br />

auf Götzens Seite, doch setzte sich Sophie von polen gegen ihren Mann und ihre<br />

Söhne durch, 3 so dass Götz in den Turm gesperrt wurde. die Haft war dank <strong>der</strong><br />

unterstützung <strong>der</strong> Markgrafensöhne allerdings nur ein symbolischer akt, denn sie<br />

dauerte gerade einmal eine Viertelstunde. anschließend wurde Götz vor den rat<br />

zitiert und musste sich vor den rund fünfzig am Hof weilenden edelknaben rechtfertigen.<br />

Sein Hauptmann paul von absberg hatte sich zwar dafür eingesetzt, dass<br />

1 Götz von Berlichingen. Mein fehd und Handlungen (forschungen aus Württembergisch franken 17),<br />

hg. von Helgard ulmschnei<strong>der</strong>, Sigmaringen 1981, S. 57f.; Helgard ulmschnei<strong>der</strong>, Götz von Berlichingen.<br />

ein adeliges leben <strong>der</strong> deutschen renaissance, Sigmaringen 1974, S. 38f.<br />

2 Götz war Veit von lentershe<strong>im</strong>, <strong>der</strong> <strong>im</strong> auftrag des Markgrafen auf dem Burgundfeldzug 1498 eine reitertruppe<br />

angeführt hatte, als diener zugeordnet worden. ulmschnei<strong>der</strong>, fehd und Handlungen (wie<br />

anm. 1), S. 55f. zu seiner person auch Kurt an<strong>der</strong>mann, Götz von Berlichingen (um 1480-1562).<br />

adliger Grundherr und reichsritter, in: erich Schnei<strong>der</strong> (Hg.), fränkische lebensbil<strong>der</strong> 20, neustadt<br />

a. d. a. 2004, S. 17-35.<br />

3 Sophie von polen war eine Tochter des polnischen Königs Kas<strong>im</strong>ir iV. Jagello. Götz bezeichnet sie<br />

ehrenhalber als Königin. ulmschnei<strong>der</strong>, fehd und Handlungen (wie anm. 1), S. 57-59. zur rolle<br />

ausländischer Herrscherinnen vgl. Karl-Heinz Spieß, fremdheit und integration <strong>der</strong> ausländischen<br />

ehefrau und ihres Gefolges bei internationalen fürstenheiraten, in: Thomas zotz (Hg.), fürstenhöfe<br />

und ihre außenwelt. aspekte gesellschaftlicher und kultureller identität <strong>im</strong> deutschen Spätmittelalter<br />

(identitäten und alteritäten 16), Würzburg 2004, S. 267-290, hier S. 267f., wird die von Götz geschil<strong>der</strong>te<br />

anekdote unter dem aspekt <strong>der</strong> fremdheit des polnischen Gefolges angeführt.<br />

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