2. Die Untersuchungsmethode - Personen - Technische Universität ...
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<strong>2.</strong> <strong>Die</strong> <strong>Untersuchungsmethode</strong><br />
Normalbiographien<br />
Grundlage biographischer Forschung ist die Vorstellung der Existenz von Normalbiographien und deren<br />
Abweichungen. Auch wenn diese Studie sich von diesem Konzept zu lösen versucht bzw. auf die<br />
Einzigartigkeit der interviewten Frauen und ihrer Lebensgeschichten fokussiert, ist es nur schwer möglich,<br />
sich vom Konzept der ‚Normalität’ zu lösen. <strong>Die</strong>s gilt für die ForscherInnen ebenso wie für die befragten<br />
Frauen, die ihre Geschichten als Verläufe immer im Vergleich zu der in ihrer Vorstellung existierenden<br />
‚normalen’ Laufbahn erzählen.<br />
Der Entstehung von Altersnormen und Normalbiographien liegen sozial institutionalisierte<br />
Vorstellungsmuster vom Lebenszyklus zugrunde. <strong>Die</strong> Basis bilden dabei Vorstellungen von Normalität,<br />
damit verbunden die Erwartbarkeit bestimmter Lebensereignisse und Entwicklungen. Damit in<br />
Zusammenhang stehen Definitionen von Durchschnittlichkeit und Abweichungen von dieser. Zeitliche<br />
Raster von Lebensverläufen bilden den Ausgangspunkt für die Festlegung von Abweichungen sowie<br />
gesellschaftliche Festlegungen und Etikettierungen beim Nicht-Erreichen, Zu-Früh- oder Zu-Spät-<br />
Erreichen bestimmter erwartbarer Stufen. So werden Menschen zu Sonderlingen, Abweichlern, Früh- oder<br />
Spätentwicklern gemacht.<br />
Über den Lebensverlauf hinweg ergeben sich nach diesen theoretischen Vorstellungen verschiedene<br />
Zeitpläne, beispielsweise für die Familiengründung, die berufliche Entwicklung etc, die zusammen als<br />
Normalbiographie bezeichnet werden können.<br />
Normalbiographien bilden also ein Rahmenkonzept für den Lebenslauf, das als Orientierung für das<br />
Durchschreiten bestimmter Phasen und Entwicklungen dient. Bewegt sich ein Individuum in diesem<br />
Rahmen fort, erscheint sein Weg angemessen und zugleich durchschnittlich. Weicht es in seinen<br />
Statusübergängen von diesem Weg ab, fehlen allgemeingültige Orientierungshilfen aus sozialen<br />
Vorstellungsmustern.<br />
<strong>Die</strong> Entwicklung von Normalbiographien wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst: Soziale Herkunft<br />
und Zugehörigkeit spielen ebenso eine Rolle wie das Geschlecht oder die Berufsgruppe. Altersnormen<br />
und Normalbiographien haben als Vorstellungsmuster eine extrem hohe Stabilität und überdauern extrem<br />
lange Zeiträume – „auch gegen die Fakten“ (Fuchs 1984, S. 47).<br />
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„Sonst könnte man sich kaum erklären, warum die Generationen, die zwei Weltkriege und eine<br />
Wirtschaftskrise durchgemacht haben, deren Normalität der Lebensführung also mehrfach gebrochen<br />
wurde, dennoch an die Jüngeren den Vorstellungs- und normativen Horizont von Normalbiographien<br />
weitergeben“ (ebd. 47).<br />
Es scheint vielmehr so zu sein, dass gesellschaftliche oder soziale Krisen in der Regel zu Abweichungen<br />
von der Norm erklärt werden, selbst wenn diese viele Lebensbereiche vieler Menschen mehrerer<br />
Generationen beeinflussen.<br />
Das Beharren auf Normalbiographien bedingt eine starre Festlegung, die auch die Festlegung auf<br />
traditionelle Lebensentwürfe zur Folge hat. Als Beispiele dafür mögen die Schwierigkeiten gelten, die