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Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation - Erfolgsfaktoren ...

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Auf dem Weg zu <strong>eine</strong>r gemeinsamen globalen <strong>Transformation</strong>svision 2.5<br />

Zwängen Minderungen verordnet und damit Problemverdrängung<br />

und Verlustaversion auslöst.<br />

Aus liberaler Sicht droht jeder Versuch, „gutes Leben“<br />

(im Sinne von Aristoteles) normativ den jeweiligen individuellen<br />

Bedürfnissen entgegenzuhalten, in autoritäre<br />

Bevormundung abzurutschen. Moderne Gesellschaften<br />

verstehen sich als „multioptional“ (Gross, 2005), wobei<br />

sie die Bedürfnisbefriedigung der Individuen empirisch<br />

und normativ in den Vordergrund rücken. Grenzen<br />

individuellen Strebens nach Glück bestehen demnach<br />

lediglich in der Vermeidung kausal zurechenbarer Schädigungen<br />

Anderer. Umweltschäden der Vergangenheit<br />

können entsprechend dieser Argumentation diskontiert<br />

und durch Wohlfahrtssteigerungen der Zukunft kompensiert<br />

werden. Vor dem Hintergrund der in Kapitel<br />

1 aufgezeigten Risiken des globalen Klimawandels, des<br />

Verlustes biologischer Vielfalt sowie der multiplen Krisen<br />

der Weltgesellschaft stellt sich jedoch zunehmend<br />

die Frage, ob <strong>eine</strong> solche Fokussierung die individuellen<br />

Freiheiten heute und in Zukunft lebender Generationen<br />

tatsächlich noch schützt. Es mehren sich Stimmen,<br />

die nach der Entwicklung liberaler Grundrechte<br />

(18. Jahrhundert), politischer Partizipationsrechte<br />

(19. Jahrhundert) und sozialer Rechte (20. Jahrhundert;<br />

Marshall, 1992) die Rechtsentwicklung am Übergang<br />

zu <strong>eine</strong>r neuen Rechtsform sehen: hin zu den ökologischen<br />

Grundrechten (Menke und Pollmann, 2007).<br />

Das Bewusstsein der Grenzen des Wachstums leitet den<br />

Blick somit nicht allein auf natürliche Grenzen von Ressourcen,<br />

Belastungen, Emissionen usw., sondern auch<br />

auf die möglichen Folgen unbegrenzten Wachstums<br />

für die individuelle Freiheit künftiger Generationen.<br />

Selbstbeschränkungen heute, etwa bei der Quantität<br />

und Herkunft von Konsumgütern und Dienstleistungen,<br />

sichern künftige Handlungschancen, die bei längerem<br />

Zuwarten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr<br />

gegeben sein werden. Bei genauerer Betrachtung ergibt<br />

sich also, dass heute auf den ersten Blick als Verzicht<br />

wahrgenommene Beschränkungen dazu führen können,<br />

dass diese künftig lebende Individuen und Gesellschaften<br />

entlasten, ohne heutigen Generationen übermäßige<br />

Einschränkungen und Kosten aufzuerlegen.<br />

Selbstbeschränkung zur Vermeidung von gefährlichem<br />

Klimawandel und anderer Schädigungen des Erdsystems<br />

ist k<strong>eine</strong> ideengeschichtliche Revolution. Menschen<br />

sind, wie derzeit die Beispiele des Rauchverbots<br />

und der Schuldenbremse zeigen, sehr wohl fähig, die<br />

Vehemenz ihrer spontanen Wünsche erster Ordnung<br />

(die kurzfristigen Präferenzen) durch Wünsche zweiter<br />

Ordnung (Wünsche, die sich auf Wünsche beziehen) zu<br />

zähmen (Frankfurt, 2001; Schaal und Ritzi, 2008) und<br />

dafür Kooperationen einzugehen (Tomasello, 2009).<br />

Damit legen sie <strong>eine</strong> vorsorgende Einstellung gegenüber<br />

möglichen Vorlieben bzw. der Entwicklung dieser<br />

Vorlieben in der Zukunft an den Tag. Diese Problematik<br />

verweist auf historische <strong>Transformation</strong>en, deren<br />

Strukturmuster im folgenden Kapitel herausgearbeitet<br />

werden.<br />

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