Gesellschaftsvertrag für eine GroÃe Transformation - Erfolgsfaktoren ...
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7 Handlungsempfehlungen<br />
292<br />
Wirtschaftssektoren ausgegeben werden, finden all die<br />
skizzierten Innovationen gleichsam mit angezogener<br />
Handbremse statt. Eine <strong>Transformation</strong> zur Klimaverträglichkeit,<br />
die auf Marktkräfte setzt, muss die Preisverzerrungen<br />
zugunsten fossiler Industrien beseitigen,<br />
weil so Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz direkt<br />
miteinander verbunden werden. Durch die Einführung<br />
<strong>eine</strong>s CO 2 -Preises kann die Dekarbonisierung der Wirtschaft<br />
daher erheblich erleichtert und beschleunigt<br />
werden.<br />
Gemäß der Logik der Raute ordnen sich auch die<br />
anderen Maßnahmenbündel mit großer strategischer<br />
Hebelwirkung. Es folgen die Wirtschaftszweige der<br />
Zukunft, die nicht zuletzt dadurch bestimmt werden,<br />
dass einige entscheidende Sektoren von Wirtschaft<br />
und Gesellschaft im Verlauf der <strong>Transformation</strong> grundlegend<br />
umgebaut werden müssen. Das Energiesystem,<br />
die Urbanisierung und die Landnutzung hält der WBGU<br />
für zentrale <strong>Transformation</strong>sfelder zur klimaverträglichen<br />
Gesellschaft (Kap. 7.1.1.2). Neue Rahmenbedingungen<br />
und der CO 2 -Preis geben die Orientierung vor,<br />
die für diese entscheidenden drei <strong>Transformation</strong>sfelder<br />
die notwendige Neuausrichtung erleichtert. Hier<br />
zeigt der WBGU, wie innovative Maßnahmen mit Pilotcharakter<br />
Systemwirkung entfalten können.<br />
Im <strong>Transformation</strong>sfeld Energie (Kasten 7.3-1) plädiert<br />
der WBGU für <strong>eine</strong> beschleunigte Harmonisierung<br />
der Energiepolitiken in den EU-Staaten, nicht<br />
zuletzt um demonstrieren zu können, dass die <strong>Transformation</strong><br />
umsetzbar ist (Kap. 7.3.3). Eine EU-weit<br />
einheitliche, ambitionierte Einspeisevergütung würde<br />
den Aufbau <strong>eine</strong>r klimaverträglichen europäischen<br />
Energieerzeugung beschleunigen und wäre der kostengünstigste<br />
Weg für ein dekarbonisiertes Energiesystem<br />
mit möglichst hohen Anteilen erneuerbarer Energien.<br />
Sie ist allerdings frühestens binnen <strong>eine</strong>r Dekade<br />
sinnvoll, weil zuvor die notwendige Netzinfrastruktur<br />
geschaffen werden muss. Darüber hinaus spricht sich<br />
der WBGU für <strong>eine</strong> globale politische Initiative zur Förderung<br />
von Einspeisevergütungen in Entwicklungsländern<br />
aus (Kap. 7.3.4). Mit Blick auf Länder mit <strong>eine</strong>r<br />
künftig zu erwartenden großen Wachstumsdynamik<br />
ist die Sicherung des Zugangs zu nachhaltigen Energiedienstleistungen<br />
im ländlichen Raum von Entwicklungs-<br />
und Schwellenländern <strong>eine</strong> Maßnahme mit großer<br />
transformativer Hebelwirkung (Kap. 7.3.5).<br />
Die rasche Entwicklung der Städte in Schwellenländern,<br />
insbesondere in Asien, ist ein besonders relevanter<br />
Megatrend für die <strong>Transformation</strong>. Im <strong>Transformation</strong>sfeld<br />
Urbanisierung empfiehlt der WBGU daher ein<br />
ganzes Maßnahmenbündel zur Förderung nachhaltiger<br />
Urbanisierung (Kap. 7.3.6). Dieses Handlungsfeld hat<br />
naturgemäß <strong>eine</strong> große zeitliche Trägheit, da Stadtstrukturen<br />
vielfach persistenter Natur sind und nur<br />
langsam verändert werden können.<br />
Im <strong>Transformation</strong>sfeld Landnutzung können z. B.<br />
beim Schutz der Wälder rasche Erfolge erzielt werden,<br />
wenn die angestrebten Vereinbarungen zu REDD-plus<br />
konsequent umgesetzt werden. Andere Veränderungen<br />
sind nur mit <strong>eine</strong>r langfristigen Perspektive erreichbar,<br />
das betrifft vor allem die Förderung klimaverträglicher<br />
Ernährungsgewohnheiten, aber auch die Emissionsminderung<br />
in der weltweiten Landwirtschaft (Kap. 7.3.7).<br />
Auf der rechten Seite der Raute findet sich die hohe<br />
Investitionsquote als entscheidender Anschubfaktor für<br />
die <strong>Transformation</strong> in <strong>eine</strong> klimaverträgliche Gesellschaft.<br />
Zwar ist weltweit genügend Kapital verfügbar,<br />
um die notwendigen Investitionen für die <strong>Transformation</strong><br />
in Richtung klimaverträglicher Gesellschaft zu<br />
finanzieren. Die Herausforderung besteht aber darin,<br />
durch geeignete Anreizsetzung dieses Kapital für langfristige<br />
Investitionen in Richtung Nachhaltigkeit nutzbar<br />
zu machen. Auf der Basis neuer Geschäftsmodelle<br />
wird es erheblich einfacher, das vorhandene Kapital für<br />
die <strong>Transformation</strong> zu mobilisieren (Kap. 7.3.8).<br />
Schließlich bildet die Entwicklung der wissenschaftlichen<br />
und technischen Kapazität die Basis der Raute,<br />
die in Kapitel 8 behandelt wird.<br />
Drei Ambitionsniveaus<br />
Die einzelnen Empfehlungen unterscheiden sich nach<br />
ihrem Ambitionsniveau, das als niedrig, mittel oder<br />
hoch bewertet wird. Das Ambitionsniveau wird hier<br />
überwiegend im Sinne der transformativen Wirkung<br />
begriffen, aber auch im Sinne der politischen Umsetzbarkeit.<br />
Zwischen diesen beiden Kategorien bestehen<br />
Zusammenhänge, die in den einzelnen Empfehlungen<br />
benannt werden. Eine im Sinne der <strong>Transformation</strong> sehr<br />
wirksame Maßnahme kann diese Wirkung möglicherweise<br />
nicht entfalten, wenn sie politisch nicht umsetzbar<br />
ist. Eine Einschätzung der realpolitischen Umsetzbarkeit<br />
ist allerdings immer dynamischen Veränderungen<br />
unterworfen. Manche Maßnahmen des höchsten<br />
Ambitionsniveaus mögen zwar aus heutiger Sicht<br />
als unrealistisch ersch<strong>eine</strong>n. Erfahrungen aus der Vergangenheit<br />
zeigen aber, dass unter sich ändernden<br />
Umständen, etwa im Verlauf der <strong>Transformation</strong>, sehr<br />
schnell politischer Wille für Maßnahmen erzeugt werden<br />
kann, die bis dahin als unrealistisch und politisch<br />
nicht durchsetzbar galten.<br />
Beispiele für solche politische „Kipppunkte“ sind das<br />
dreimonatige Moratorium für die ältesten deutschen<br />
Kernkraftwerke und die Beschleunigung des Atomausstiegs<br />
durch die deutsche Bundesregierung (2011) oder<br />
die parteiübergreifende Debatte in Deutschland zur<br />
Einführung <strong>eine</strong>r Transaktionssteuer auf Finanzmärkten<br />
(2009/10). Vor diesem Hintergrund plädiert der<br />
WBGU dafür, auch aus heutiger Sicht (scheinbar) wenig