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Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation - Erfolgsfaktoren ...

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Politische Instrumente zur Steuerung der <strong>Transformation</strong> 5.2<br />

Kasten 5.2-2<br />

CO 2 -Steuer versus CO 2 -Zertifikatehandel<br />

Grundsätzlich können externe Effekte, die zu Marktversagen<br />

führen, mit <strong>eine</strong>r Preislösung (Steuern, Subventionen)<br />

oder Mengenlösung (Zertifikate) internalisiert werden. Für<br />

<strong>eine</strong> ausführliche Diskussion zur Wahl zwischen Preis- oder<br />

Mengenlösungen siehe Weitzman (1974). Bei vollständiger<br />

Kenntnis der Schäden durch Emissionen <strong>eine</strong>rseits sowie der<br />

Kosten für Emissionsvermeidung andererseits sind <strong>eine</strong> CO 2 -<br />

Steuer und ein CO 2 -Zertifikatehandel im theoretischen Modell<br />

äquivalent. Statisch lässt sich <strong>eine</strong> wohlfahrtsmaximierende<br />

zulässige Emissionsmenge beziehungsweise ein Preis, der zu<br />

dieser Menge führt, identifizieren. Jedoch ist im Klimabereich<br />

aufgrund bestehender Unsicherheiten <strong>eine</strong> genaue Abschätzung<br />

der Schadenskosten und der Vermeidungskosten weder<br />

statisch noch dynamisch zu leisten.<br />

Die Preislösung – in Form von Emissions- bzw. CO 2 -Steuern<br />

– gibt Unternehmen und Verbrauchern Gewissheit über die<br />

Kosten, die beispielsweise für <strong>eine</strong> Tonne CO 2 -Emissionen<br />

anfallen. Allerdings kann die gewünschte Emissionsminderung<br />

nur in <strong>eine</strong>m Trial-and-error-Prozess unter Anpassung<br />

der CO 2 -Steuer erreicht werden. Mit anderen Worten, die<br />

ökologische Zielgenauigkeit ist mit diesem Instrument nicht<br />

ohne weiteres gegeben. Dies gilt selbst bei eher hohen Steuersätzen<br />

(Sinn, 2008; Edenhofer und Kalkuhl, 2009). Daher ist<br />

von <strong>eine</strong>r Mengensteuerung <strong>eine</strong> höhere Effektivität in Bezug<br />

auf das Ziel der Emissionsminderung zu erwarten.<br />

Folgt man dem in Kapitel 1 skizzierten Leitplankenkonzept,<br />

welches <strong>eine</strong>n noch akzeptablen Rahmen für menschliche<br />

Eingriffe in die Natur definiert, erscheint <strong>eine</strong> Mengenbegrenzung<br />

im Sinne <strong>eine</strong>s globalen CO 2 -Budgets als die sinnvollere<br />

Strategie (Kasten 1.1-1; WBGU 2009b). Als Nachteil<br />

kann sich erweisen, dass die Preisentwicklung für Emissionszertifikate<br />

nicht vorhersehbar ist, so dass für die Marktakteure<br />

schwer kalkulierbare Kosten entstehen könnten.<br />

Als globales Instrument ist der CO 2 -Zertifikatehandel im<br />

Vergleich zu <strong>eine</strong>r Steuerlösung vorteilhaft, weil „nur“ ein<br />

Marktplatz für den Handel eingerichtet werden muss und<br />

k<strong>eine</strong> globale Steuerbehörde, die die Steuer einnimmt und<br />

wieder rückverteilt. Ein weiterer politischer Vorteil des Emissionshandels<br />

ist die Möglichkeit, Emissionsrechte auf Basis<br />

<strong>eine</strong>s politisch verhandelten Verteilungsschlüssels aufzuteilen<br />

(WBGU, 2009b). So kann etwa das in der Klimarahmenkonvention<br />

von 1992 verankerte Prinzip der „gemeinsamen, aber<br />

unterschiedlichen Verantwortlichkeiten“ konkret umgesetzt<br />

werden – unter Beibehaltung der Vorteile klarer<br />

Emissionsbegrenzungen bei gleichzeitiger Kosteneffizienz.<br />

Über handelbare Eigentumsrechte am insgesamt zur Verfügung<br />

stehenden Emissionsbudget könnten Finanztransfers<br />

aus Sicht des WBGU auf diese Weise sehr viel zuverlässiger<br />

generiert werden (WBGU, 2009b). Diese ergäben sich indirekt:<br />

Unter Beibehaltung der Vorteile <strong>eine</strong>s einheitlichen<br />

Kohlendioxidpreises in allen beteiligten Ländern könnten<br />

Auktionserlöse der Zertifikate an die Staaten proportional zu<br />

ihrem Anteil am globalen Emissionsbudget fließen.<br />

renden nationalen Emissionshandelssystemen sowie<br />

staatenübergreifende Vereinbarungen zu Emissionsbeschränkungen<br />

in Hochemissionsländern (Kap. 7.3.2). In<br />

denjenigen Ländern, in denen die erforderlichen Verwaltungsstrukturen<br />

und Institutionen, wie Rechtssicherheit,<br />

nicht gegeben sind, kann sich <strong>eine</strong> nationale<br />

CO 2 -Besteuerung als das geeignetere Instrument erweisen<br />

(Goldblatt, 2010; OECD, 2009a).<br />

Letztlich kann ein CO 2 -Zertifikatehandel nur mit<br />

<strong>eine</strong>r sehr strikten Mengenbegrenzung <strong>eine</strong>n ausreichend<br />

hohen CO 2 -Preis sowie langfristige Erwartungssicherheit<br />

garantieren und somit <strong>eine</strong> transformative<br />

Wirkung entfalten. Wo dies nicht gegeben ist, stellt <strong>eine</strong><br />

CO 2 -Besteuerung in entsprechender Höhe ein alternatives<br />

Instrument für <strong>eine</strong> effektive transformative Steuerung<br />

dar. Zur Orientierung geht der WBGU davon aus,<br />

dass ein CO 2 -Preis in Europa und den OECD-Ländern im<br />

Jahr 2020 mindestens bei 40–50 US-$ pro t CO 2 und<br />

im Jahr 2050 mindestens bei 110–130 US-$ pro t CO 2<br />

liegen müsste, um die 2 °C-Leitplanke einzuhalten<br />

(Kap. 4.2, 7.3.9; IEA, 2010c). In Entwicklungs- und<br />

Schwellenländern müsste der CO 2 -Preis für <strong>eine</strong> Stabilisierung<br />

bei 450 ppm CO 2 eq gemäß Schätzungen der<br />

IEA bis 2030 ca. 60 US-$ pro t CO 2 und Mitte des Jahrhunderts<br />

mindestens 100 US-$ pro t CO 2 erreichen.<br />

Dies lässt sich aus Modellrechnungen der IEA (2010c)<br />

sowie aus den Szenarien in Kap. 4.2.4 schließen, dürfte<br />

jedoch allenfalls <strong>eine</strong> untere Grenze der notwendigen<br />

Höhe markieren.<br />

Eine international unkoordinierte CO 2 -Bepreisung<br />

birgt die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung im internationalen<br />

Handel und über <strong>eine</strong> Verlagerung der Produktion<br />

die Gefahr des Carbon Leakage (Kasten 5.2-3).<br />

Beide Probleme sind im Zusammenhang der Weiterentwicklung<br />

des europäischen Emissionshandels intensiv<br />

diskutiert worden. Eine Lösung für die genannten<br />

Probleme können Grenzausgleichsmaßnahmen (z. B.<br />

Grenzausgleichsteuern auf Importgüter) sein. Solche<br />

Maßnahmen sollen das Freifahrerverhalten einzelner<br />

Staaten verringern, Wettbewerbsverzerrungen durch<br />

höhere Kosten infolge der CO 2 -Bepreisung reduzieren<br />

und die Anreize für kooperatives Verhalten erhöhen<br />

(Edenhofer et al., 2009a, b; Kasten 5.2-3). Grenzausgleichsmaßnahmen<br />

sind jedoch nur eingeschränkt<br />

wirksam und haben ein hohes Potenzial, Handelskonflikte<br />

auszulösen. Sie stellen daher höchstens <strong>eine</strong><br />

Begleitmaßnahme, nicht jedoch ein eigenständiges Instrument<br />

innerhalb <strong>eine</strong>s Policy-Mix zur <strong>Transformation</strong><br />

dar. Bestenfalls sollten sehr moderate Grenzausgleichsabgaben<br />

zur Verringerung der Wettbewerbsnachteile<br />

energieintensiver Unternehmen eingeführt werden<br />

(Kap. 7.3.2).<br />

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