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Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation - Erfolgsfaktoren ...

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5 Gestaltung der <strong>Transformation</strong><br />

226<br />

über denen konventioneller Meinungsumfragen, bevor<br />

diese dann nachträglich „korrigiert“ werden. Auch<br />

wenn die zusammengekommenen Gruppen den sozialstatistischen<br />

Querschnitt nicht exakt erlangten, verfügten<br />

sie doch über <strong>eine</strong>n deutlich höheren Grad an sozialer<br />

Heterogenität als alle Institutionen des regulären<br />

politischen Betriebes.<br />

Ein robuster Befund aus den bislang abgehaltenen<br />

„Deliberative Opinion Polls“ ist, dass sich im Zuge der<br />

Beratungen auf der Aggregatdatenebene deutliche Veränderungen<br />

der Meinungen bei den Beteiligten ergeben<br />

haben. Bei den individuellen Änderungen handelt<br />

es sich um <strong>eine</strong>n Prozess von „political learning“ mit<br />

kognitiv ausgereiften neuen Positionen. Sie basieren<br />

auf mehr Faktenwissen, sind logisch schlüssiger, tragen<br />

der Komplexität der Problemstellung Rechnung<br />

und sind auch bezüglich der eigenen Wertefundamente<br />

konsistent. Dies ist ein Befund, der für die Frage der<br />

Eignung <strong>eine</strong>s „House of Lots“, <strong>eine</strong>r Art deliberativen<br />

Zukunftskammer (Kap. 5.4.2.4), für die Empfehlung,<br />

Beratung oder auch Entscheidung klimapolitischer Fragen<br />

von positiver Bedeutung ist.<br />

5.4.2.3<br />

Klimapolitisches Mainstreaming in Regierung und<br />

Parlament<br />

Die <strong>Transformation</strong> zu <strong>eine</strong>r klimaverträglichen Gesellschaft<br />

erfordert Engagement und Beteiligung vieler<br />

Akteure (Staat, Zivilgesellschaft, Privatwirtschaft<br />

usw.). Die Bundesregierung als staatlicher Akteur hat<br />

die Möglichkeit, durch institutionelle Reformen die<br />

Rahmenbedingungen so zu verbessern, dass <strong>Transformation</strong>sbelange<br />

mit hoher Priorität in Regierung und<br />

Parlament verankert werden. Dekarbonisierung müsste<br />

dafür „gemainstreamt“ werden. Unter „Mainstreaming“<br />

wird ein Organisationsprinzip verstanden, das<br />

auf die Berücksichtigung <strong>eine</strong>s bestimmten Aspekts<br />

bei allen Entscheidungen – im Hinblick auf Produkte,<br />

Außendarstellungen, Personal und Organisation usw. –<br />

zielt. Analog zur Geschlechterpolitik wäre <strong>eine</strong> Art klimapolitisches<br />

Mainstreaming denkbar, d. h. <strong>eine</strong> Politik<br />

der Dekarbonisierung quer durch alle Ressorts und bei<br />

allen Gesetzesvorhaben.<br />

Obligatorische Klimaverträglichkeitsprüfung<br />

Durch <strong>eine</strong> Klimaverträglichkeitsprüfung kann sichergestellt<br />

werden, dass zu beschließende Maßnahmen die<br />

Erreichbarkeit der Klimaschutzziele nicht gefährden.<br />

In Österreich ist die Einführung <strong>eine</strong>r solchen Klimaverträglichkeitsprüfung<br />

bereits geplant um festzustellen,<br />

ob einzelne Regelungsvorhaben im Hinblick auf<br />

die Erreichung der Klimaschutzziele relevant sind. Es<br />

ist jeweils die klimafreundlichere Alternative zur Erreichung<br />

des Regelungsziels auszuwählen. Derartige Prüfungen<br />

der Gesetzesfolgen sind grundsätzlich auch in<br />

Deutschland kein Neuland mehr. So besteht seit einigen<br />

Jahren die Pflicht, <strong>eine</strong> Bürokratiekostenabschätzung<br />

<strong>eine</strong>s jeden Gesetzentwurfs durchzuführen, bevor<br />

er in den Bundestag eingebracht wird. Im Rahmen der<br />

seit Mai 2009 durchzuführenden sogenannten Nachhaltigkeitsprüfung<br />

werden die von der Bundesregierung<br />

eingebrachten Gesetzentwürfe und Verordnungen<br />

jeweils von unabhängigen Beiräten hinsichtlich<br />

der Kosten der darin begründeten Informationspflichten<br />

für Unternehmen (= Bürokratiekosten) bzw. auf die<br />

Vereinbarkeit mit der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie<br />

geprüft. Diese Vorgehensweise hat allerdings den<br />

Nachteil, dass nachträglich zum Entwurf eingebrachte<br />

Änderungsanträge von der Prüfung unberührt bleiben.<br />

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Klimaverträglichkeitsprüfung<br />

hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs<br />

von der Nachhaltigkeitsprüfung abgegrenzt<br />

wird, um Doppelprüfungen zu vermeiden: Der<br />

Klimaschutz ist zwar Teil der nachhaltigen Entwicklung<br />

und Ziel der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Allerdings<br />

umfasst die Nachhaltigkeitsprüfung zahlreiche<br />

weitere Aspekte der Generationengerechtigkeit, wie<br />

beispielsweise den sozialen und demografischen Wandel<br />

und die Ressourcennutzung im Allgem<strong>eine</strong>n. Sie ist<br />

damit kein Instrument, mit dem im oben beschriebenen<br />

Sinn allein die Klimaverträglichkeit von Gesetzen und<br />

Verordnungen bestimmt wird.<br />

Neben der Klimaverträglichkeitsprüfung von Gesetzesvorhaben<br />

existiert für einzelne Vorhaben mit der<br />

Umweltverträglichkeitsprüfung und für Pläne und Programme<br />

mit der strategischen Umweltprüfung bereits<br />

<strong>eine</strong> Überprüfung deren klimarelevanter Auswirkungen.<br />

Dabei sind jedoch Doppelprüfungen zwischen der<br />

Klimaverträglichkeitsprüfung von Gesetzgebungsvorhaben<br />

und Verordnungen <strong>eine</strong>rseits und der Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

von Vorhaben sowie der strategischen<br />

Umweltprüfung für Pläne und Programme<br />

andererseits zu vermeiden. Dies kann über Abschichtung<br />

erreicht werden. Das bedeutet, dass alle Aspekte,<br />

die auf der vorangegangenen Stufe ausreichend geprüft<br />

wurden, auf nachfolgender Ebene k<strong>eine</strong>r erneuten Prüfung<br />

mehr bedürfen.<br />

Stärkung der Exekutive und Legislative für die<br />

<strong>Transformation</strong><br />

Damit in Deutschland die ressortübergreifende Befassung<br />

mit dem Thema <strong>Transformation</strong> zur klimaverträglichen<br />

Gesellschaft sichergestellt und Politiken zwischen<br />

den Ressorts besser abgestimmt werden, sollten<br />

die Dekarbonisierung der Energiesysteme, Möglichkeiten<br />

zur Minderung der Treibhausgasemissionen aus der<br />

Landnutzung sowie klimaverträgliche Urbanisierung<br />

zu Leitthemen im Staatssekretärsausschuss für nach-

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