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Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation - Erfolgsfaktoren ...

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8 Die Wissenschaft im <strong>Transformation</strong>sprozess – Empfehlungen für Forschung<br />

356<br />

hen muss oder mit wenigen ausgewählten Technologien<br />

auskommen kann. Neue Modellierungsansätze<br />

verfolgen dabei evolutionäre Modellstrategien alternativer<br />

Technologiebäume und agentenbasierte<br />

Modelle evolutionärer Entwicklungen.<br />

> Ausschöpfung von Energieeffizienzpotenzialen: Die<br />

Analyse von Blockaden bei der Ausschöpfung von<br />

Energieeffizienzpotenzialen und die Entwicklung<br />

von Strategien zu deren Überwindung ist <strong>eine</strong> wichtige<br />

Forschungsfrage, die zentral für die Mobilisierung<br />

notwendiger Investitionen ist. Nach wie vor ist<br />

weitgehend unklar, warum bestimmte, bereits ohne<br />

CO 2 -Bepreisung rentable Effizienzpotenziale nicht<br />

ausgeschöpft werden. Hier sollte z. B. anhand der<br />

Prinzipal-Agent-Theorie weiter untersucht werden,<br />

welche Barrieren dieser Tatsache auf individueller<br />

Ebene sowie auf der Ebene von Unternehmen<br />

zugrunde liegen und welche Rolle asymmetrische<br />

Information, unvollständige Verträge und das Diskontieren<br />

von in der Zukunft liegenden Rückflüssen<br />

dabei spielen.<br />

> Vollzug bestehender Gesetze: Sowohl Deutschland<br />

als auch die EU haben zahlreiche rechtliche Maßnahmen<br />

ergriffen, um die Energieeffizienz zu steigern,<br />

z. B. das Gesetz zur Einsparung von Energie in<br />

Gebäuden (Energieeinsparungsgesetz – EnEG) und<br />

die Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz<br />

und energiesparende Anlagentechnik bei<br />

Gebäuden (EnEV). Neuere Studien haben für<br />

Deutschland gezeigt, dass die angestrebte Energieeffizienz<br />

aufgrund mangelnder Umsetzung durch die<br />

Länder und mangelnden Vollzug durch die verantwortlichen<br />

Landesbehörden nicht annähernd verwirklicht<br />

wird (Ziehm, 2010). Es bedarf daher <strong>eine</strong>r<br />

intensiven empirischen Forschung im Bereich des<br />

Vollzugs von Effizienz- respektive Klimaschutzgesetzen,<br />

um vorhandene Defizite zeitnah aufzudecken<br />

und zu beheben.<br />

> Effektive Finanzierungsmodelle für Energieeffizienz:<br />

Die grundsätzliche Frage der Finanzierung von Energieeffizienzinvestitionen<br />

im privaten wie industriellen<br />

Bereich sollte noch besser beleuchtet werden.<br />

Zum Beispiel sollte die mögliche Rolle von Energieeffizienzanleihen<br />

als <strong>eine</strong>m Finanzierungsinstrument<br />

untersucht werden, das Kapital von Sparern<br />

bzw. institutionellen Investoren zu <strong>eine</strong>r attraktiven<br />

Verzinsung in Effizienzinvestitionen lenken würde.<br />

Die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für<br />

die Verbreitung und Wirksamkeit relativ neuer<br />

gekoppelter Geschäfts- und Finanzierungsmodelle,<br />

wie z. B. Energy Service Companies (ESCO) oder<br />

Power Purchasing Agreements (PPA), sollten in diesem<br />

Zusammenhang stärker beleuchtet werden.<br />

> Einfluss des Verbraucherverhaltens: Neben den Unsicherheiten<br />

zur technischen Innovation auf der<br />

Angebotsseite ist das von Lebensstilen geprägte<br />

Konsumentenverhalten auf der Nachfrageseite die<br />

größte Quelle für Unsicherheiten bei der Erstellung<br />

von Energieszenarien. Sozialwissenschaftliche Forschungsarbeiten<br />

sollten daher klären, welche Veränderungen<br />

in der Nachfrage möglich und erwartbar<br />

sind. Auch sollte der sogenannte Rebound-Effekt,<br />

der <strong>eine</strong> Verbrauchserhöhung als ungewollte Konsequenz<br />

von Effizienzverbesserungen beschreibt, besser<br />

verstanden werden. Diese Erkenntnisse sollten in<br />

Integrated-Assessment-Modellen integriert und bei<br />

der Erarbeitung von Energieszenarien berücksichtigt<br />

werden. Zudem bieten sie die Grundlage für weitere<br />

Forschungen, die wirksame Einflussmöglichkeiten<br />

auf das Konsumentenverhalten identifizieren. Dazu<br />

sollte auch geklärt werden, wie für Verbraucher die<br />

Auswirkungen ihres Verhaltens am Besten transparent<br />

gemacht werden können, so dass diese in der<br />

Lage sind, die effektivsten Emissionsreduktionen<br />

durchzuführen. Unvollständig verstanden sind z. B.<br />

die Bedeutung indirekter Treibhausgas emissionen<br />

(Hertwich, 2005; Peters und Hertwich, 2008a, b;<br />

Hertwich und Peters, 2009), ein Konzept, das weitere<br />

räumliche Disaggregationsebenen (z. B. urbane<br />

Ebene) betrachtet und an Bedeutung gewinnt.<br />

> Neue Technologien wie CCS oder Geoengineering<br />

bedürfen <strong>eine</strong>r gesamtgesellschaftlichen Risikoabwägung<br />

und -steuerung. Es bedarf <strong>eine</strong>r Entscheidung<br />

über das „Ob“, das „unter welchen Umständen“,<br />

die „Höhe der in Kauf genommenen Risiken“<br />

und das „Wie“ des Einsatzes dieser Technologien. Ein<br />

Rechtsrahmen zur Erforschung und zum Einsatz derartiger<br />

Technologien steht weitgehend aus. Insoweit<br />

ist fraglich, ob es spezieller Forschungs- und Erprobungsgesetze<br />

bedarf, die nur für <strong>eine</strong>n bestimmten<br />

Zeitraum gelten und anschließend evaluiert werden.<br />

Die gesellschaftliche Akzeptanz durch Teilhabe bei<br />

Rechtsetzungsprozessen in diesem Bereich ist <strong>eine</strong><br />

Voraussetzung für <strong>eine</strong> erfolgreiche großskalige<br />

Erprobung und Entwicklung von neuen Technologien,<br />

die von der Bevölkerung auch getragen werden.<br />

Daher sollte auch wissenschaftlich untersucht<br />

werden, welche Rolle frühzeitige Bürgerbeteiligung<br />

bei der Erarbeitung neuer Rechtsgrundlagen und<br />

transparente Kommunikationsstrategien in Gesetzgebungsprozessen<br />

übernehmen können (Kap. 7.4.3).<br />

Wie im Kapitel 8.1.1 ausgeführt, ist entscheidend, dass<br />

diese Fragen nicht unabhängig voneinander, sondern<br />

inter- und transdisziplinär behandelt werden und insbesondere<br />

auch die technologieorientierte Forschung<br />

an die Erkenntnisse der übergreifenden Forschung<br />

rückgekoppelt wird.

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