Gesellschaftsvertrag für eine GroÃe Transformation - Erfolgsfaktoren ...
Gesellschaftsvertrag für eine GroÃe Transformation - Erfolgsfaktoren ...
Gesellschaftsvertrag für eine GroÃe Transformation - Erfolgsfaktoren ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Zehn Maßnahmenbündel mit großer strategischer Hebelwirkung 7.3<br />
stärkt den Dialog mit progressiven Schwellenländern<br />
suchen, um in diesem Punkt <strong>eine</strong> möglichst große Verbindlichkeit<br />
zu erreichen. Eine besondere Rolle könnte<br />
dabei Südafrika als Gastgeber des nächsten Klimagipfels<br />
im Dezember 2011 spielen sowie Brasilien, das die<br />
Rio+20-Konferenz im Mai 2012 beherbergen wird.<br />
Hohes Ambitionsniveau: Umfassendes<br />
internationales Klimaschutzregime anstreben<br />
Fluchtpunkt der internationalen Klimapolitik sollte<br />
ein umfassendes, bindendes Abkommen zur globalen<br />
Emissionsbegrenzung sein. Für Kohlendioxid aus fossilen<br />
Quellen, dem im Klimaschutz die langfristig entscheidende<br />
Rolle zukommt, sollte ein mit der 2 °C-Leitplanke<br />
kompatibles maximales globales Emissionsbudget<br />
festgelegt werden, sowie Meilenst<strong>eine</strong> <strong>eine</strong>s globalen<br />
Emissionspfads, der die Einhaltung dieses Budgets<br />
erlaubt (WBGU, 2009b). Der WBGU hat <strong>eine</strong> Lastenteilung<br />
vorgeschlagen, die sich an <strong>eine</strong>r gleichen Pro-<br />
Kopf-Aufteilung der noch zulässigen Emissionen orientiert.<br />
Die Staaten sollten sich verpflichten, international<br />
überprüfbare Dekarbonisierungsfahrpläne vorzulegen,<br />
die den geplanten nationalen Emissionspfad<br />
bis 2050 darlegen. Idealerweise sollte die Umsetzung<br />
unter Verwendung flexibler Mechanismen erfolgen,<br />
um Möglichkeiten der Kostenoptimierung zu nutzen<br />
(Kap. 7.3.2). Da aber bis 2050 global schon <strong>eine</strong> weitgehende<br />
Dekarbonisierung der Energiesysteme erfolgt<br />
sein sollte (Kap. 4), reduzieren sich die Möglichkeiten<br />
der Aufrechnung (offsetting) bzw. der Substitution<br />
eigener Minderungsanstrengungen durch Zukauf<br />
von Emissionsrechten im Verlauf der Zeit immer weiter.<br />
Spätestens ein global dekarbonisiertes Energiesystem<br />
erfordert, dass auch in jedem einzelnen Land das Energiesystem<br />
dekarbonisiert ist. Da ein Umbau von Energiesystemen<br />
aber Zeit erfordert (UNEP, 2010a), sind<br />
nationale Dekarbonisierungsfahrpläne, die auf Pfadabhängigkeiten<br />
in Infrastrukturentscheidungen Rücksicht<br />
nehmen, von hoher Bedeutung. Insbesondere der Ausbau<br />
erneuerbarer Energien ist auch auf staatliche Planung<br />
angewiesen, etwa beim Ausbau transkontinentaler<br />
Netze und Systeme zum Fluktuationsausgleich<br />
(Kap. 4).<br />
Für andere Treibhausgase sowie für CO 2 aus nicht<br />
fossilen Quellen könnten separate Regelungen zielführender<br />
sein. Die mit der terrestrischen Biosphäre verbundene<br />
CO 2 -Dynamik unterscheidet sich in vielen<br />
grundlegenden Aspekten – etwa Messbarkeit, Reversibilität,<br />
langfristige Kontrollierbarkeit, zwischenjährliche<br />
Schwankungen – erheblich von den CO 2 -Flüssen<br />
in Verbindung mit der Nutzung von Kohle, Erdöl oder<br />
Erdgas (WBGU, 2009a). Deshalb schlägt der WBGU<br />
seit vielen Jahren vor, ein separates völkerrechtliches<br />
Abkommen zum Schutz terrestrischer Kohlenstoffspeicher<br />
zu schaffen (WBGU, 2003). Hier sollten rasch greifende<br />
Maßnahmen, die den Stopp der Entwaldung in<br />
Entwicklungsländern zum Ziel haben, Priorität genießen.<br />
Die bisher im Kioto-Protokoll geregelten fluorierten<br />
Treibhausgase könnten in <strong>eine</strong>r Sondervereinbarung<br />
nach dem Vorbild des Montreal-Protokolls behandelt<br />
werden, was ihre Minderung einfacher und schneller<br />
bewirken könnte (WBGU, 2009b). Für bisher nicht<br />
im Kioto-Protokoll geregelte kurzlebige klimawirksame<br />
Stoffe, etwa Rußpartikel und ozonbildende Gase, könnten<br />
gesonderte Vereinbarungen mit Bezug zu nationalen<br />
Luftreinhaltemaßnahmen getroffen werden.<br />
Ein solches global verpflichtendes Minderungsregime<br />
wird allerdings nur dann durchsetzbar sein, wenn<br />
es sich an den grundlegenden Gerechtigkeitsprinzipien<br />
der UNFCCC orientiert, und auch der Anpassung an den<br />
unvermeidlichen Klimawandel <strong>eine</strong> hohe Bedeutung<br />
eingeräumt wird.<br />
7.3.9.2<br />
Internationale Energie- und Technologiepolitik<br />
Die wichtigsten Säulen der globalen <strong>Transformation</strong><br />
der Energienutzung in Richtung Klimaverträglichkeit<br />
sind erstens die Begrenzung der Energienachfrage bei<br />
gleichzeitiger Gewährleistung des Zugangs zu Energie<br />
für alle Menschen, zweitens die Dekarbonisierung der<br />
Energieversorgung, insbesondere der Stromerzeugung,<br />
sowie drittens die Einführung neuer klimaverträglicher<br />
Technologien im Transportsektor, in der Gebäudetechnologie<br />
und in der Industrie. Alle drei Bereiche sollten<br />
durch internationale Kooperation entscheidend vorangetrieben<br />
werden. Ein wichtiger Ansatzpunkt für internationale<br />
Energie- und Technologiepolitik ist die Normen-<br />
und Standardsetzung. Internationale Kooperation<br />
kann darüber hinaus die Technologieentwicklung<br />
beschleunigen: Viele Schlüsseltechnologien befinden<br />
sich noch in der Entwicklungs- und Erprobungsphase,<br />
z. B. im Bereich der Elektromobilität oder CCS. Schließlich<br />
spielt Kooperation auch <strong>eine</strong> wichtige Rolle bei der<br />
Beseitigung von Hemmnissen für <strong>eine</strong> globale Diffusion<br />
von Technologien für <strong>eine</strong> klimafreundliche Entwicklung.<br />
Bestandteil solcher Kooperationen sind nicht nur<br />
rein technologisches Wissen, sondern auch das viel<br />
breitere Wissen über die Schaffung der Rahmenbedingungen<br />
und Vorraussetzungen, die <strong>eine</strong> Diffusion klimaverträglicher<br />
Technologien erst möglich machen.<br />
Die Vorraussetzungen <strong>eine</strong>r effektiven globalen<br />
Energiepolitik zur <strong>Transformation</strong> sind derzeit nicht<br />
vorhanden, es mangelt an rechtlichen und institutionellen<br />
Grundlagen. Der WBGU empfiehlt, bestehende<br />
Organisationen zu nutzen, um <strong>eine</strong> globale nachhaltige<br />
Energie-Governance schrittweise zu institutionalisieren.<br />
331