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Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation - Erfolgsfaktoren ...

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Hindernisse und Blockaden für die <strong>Transformation</strong>: It’s politics, stupid! 5.3<br />

Kasten 5.3-1<br />

Umweltperformanz von demokratischen und<br />

autokratischen Regimen<br />

Die ökologische Problemlösungsfähigkeit von Demokratien<br />

steht angesichts aktueller ökologischer Krisen und weiterreichender<br />

Katastrophenszenarien in der Diskussion. Teils<br />

offen, teils verdeckt wird autokratischen Regimen <strong>eine</strong> größere<br />

Leistungsfähigkeit zugesprochen, den Umwelt- und<br />

Klimawandel zu begrenzen und s<strong>eine</strong> Folgen zu bewältigen<br />

(Meadows et al., 1972). Während lange Zeit davon ausgegangen<br />

wurde, dass die Ausgestaltung politischer Institutionen<br />

und Prozesse <strong>eine</strong> untergeordnete Rolle für die Lösung von<br />

Umweltproblemen spielt – bzw. sie als weniger wichtig als<br />

ökonomische Faktoren wie Technologie, Bevölkerungswachstum,<br />

geographische Lage usw. erachtet wurden – haben nach<br />

1989/90 Forscher verstärkt die Umweltperformanz sowie<br />

die ökologische Problemlösungsfähigkeit demokratischer und<br />

autokratischer Regime untersucht.<br />

Die verschiedenen Untersuchungen kommen bislang zu<br />

k<strong>eine</strong>m eindeutigen Befund. Payne (1995) legt dar, dass ein<br />

demokratischer Regimetyp sich positiv auf den Zustand der<br />

Umwelt auswirkt, da Demokratien in der Regel <strong>eine</strong> höhere<br />

Responsivität gegenüber Umweltbelangen aufwiesen, ihre<br />

Bürger freien Zugang zu Informationen über Umweltprobleme<br />

besäßen und demokratische Systeme generell <strong>eine</strong><br />

höhere Anpassungsfähigkeit zeigten. Auch andere Studien<br />

(wie Gleditsch und Sverdrup, 2002; Li und Reuveny, 2006)<br />

weisen <strong>eine</strong> positive Relation zwischen Demokratie und<br />

Umweltperformanz empirisch nach und haben gezeigt, dass,<br />

bezogen auf das wirtschaftliche Entwicklungsniveau, Demokratien<br />

über <strong>eine</strong>n geringeren Ausstoß an CO 2 verfügen als<br />

autokratische Regime. Zahran et al. (2007) sowie Bättig und<br />

Bernauer (2009) haben zudem gezeigt, dass Demokratien<br />

eher bereit sind, in Fragen des Umwelt- und Klimaschutzes<br />

international zu kooperieren. Und auch beim Climate Change<br />

Performance Index (CCPI), der die Klimaschutzperformanz<br />

von Staaten misst, sind in den Jahren 2009 und 2010 auf<br />

den ersten 10 Plätzen ausschließlich Demokratien zu finden<br />

(Germanwatch und Climate Action Network Europe, 2008,<br />

2009).<br />

Midlarsky (1998) hat hingegen argumentiert, dass ein<br />

demokratisches Regierungssystem sich negativ auf die ökologische<br />

Problemlösungskapazität <strong>eine</strong>r Gesellschaft auswirkt,<br />

da es in Demokratien, die stärker Konsens und Kompromisse<br />

anstreben, schwieriger sei, egoistische Interessengruppen zu<br />

überwinden, die wirksamen Umweltschutz blockieren, und<br />

grundsätzlich den Vertretern von Umweltinteressen <strong>eine</strong><br />

Übermacht von rein an Profit orientierten Lobbyverbänden<br />

gegenüberstünde. Midlarsky (1998) hat anhand <strong>eine</strong>r<br />

Stichprobe von 98 Ländern in Bezug auf drei Indikatoren zur<br />

Bemessung der Umweltperformanz (darunter CO 2 -Ausstoß<br />

und Entwaldung) <strong>eine</strong> signifikante negative Beziehung zwischen<br />

Demokratie und Umweltschutz empirisch nachgewiesen.<br />

Ist die Forschung bezüglich <strong>eine</strong>s positiven Effekts von<br />

Demokratie auf die ökologische Leistungsbilanz auch uneindeutig,<br />

bleibt dennoch festzuhalten, dass es bislang k<strong>eine</strong>rlei<br />

empirische Evidenz für die Annahme gibt, die Umweltperformanz<br />

von Autokratien sei besser als die von Demokratien<br />

(Saretzki, 2007). Bislang gibt es vor allem k<strong>eine</strong> empirisch<br />

abgesicherten Argumente dafür, außerhalb des Bereichs der<br />

Demokratie nach politischen Systemen Ausschau zu halten,<br />

die <strong>eine</strong> bessere Umweltperformanz versprechen.<br />

triellen Revolution k<strong>eine</strong> relevanten historischen Beispiele<br />

für wirtschaftlich auf Dauer erfolgreiche Autokratien.<br />

Modernisierungsautokratien müssen sich ab<br />

<strong>eine</strong>m bestimmten Entwicklungsniveau, das viele Autoren<br />

bei <strong>eine</strong>m Durchschnittseinkommen um die<br />

5.000 US-$ pro Kopf für erreicht halten, entweder politisch<br />

liberalisieren, um weiterhin wirtschaftlich erfolgreich<br />

zu sein (wie Taiwan, Südkorea, Chile, einige ehemalige<br />

sozialistische Länder in den 1990er Jahren), oder<br />

sie landen auf mittlere Sicht in Stagnationsfallen (wie<br />

die ehemalige Sowjetunion, Russland, Ägypten, Tunesien;<br />

Sen, 1999; Faust, 2006; R<strong>eine</strong>rt, 2007). Die chinesische<br />

Regierung hat schon heute Probleme, zentralstaatliche<br />

Entscheidungen in den Regionen und Kommunen<br />

durchzusetzen (Heberer und Senz, 2007).<br />

Damit steht die chinesische Regierung vor der Herausforderung,<br />

die weitere Armutsbekämpfung und<br />

Steigerung wirtschaftlicher Wohlfahrt mit <strong>eine</strong>r <strong>Transformation</strong><br />

zur Nachhaltigkeit sowie <strong>eine</strong>r sukzessiven<br />

politischen Öffnung zu verbinden. Für Fortschritte in<br />

Richtung Klimaverträglichkeit spricht, dass diese Herausforderung<br />

in den chinesischen Diskussionen der<br />

vergangenen Jahre von <strong>eine</strong>m Umwelt- zu <strong>eine</strong>m Wirtschafts-<br />

und Innovationsthema umkodiert wurden<br />

(CCICED, 2009). Hierin besteht der relevante Ansatzpunkt<br />

für Klimapartnerschaften mit dem asiatischen<br />

Riesenreich.<br />

5.3.3.2<br />

Brasilien<br />

In Brasilien stellt sich die Ausgangssituation völlig<br />

anders dar. Die politische Legitimation und Akzeptanz<br />

der Regierung in der Bevölkerung ist in den vergangen<br />

zwei Dekaden permanent gestiegen. Dazu beigetragen<br />

haben <strong>eine</strong> umfassende Modernisierung der<br />

öffentlichen Institutionen, Demokratisierungsfortschritte<br />

sowie sozioökonomische Verbesserungen, die<br />

auch in den sozial schwachen Schichten angekommen<br />

sind (Schirm, 2007). Zugleich kann Brasilien bereits<br />

heute etwa 40 % s<strong>eine</strong>s Energiebedarfes aus erneuerbaren<br />

Quellen speisen, vor allem aus Wasserkraft. Darüber<br />

hinaus hat die brasilianische Wirtschaft, unterstützt<br />

durch die Politik, <strong>eine</strong> leistungsstarke Ethanolwirtschaft<br />

aufgebaut. Die Ausgangsbedingungen stünden<br />

also nicht schlecht, Brasilien zu <strong>eine</strong>r klimaverträglichen<br />

Pionierökonomie weiterzuentwickeln. Zum <strong>eine</strong>n<br />

sind die naturräumlichen Bedingungen für die Nutzung<br />

erneuerbarer Energien sehr gut, zum anderen zeigt die<br />

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