Gesellschaftsvertrag für eine GroÃe Transformation - Erfolgsfaktoren ...
Gesellschaftsvertrag für eine GroÃe Transformation - Erfolgsfaktoren ...
Gesellschaftsvertrag für eine GroÃe Transformation - Erfolgsfaktoren ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
4 Technische und wirtschaftliche Machbarkeit<br />
Kasten 4.1-4<br />
Risiken <strong>eine</strong>s ungesteuerten Bioenergieausbaus<br />
Bioenergie kann entweder aus Rest- und Abfallstoffen<br />
gewonnen werden oder aus eigens angebauten Energiepflanzen.<br />
Es ist letztere Variante, die besondere Risiken nach sich<br />
zieht, da sie mit mehr und intensiverer Landnutzung verbunden<br />
ist. Bioenergienutzung steht somit in direkter Konkurrenz<br />
zur Ernährungssicherheit, dem Naturschutz und dem<br />
Klimaschutz. Um den Nahrungsbedarf <strong>eine</strong>r wachsenden<br />
Weltbevölkerung zu decken, muss die globale Nahrungsmittelproduktion<br />
erheblich gesteigert werden und konkurriert<br />
damit mit dem Anbau von Energiepflanzen (Kap. 1.2.5).<br />
Diese Konkurrenz um Flächen kann sich etwa in höheren<br />
Lebens mittelpreisen niederschlagen. Der Anbau von Energiepflanzen<br />
kann direkt zur weiteren Umwandlung naturnaher<br />
Flächen in Ackerland führen oder aber den bereits bestehenden<br />
Anbau von Nahrungsmitteln verdrängen, der dann auf<br />
neue Flächen ausweichen muss. Die Umwandlung naturnaher<br />
Flächen verstärkt u. a. den Verlust biologischer Vielfalt und<br />
setzt in der Regel Treibhausgase frei. Ob der Anbau von Energiepflanzen<br />
Klimaschutz oder Klimaschaden bedeutet, hängt<br />
deshalb wesentlich vom genutzten Land ab. Bei der Umwandlung<br />
von Wäldern oder Feuchtgebieten für Bioenergie werden<br />
oft mehr Treibhausgase freigesetzt als durch die Nutzung der<br />
Bioenergie über etliche Jahre hinaus einspart werden kann.<br />
Für die Erzeugung von Stickstoffdünger, Mechanisierung der<br />
Produktion, Schädlingsbekämpfung und Transport der Erträge<br />
zur Weiterverarbeitung sind teilweise erhebliche Mengen<br />
an Treibstoffen und andere Energievorleistungen nötig. Die<br />
einfache Gleichung, dass Bioenergie in der Gesamtsumme<br />
k<strong>eine</strong> CO 2 -Emissionen verursacht, weil bei der Verbrennung<br />
nur so viel CO 2 abgegeben wird wie vorher durch die Pflanzen<br />
aufgenommen wurde, ist also nicht zutreffend. Eine nachhaltige<br />
Bioenergienutzung ist daher nur möglich, wenn die Politik<br />
national und international Rahmenbedingungen setzt, die<br />
die Klimaschutzwirkung und Nachhaltigkeit der Bioenergienutzung<br />
gewährleisten. Der WBGU hat im Jahr 2009 hierzu<br />
umfassende Empfehlungen gegeben (WBGU, 2009a).<br />
128<br />
4.1.5.3<br />
Risiken und Rahmenbedingungen für die Nutzung<br />
Die Nutzung erneuerbarer Energien kann mit Umweltfolgen<br />
oder unerwünschten sozialen Effekten verbunden<br />
sein. Beispielsweise können große Wasserkraftprojekte<br />
Umsiedlung der lokalen Bevölkerung erfordern<br />
und wertvolle Habitate zerstören. Auch große Biomasseprojekte<br />
können direkt zur Habitatszerstörung<br />
sowie zur Übernutzung von Böden und zur Wasserverknappung<br />
beitragen oder sich durch indirekte Effekte<br />
wie induzierte Landnutzungsänderungen in anderen<br />
Weltregionen oder steigende Lebensmittelpreise negativ<br />
auswirken (Kasten 4.1-4). Im Fall der Windenergie<br />
werden oft der Landschaftsschutz, Vogelschutz und<br />
<strong>eine</strong> akustische Belastung der Anwohner als Argumente<br />
gegen den Ausbau angeführt. In Deutschland erfolgt<br />
z. B. der Ausbau von Offshore-Anlagen entsprechend<br />
in großen Wassertiefen und außerhalb der Sichtweite<br />
der Küste sowie unter Einhaltung von Vogelschutzgebieten,<br />
was Zusatzkosten verursacht.<br />
Auch erneuerbare Quellen können übernutzt werden:<br />
Biomassepotenziale können durch Erosion und<br />
Humusverlust, Bodenversalzung oder Nährstoffverarmung<br />
reduziert werden. Das Wasserkraftpotenzial<br />
von Stauseen kann drastisch sinken, wenn diese mit<br />
Sediment verfüllt werden. Auch geothermische Quellen<br />
können langfristig durch Abkühlung ihr Potenzial<br />
verlieren. Bei Wind- oder Solarenergie sind diese Risiken<br />
deutlich geringer, allerdings können hier möglicherweise<br />
durch Klimawandel Veränderungen der Ressourcenpotenziale<br />
erfolgen. Änderungen der Niederschlagsmuster<br />
und Schmelzwasserflüsse aus Gletschern<br />
etwa können Wasserkraft- und Biomassepotenziale<br />
erheblich beeinträchtigen.<br />
Eine zeitlich beschränkte Förderung des Ausbaus<br />
erneuerbarer Energien, die der WBGU entschieden<br />
befürwortet, muss daher begleitet sein durch <strong>eine</strong>n<br />
Rechtsrahmen, der die Nachhaltigkeit der Nutzung<br />
erneuerbarer Energien gewährleistet. Dies gilt in<br />
besonderem Maße für die Bioenergienutzung (WBGU,<br />
2009a).<br />
4.1.6<br />
Eine Vision als Gedankenexperiment: Die globale<br />
Vollversorgung mit erneuerbaren Energien<br />
Die nachhaltigen Potenziale erneuerbarer Energien reichen<br />
grundsätzlich aus, um die Welt mit Energie zu versorgen<br />
(Kap. 4.1.5). Das folgende Gedankenexperiment<br />
zeigt, dass bei <strong>eine</strong>m energischen Ausbau erneuerbarer<br />
Energien aus technologischer Sicht bereits Mitte des<br />
Jahrhunderts genügend erneuerbare Energien erschlossen<br />
sein könnten, um die globale Energienachfrage zu<br />
decken. Hemmnisse wie etwa ökonomische Laufzeiten<br />
der bestehenden Infrastruktur oder Vorabkosten wurden<br />
dabei bewusst ausgeblendet. Diese Vision ist durch<br />
ein schnelles Auslaufen der fossilen Stromerzeugung,<br />
den Ersatz von Erdöl im Verkehr durch Elektromobilität<br />
und regenerative Kraftstoffe sowie den Ersatz fossiler<br />
Brennstoffe für Wärme und Kälte durch elektrische<br />
Wärmepumpen, Solarthermie und Kraft-Wärme-Kopplung<br />
charakterisiert.<br />
Sollen bereits Mitte des Jahrhunderts genügend<br />
erneuerbare Energien für <strong>eine</strong> Vollversorgung zur<br />
Verfügung stehen, muss die Endenergieintensität der<br />
Wirtschaft deutlich fallen. Für die Vision wird angenommen,<br />
dass durch Effizienzmaßnahmen der globale<br />
Wärme- und Kältebedarf um 1 % pro Jahr gesenkt