Gesellschaftsvertrag für eine GroÃe Transformation - Erfolgsfaktoren ...
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Zusammenfassung für Entscheidungsträger<br />
lage“ gestellt werden. Es geht um <strong>eine</strong>n neuen Weltgesellschaftsvertrag<br />
für <strong>eine</strong> klimaverträgliche und nachhaltige<br />
Weltwirtschaftsordnung. Dessen zentrale Idee<br />
ist, dass Individuen und die Zivilgesellschaften, die<br />
Staaten und die Staatengemeinschaft sowie die Wirtschaft<br />
und die Wissenschaft kollektive Verantwortung<br />
für die Vermeidung gefährlichen Klimawandels und für<br />
die Abwendung anderer Gefährdungen der Menschheit<br />
als Teil des Erdsystems übernehmen. Der <strong>Gesellschaftsvertrag</strong><br />
kombiniert <strong>eine</strong> Kultur der Achtsamkeit<br />
(aus ökologischer Verantwortung) mit <strong>eine</strong>r Kultur der<br />
Teilhabe (als demokratische Verantwortung) sowie mit<br />
<strong>eine</strong>r Kultur der Verpflichtung gegenüber zukünftigen<br />
Generationen (Zukunftsverantwortung).<br />
Ein zentrales Element in <strong>eine</strong>m solchen <strong>Gesellschaftsvertrag</strong><br />
ist der „gestaltende Staat“, der für die <strong>Transformation</strong><br />
aktiv Prioritäten setzt, gleichzeitig erweiterte<br />
Partizipationsmöglichkeiten für s<strong>eine</strong> Bürger bietet und<br />
der Wirtschaft Handlungsoptionen für Nachhaltigkeit<br />
eröffnet. Der <strong>Gesellschaftsvertrag</strong> umfasst auch neue<br />
Formen globaler Willensbildung und Kooperation. Die<br />
Schaffung <strong>eine</strong>s dem Weltsicherheitsrat ebenbürtigen<br />
„UN-Rates für Nachhaltige Entwicklung“ sowie die Bildung<br />
internationaler Klimaallianzen zwischen Staaten,<br />
internationalen Organisationen, Städten, Unternehmen,<br />
Wissenschaft und zivilgesellschaftlichen Organisationen<br />
wären hierfür Beispiele.<br />
Das Konzept <strong>eine</strong>s neuen <strong>Gesellschaftsvertrag</strong>es für<br />
die <strong>Transformation</strong> zur Nachhaltigkeit – weniger auf<br />
dem Papier als im Bewusstsein der Menschen – entwickelt<br />
der WBGU in Analogie zur Herausbildung der<br />
Industriegesellschaften im Verlauf des 19. Jahrhunderts.<br />
Karl Polanyi (1944) bezeichnete diesen Prozess<br />
ebenfalls als <strong>eine</strong> „Große <strong>Transformation</strong>“ und zeigte,<br />
dass die Stabilisierung und Akzeptanz der „modernen<br />
Industriegesellschaften“ erst durch die Einbettung der<br />
ungesteuerten Marktdynamiken und Innovationsprozesse<br />
in Rechtsstaat, Demokratie und wohlfahrtsstaatliche<br />
Arrangements gelang – also durch die Emergenz<br />
<strong>eine</strong>s neuen <strong>Gesellschaftsvertrag</strong>es.<br />
Indem der WBGU die technische und wirtschaftliche<br />
Machbarkeit der <strong>Transformation</strong> aufzeigt, Pioniere<br />
des Wandels benennt, Blockademechanismen identifiziert<br />
sowie politische und institutionelle Ansätze zu<br />
deren Überwindung entwickelt, veranschaulicht er die<br />
„Bedingungen der Möglichkeit“ (Immanuel Kant) des<br />
Übergangs zu Klimaverträglichkeit und Nachhaltigkeit.<br />
Damit möchte der WBGU der Politik, aber auch der<br />
Wirtschaft und den gesellschaftlichen Akteuren Mut<br />
machen, den Wandel zu wagen.<br />
Herausforderung Klimaverträglichkeit<br />
Bei der <strong>Transformation</strong> zur Nachhaltigkeit kommt dem<br />
Klimaschutz <strong>eine</strong> besondere Bedeutung zu, denn er ist<br />
<strong>eine</strong> conditio sine qua non für nachhaltige Entwicklung:<br />
Klimaschutz allein kann zwar den Erhalt der natürlichen<br />
Lebensgrundlagen für die Menschheit nicht<br />
sichern, aber ohne wirksamen Klimaschutz entfallen<br />
absehbar essentielle Entwicklungsmöglichkeiten der<br />
Menschheit.<br />
Der anthropogene Klimawandel ist in den letzten<br />
Jahren in der Mitte des gesellschaftlichen Diskurses<br />
angekommen. Es gibt <strong>eine</strong>n globalen politischen Konsens<br />
darüber, dass <strong>eine</strong> rasch erfolgende Erderwärmung<br />
von mehr als 2 °C die Anpassungsfähigkeit unserer<br />
Gesellschaften überfordern würde. Die Folgen wären<br />
Umweltkrisen mit erheblichen sozialen, wirtschaftlichen<br />
und sicherheitspolitischen Risiken. Die Vermeidung<br />
gefährlicher Klimaänderungen ist daher zu <strong>eine</strong>r<br />
der großen Menschheitsherausforderungen geworden.<br />
Wenn die Begrenzung der Erwärmung auf 2 °C mit<br />
<strong>eine</strong>r Wahrscheinlichkeit von wenigstens zwei Dritteln<br />
gelingen soll, dürfen bis Mitte dieses Jahrhunderts nur<br />
noch etwa 750 Mrd. t CO 2 aus fossilen Quellen in die<br />
Atmosphäre gelangen (WBGU, 2009b). Dieses globale<br />
CO 2 -Budget wäre bereits in rund 25 Jahren erschöpft,<br />
wenn die Emissionen auf dem aktuellen Niveau eingefroren<br />
würden. Es ist also ein schnelles, transformatives<br />
Gegensteuern notwendig. Die globalen Energiesysteme<br />
müssen bis Mitte des Jahrhunderts weitgehend dekarbonisiert<br />
sein.<br />
Suchprozesse in diese Richtung sind in vielen Ländern<br />
der Erde zu beobachten. Unter anderem bemühen<br />
sich Europa, Südkorea, China, Indonesien, Indien<br />
und einige Bundesstaaten der USA darum, die Wohlstandssteigerung<br />
von den Treibhausgasemissionen<br />
zu entkoppeln. Viele Unternehmen erkennen, dass<br />
in <strong>eine</strong>r prosperierenden Welt mit bald 9 Mrd. Menschen<br />
der nächste globale Innovationszyklus Ressourcen<br />
schonend und klimaverträglich sein muss. Langfristige<br />
Investitionen, insbesondere in erneuerbare Energiequellen<br />
sowie in Energie- und Ressourceneffizienz,<br />
dienen nicht nur dem Atmosphärenschutz, sie reduzieren<br />
auch die vielfältigen Abhängigkeiten von Importen<br />
fossiler Brennstoffe und entscheiden zugleich über<br />
die Innovationszentren der Zukunft und die Neuordnung<br />
der weltwirtschaftlichen Hierarchien. Der Umbau<br />
eröffnet innovationsstarken Gesellschaften auch in<br />
Europa neue Perspektiven.<br />
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