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Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation - Erfolgsfaktoren ...

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7 Handlungsempfehlungen<br />

336<br />

tengemeinschaft in diesem Sinne anleiten, motivieren<br />

und mobilisieren zu können, müssten die führenden<br />

Staaten dabei zwingend auch die Interessen kl<strong>eine</strong>r und<br />

armer Entwicklungsländer glaubwürdig berücksichtigen<br />

und diese nicht bevormunden. Die Bundesregierung<br />

und die EU sollten diesbezüglich gleichermaßen<br />

auf ein hohes Ambitionsniveau in der Sache und ein<br />

verbindliches und vermittelndes Auftreten gegenüber<br />

dem „Rest der Welt“ hinwirken. Gelingt dies, könnten<br />

die G20 sogar zum Motor <strong>eine</strong>r zeitgemäßen Modernisierung<br />

des UN-Systems insgesamt werden.<br />

Mittleres Ambitionsniveau: Global Governance für<br />

transformative globale Infrastrukturentwicklung<br />

verbessern<br />

Klimaverträgliche Entwicklungsprozesse müssen<br />

weltweit in <strong>eine</strong>r Vielzahl von Wirtschaftssektoren<br />

beschleunigt werden. Wie die vorliegende Studie zeigt,<br />

sind dabei drei grundlegende „Infrastrukturen“ zentral:<br />

Energiesysteme, urbane Räume und Landnutzungssysteme.<br />

Die Einhaltung der 2 °C-Leitplanke ist nur möglich,<br />

wenn bis 2020 in diesen drei Basisstrukturen der<br />

globalen Ökonomie die Weichen in <strong>eine</strong> klimaverträgliche<br />

Richtung gestellt werden. Energiepolitik, Landnutzungsmanagement<br />

und Stadtentwicklung finden<br />

<strong>eine</strong>rseits primär auf nationaler Ebene statt, andererseits<br />

ist ein weltweiter klimaverträglicher Umbau dieser<br />

drei Kernsektoren der Weltwirtschaft in sehr kurzer<br />

Zeit ohne internationale Abstimmungsprozesse nicht<br />

darstellbar.<br />

Dies ist <strong>eine</strong> völlig neue Herausforderung für die<br />

internationale Gemeinschaft, denn Global-Governance-<br />

Mechanismen zur weltweiten Ausrichtung der Infrastrukturen<br />

in den drei <strong>Transformation</strong>sfeldern existieren<br />

bisher nicht. In allen drei Feldern geht es also darum,<br />

globale und nationale <strong>Transformation</strong>sziele festzulegen<br />

bzw. nationale und globale <strong>Transformation</strong>skorridore<br />

zu entwickeln und Indikatoren zu bestimmen, auf<br />

deren Grundlage Entwicklungsfortschritte überprüft,<br />

entsprechende Überwachungsverfahren etabliert und<br />

positive Anreize zur Zielerreichung gesetzt werden<br />

können (z. B. Entwicklungszusammenarbeit, Technologietransfer).<br />

Derartige Global-Governance-Mechanismen können<br />

nur von leistungsfähigen internationalen Organisationen<br />

umgesetzt werden. Im <strong>Transformation</strong>sfeld<br />

Energie sollte die Bundesregierung entsprechend darauf<br />

hinwirken, das Zielsystem der IEA in Richtung nachhaltige<br />

Energiepolitik zu verschieben und die Organisation<br />

zudem konsequent für Entwicklungsländer zu öffnen,<br />

IRENA als Motor der internationalen Verbreitung<br />

regenerativer Energien zu stärken und die Rolle von<br />

UN-Energy aufzuwerten (Kap. 5.4.5.1). Zur Stärkung<br />

des Themas nachhaltiger Stadtentwicklung empfiehlt<br />

der WBGU als Alternative zur vorgeschlagenen Aufwertung<br />

von UN-Habitat (niedriges Ambitionsniveau;<br />

Kap. 7.3.6.1) direkt auf <strong>eine</strong> tiefer greifende institutionelle<br />

Reform hinzuarbeiten. Auf mittlerem Ambitionsniveau<br />

werden die Einrichtung <strong>eine</strong>r „Weltkommission<br />

für klimaverträgliche Stadtentwicklung“ sowie <strong>eine</strong>r<br />

„Globalen Kommission zur nachhaltigen Landnutzung“<br />

empfohlen.<br />

Beide Kommissionen könnten etwa durch die<br />

Rio+20-Konferenz eingesetzt und mandatiert werden<br />

und sollten dann bis 2015 umfassende, der Komplexität<br />

ihres jeweiligen <strong>Transformation</strong>sfelds angemessene<br />

Berichte vorlegen. Auf dem Bericht der Globalen<br />

Kommission zur nachhaltigen Landnutzung aufbauend,<br />

sollte schließlich die FAO ein geeignetes Instrumentarium<br />

entwickeln, um nationale und globale Landnutzungspfade<br />

klimaverträglich ausrichten zu können. Zur<br />

Operationalisierung der Ergebnisse der Weltkommission<br />

für klimaverträgliche Stadtentwicklung schlägt der<br />

WBGU zudem die Gründung <strong>eine</strong>r ambitioniert mandatierten<br />

Sonderorganisation für Nachhaltige Urbanisierung<br />

vor. Das angesichts des Problemdrucks nicht<br />

angemessen aufgestellte UN-Habitat könnte dann<br />

darin aufgehen.<br />

Hohes Ambitionsniveau: Global Governance für<br />

<strong>eine</strong> gerechte neue Weltordnung<br />

Ultimative Stoßrichtung zukünftiger Global Governance<br />

muss die Schaffung <strong>eine</strong>r gerechten neuen Weltordnung<br />

sein, deren Institutionen die internationale<br />

Staatengemeinschaft noch in der ersten Hälfte des 21.<br />

Jahrhunderts in die Lage versetzen, die komplexen<br />

Interdependenzen der Weltgesellschaft im Rahmen der<br />

planetarischen Leitplanken überhaupt begreifen und<br />

ebenso rechtzeitig wie angemessen darauf reagieren<br />

zu können. Um nachhaltig erfolgreich zu sein, darf sich<br />

<strong>eine</strong> solche Weltordnung nicht auf handlungsfähige<br />

„Inseln“ der heute besser gestellten Teile der Menschheit<br />

beschränken, sondern muss auch die gegenwärtig<br />

und absehbar noch ausgeschlossene „unterste Milliarde“<br />

erfassen.<br />

Dies aber stellt Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft<br />

und Gesellschaft vor fundamentale politische<br />

wie intellektuelle Herausforderungen: Politisch erfordert<br />

es die historisch ungekannte Überwindung tradierter<br />

Souveränitätsvorstellungen und rein machtgeleiteter<br />

Weltpolitik zu Gunsten der dauerhaften Bereitstellung<br />

globaler Allgemeingüter. Intellektuell bedarf<br />

es tragfähiger Strategien und Konzepte, die <strong>eine</strong> nachhaltige<br />

globale Entwicklung in grenzüberschreitenden<br />

demokratischen Strukturen verankern, Antworten auf<br />

die globalen Gerechtigkeits- und Verteilungsfragen des<br />

21. Jahrhunderts formulieren und dabei nicht zuletzt<br />

weltweit Legitimität für sich beanspruchen können.

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