Gesellschaftsvertrag für eine GroÃe Transformation - Erfolgsfaktoren ...
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Neue Staatlichkeit im Mehrebenensystem 5.4<br />
haltige Entwicklung im Bundeskanzleramt werden.<br />
Zudem sollte die Rolle dieses Staatssekretärsausschusses<br />
als eigenständiges Gremium gestärkt werden. Alle<br />
Bundesministerien sollten Strategien für die klimaverträgliche<br />
<strong>Transformation</strong> entwickeln. Dadurch soll die<br />
klimapolitische Verantwortung des Staates in der Verwaltungsorganisation<br />
und im Verwaltungsverfahren<br />
systematisch festgesetzt werden.<br />
Mit Blick auf die Stärkung des Themas <strong>Transformation</strong><br />
in der deutschen Außenpolitik könnte die Schaffung<br />
der Funktion <strong>eine</strong>s Staatsministers im Auswärtigen<br />
Amt zielführend sein, der für globale Nachhaltigkeitsfragen,<br />
Dekarbonisierung und Rohstoffdiplomatie<br />
zuständig ist.<br />
Klimaschutz, die Erhaltung von Biodiversität und<br />
nachhaltige Raumplanung sind heute thematisch in den<br />
Verwaltungen besser repräsentiert und höher gewichtet<br />
als in der Ursprungsphase der Umweltpolitik. Allerdings<br />
können die Themen im momentanen Ressortzuschnitt<br />
kaum das Gewicht erlangen, das sie auch im<br />
Blick auf die postindustrielle Zukunftsgestaltung <strong>eine</strong>r<br />
nachhaltigen Wirtschaft nach Auffassung des WBGU<br />
haben sollten. Langfristig sollte daher ein partieller<br />
Umbau des derzeitigen Ressortzuschnitts, etwa durch<br />
Bildung <strong>eine</strong>s Umwelt-, Klima- und Energieministeriums,<br />
geprüft werden.<br />
Eine weitere Form des klimapolitischen Mainstreaming<br />
der Exekutive kann darin bestehen, das Wissen<br />
um die globalen Zusammenhänge von Politik zu erhöhen.<br />
Ein Mittel zum Zweck „globaler Aufklärung“ kann<br />
die „Internationalisierung“ der ministeriellen Ressorts<br />
sein, etwa indem Referate in Ministerien zukünftig zu<br />
10–15 % mit Personal aus anderen OECD-Nationen<br />
sowie Entwicklungs- und Schwellenländern besetzt<br />
werden und dort wiederum der Aufbau ausreichender<br />
Kapazitäten unterstützt bzw. intensiviert wird. Auf<br />
diese Weise können nationale Interessen und Sichtweisen<br />
von vornherein besser mit internationalen Perspektiven<br />
und Diskursen abgestimmt, wechselseitige Lernprozesse<br />
beschleunigt und multilaterales Vertrauen<br />
generiert werden. Als konkreter Schritt in diese Richtung<br />
böten sich beispielsweise Austauschprogramme<br />
für Fachreferenten an, vergleichbar den einschlägigen<br />
DAAD-Programmen im Bereich der Wissenschaft.<br />
Zusätzlich zur bestehenden administrativen Gesetzesfolgenprüfung<br />
für Nachhaltigkeit sollten Möglichkeiten<br />
zur Stärkung der Rolle des Parlaments geprüft<br />
werden. Durch <strong>eine</strong> Aufwertung des Parlamentarischen<br />
Beirats für nachhaltige Entwicklung (Kasten 5.4-3) zu<br />
<strong>eine</strong>m eigenen Ausschuss im Bundestag kann dessen<br />
Handlungs- und Durchsetzungsfähigkeit im Parlament<br />
verbessert und die klimapolitische Rolle des Parlaments<br />
gestärkt werden. Nachfolgend wird die Aufnahme von<br />
„Zukunftsquoren“ bzw. Zukunftskammern zur besseren<br />
Repräsentation der Bürgerschaft erörtert und<br />
begründet.<br />
5.4.2.4<br />
Zur besseren Repräsentation von<br />
Zukunftsinteressen: Wahlrechtsreform und<br />
Loskammern<br />
Eine offene, unter demokratietheoretischen wie verfassungspolitischen<br />
Gesichtspunkten aufzurollende Frage<br />
ist, ob in <strong>eine</strong>m gestaltenden Staat mit erweiterter Partizipation<br />
durch die Aufnahme von „Zukunftsquoren“<br />
die Repräsentation der Bürgerschaft verändert werden<br />
darf und soll. Darunter kann man alle Instrumente<br />
zusammenfassen, die vermutete Interessenlagen künftiger<br />
Generationen (unterstellt: an mehr Nachhaltigkeit<br />
heutiger Politik) in konsultativen Gremien oder zusätzlichen<br />
Kammern im laufenden Entscheidungsprozess<br />
antizipieren und ihnen <strong>eine</strong> (virtuelle oder vikarische)<br />
Stimme geben sollen.<br />
Das tangiert die Grundidee der Repräsentativität,<br />
die seit dem europäischen Mittelalter <strong>eine</strong> Kernfrage<br />
politisch-administrativer Ordnungen darstellt: Wie<br />
lässt sich jenseits <strong>eine</strong>r zahlenmäßig und in ihrem Problemanfall<br />
überschaubaren Polis oder Stadtgemeinde<br />
<strong>eine</strong> Gesamtheit von Personen (das Volk) gerecht und<br />
angemessen durch <strong>eine</strong> Versammlung vertreten, deren<br />
Mitglieder ernannt, ausgelost oder vorzugsweise in allgem<strong>eine</strong>n,<br />
gleichen und fairen Verfahren gewählt worden<br />
sind<br />
Kasten 5.4-3<br />
Parlamentarische Begleitung der<br />
<strong>Transformation</strong><br />
Zu den wichtigen „Anwaltsaufgaben“ des Parlamentarischen<br />
Beirats für nachhaltige Entwicklung des Deutschen Bundestages<br />
gehört die Bewertung der Nachhaltigkeitsprüfung im parlamentarischen<br />
Gesetzgebungsverfahren. Der Parlamentarische<br />
Beirat für nachhaltige Entwicklung hat sich am 21. Januar<br />
2010 konstituiert, nachdem der Bundestag am 17. Dezember<br />
2009 s<strong>eine</strong> Einsetzung beschlossen hatte (BT-Drucksache<br />
17/245). Der Beirat hat 22 Mitglieder: neun von CDU/<br />
CSU, fünf von der SPD, je drei von der FDP und der Linken<br />
sowie zwei Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen. Vorsitzender<br />
ist Andreas Jung (CDU/CSU), Stellvertreterin Gabriele<br />
Lösekrug-Möller (SPD). Der Beirat soll die nationale Nachhaltigkeitsstrategie<br />
der Bundesregierung und die europäische<br />
Nachhaltigkeitsstrategie parlamentarisch begleiten und Empfehlungen<br />
abgeben.<br />
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