Gesellschaftsvertrag für eine GroÃe Transformation - Erfolgsfaktoren ...
Gesellschaftsvertrag für eine GroÃe Transformation - Erfolgsfaktoren ...
Gesellschaftsvertrag für eine GroÃe Transformation - Erfolgsfaktoren ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
8 Die Wissenschaft im <strong>Transformation</strong>sprozess – Empfehlungen für Forschung<br />
342<br />
misch und inter- sowie transdisziplinär zu forschen.<br />
Die deutsche Wissenschafts- und Forschungspolitik<br />
könnte damit international Vorbildcharakter entwickeln,<br />
wenn sie den in Teilen bereits eingeschlagenen<br />
Weg zur systemischen, transformationsrelevanten<br />
Forschung weiter ausbaut und damit den wesentlichen<br />
Weg zu <strong>eine</strong>r wissensbasierten, die <strong>Transformation</strong><br />
aktiv unterstützenden Gesellschaft ebnet.<br />
Ein neuer Vertrag zwischen Gesellschaft und<br />
Wissenschaft<br />
Vor dem Hintergrund des raschen Wandels des Erdsystems<br />
(Kap. 1.1) und der sich daraus ergebenden<br />
Notwendigkeit zur <strong>Transformation</strong> sollte auch die Forschung<br />
sich stärker Fragen der <strong>Transformation</strong> annehmen.<br />
Dies erfordert, dass Forschungsstrukturen und<br />
-inhalte auf ihre aktuellen und möglichen Beiträge zur<br />
<strong>Transformation</strong> überprüft und zielgerichtet gebündelt<br />
werden. Eine produktive, umfassende Ausrichtung von<br />
Wissenschaft und Forschung an den Erfordernissen<br />
der Großen <strong>Transformation</strong> könnte durch <strong>eine</strong>n neuen<br />
Vertrag zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Wirtschaft<br />
erreicht werden.<br />
Bereits 2007 wurde auf dem Potsdamer Nobelpreisträgersymposium<br />
mit dem „Potsdam Memorandum“<br />
<strong>eine</strong> Neuordnung der Nachhaltigkeitsforschung im<br />
Rahmen <strong>eine</strong>s „globalen Vertrages zwischen Wissenschaft<br />
und Gesellschaft“ angeregt (PIK, 2007). Ein solcher<br />
Vertrag hätte <strong>eine</strong> stärkere Verzahnung zwischen<br />
Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten und dem<br />
gesellschaftlich formulierten Bedarf an Wissen für <strong>eine</strong><br />
<strong>Transformation</strong> in Richtung klimaverträgliche Gesellschaft<br />
zur Folge.<br />
Innerhalb <strong>eine</strong>s solchen Kontrakts würde sich die<br />
Gesellschaft verpflichten, relevante Probleme zu identifizieren,<br />
zu priorisieren und der Forschung zu vermitteln.<br />
Die Gesellschaft würde sich ebenfalls verpflichten,<br />
ausreichende Mittel zur Erforschung der identifizierten<br />
Probleme zur Verfügung zu stellen.<br />
Im Gegenzug würde sich ein stetig zunehmender Teil<br />
der Wissenschaft sowie der Wirtschaft verpflichten,<br />
sich verstärkt an gesellschaftlichen Zielen im Rahmen<br />
der Großen <strong>Transformation</strong> zu orientieren. Zusätzlich<br />
müsste sich Forschung nicht nur an den Beurteilungen<br />
durch die eigene Fachdisziplin messen, sondern auch<br />
relevante und glaubwürdige Lösungen für die identifizierten<br />
Probleme entwickeln. Für die Politik würde<br />
dies nicht nur die Erhöhung der Forschungsausgaben<br />
bedeuten, sondern auch die Aufgabe, gesellschaftliche<br />
Dialoge über die Ziele, die die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten<br />
leiten sollen, anzustoßen.<br />
8.1<br />
Forschung für die <strong>Transformation</strong><br />
Gesellschaftliche <strong>Transformation</strong>en entstehen durch<br />
aufeinander bezogene Veränderungen von Technologien,<br />
gesellschaftlichen Institutionen und individuellen<br />
Verhaltensweisen in <strong>eine</strong>r Reihe von gesellschaftlichen<br />
Subsystemen. Technologische und soziale Innovationen<br />
gehen mit Veränderungen im sozialen Kontext<br />
einher, die oft Voraussetzung für <strong>eine</strong> weitere Verbreitung<br />
dieser Innovationen sind und sich somit gegenseitig<br />
bedingen.<br />
Allerdings lassen sich ex ante k<strong>eine</strong> offensichtlichen<br />
Wende- oder Kipppunkte identifizieren, an denen sich<br />
das Vor- und Nachher <strong>eine</strong>r <strong>Transformation</strong> klar festmachen<br />
ließen. <strong>Transformation</strong>en zeichnen sich vielmehr<br />
durch Häufigkeitsverdichtungen von Veränderungen<br />
aus, die teilweise mittelbar oder unmittelbar<br />
miteinander in Beziehung stehen und bislang erst historisch<br />
identifizierbar sind (Kap. 3).<br />
Bisherige <strong>Transformation</strong>en waren überwiegend<br />
koevolutionäre Prozesse, die zu tiefen und langfristigen<br />
Veränderungen führten. Die <strong>Transformation</strong> zu<br />
<strong>eine</strong>r klimaverträglichen Gesellschaft ist ein umfassender,<br />
alle Gesellschaftsbereiche einschließender Prozess,<br />
in dem spezifische Akteure und Akteurskoalitionen<br />
<strong>eine</strong> wichtige Rolle spielen. Im Unterschied zu früheren<br />
<strong>Transformation</strong>en besteht jetzt ein Ziel: die klimaverträgliche,<br />
nachhaltige Gesellschaft (Kap. 1). Dieser<br />
Übergang macht Veränderungen in praktisch allen<br />
Industriesektoren und Gesellschaftsbereichen notwendig.<br />
Forschung für die <strong>Transformation</strong> sollte daher breit<br />
angelegt sein und möglichst viele technologische, ökonomische<br />
und soziale Aspekte umfassen.<br />
Die Forschung sollte sich der – auf den ersten Blick<br />
widersprüchlich ersch<strong>eine</strong>nden – Herausforderung<br />
stellen, die Wahrscheinlichkeit nicht determinierbarer<br />
Prozesse, nämlich die Gestaltung und Beschleunigung<br />
der <strong>Transformation</strong>, zu erhöhen, indem sie potenziell<br />
dazu beitragende Alternativen findet. Einige Wege,<br />
wie z. B. die Schaffung von Experimentierräumen<br />
( Kasten 5.4-1) oder die Einbindung von Erfahrungswissen<br />
gesellschaftlicher Stakeholder in der transdisziplinären<br />
Forschung, sind bereits bekannt. Diese sollten<br />
ausgebaut werden. Zusätzlich bedarf es der systemisch<br />
ausgerichteten Erforschung weiterer Wege, um zu neuen<br />
Lösungen zu kommen. Konzeptionell bedeutet dies<br />
die Unterscheidung in <strong>Transformation</strong>sforschung und<br />
transformative Forschung. <strong>Transformation</strong>sforschung<br />
hat zum Ziel, <strong>Transformation</strong>sprozesse besser zu verstehen,<br />
ihr Forschungsgegenstand sind somit die <strong>Transformation</strong>sprozesse<br />
als solche. Transformative Forschung<br />
unterstützt <strong>Transformation</strong>sprozesse konkret durch