Gesellschaftsvertrag für eine GroÃe Transformation - Erfolgsfaktoren ...
Gesellschaftsvertrag für eine GroÃe Transformation - Erfolgsfaktoren ...
Gesellschaftsvertrag für eine GroÃe Transformation - Erfolgsfaktoren ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Zehn Maßnahmenbündel mit großer strategischer Hebelwirkung 7.3<br />
nigt als auch für das Erreichen <strong>eine</strong>r nahezu vollständigen<br />
Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien bis<br />
2050 (Kap. 4.4) die insgesamt effizienteste Option ist.<br />
Der WBGU regt deshalb an, das Ziel <strong>eine</strong>r europaweiten<br />
Einspeisevergütung ab dem Jahr 2020 bewusst<br />
anzustreben und die europäische Energiepolitik bis<br />
2020 entsprechend auszurichten (Kap. 5.4.3, 7.3.3).<br />
Zwingende Voraussetzung für <strong>eine</strong> einheitliche Einspeisevergütung<br />
ist der verstärkte Ausbau der Netze und<br />
Übertragungskapazitäten zwischen den EU-Mitgliedstaaten<br />
sowie die Bereitstellung neuer Infrastrukturen<br />
für den Umgang mit Fluktuation (Kap. 7.3.3). Eine<br />
sofortige europaweit einheitliche Einspeisevergütung<br />
würde absehbar in einigen Regionen, insbesondere in<br />
Deutschland, den Ausbau erneuerbarer Energien bremsen,<br />
ohne dass ausreichend erneuerbarer Strom importiert<br />
werden kann. Ein Ausweichen auf weniger nachhaltige<br />
Energieformen wäre ohne entsprechende Infrastruktur<br />
wahrscheinlich.<br />
Ein rascher grenzüberschreitender Infrastrukturausbau<br />
bedarf <strong>eine</strong>r Harmonisierung der Planungsvorschriften<br />
in den EU-Mitgliedstaaten und der Koordinierung<br />
der Planungsverfahren im Energiebereich, etwa<br />
durch <strong>eine</strong>n unionsweiten Bedarfsplan. Dies erfordert<br />
die Übertragung entsprechender Rechtsetzungskompetenzen<br />
auf die EU seitens der Mitgliedstaaten. Weiter<br />
sollte durch die Schaffung unabhängiger Netzbetreiber<br />
der freie Netzzugang gesichert werden. Gleichzeitig<br />
müssten die rechtlichen Voraussetzungen für <strong>eine</strong>n EUweiten<br />
Stromabsatz gegeben sein (Kap. 7.3.3).<br />
Die Schaffung dieser Voraussetzungen kann aus Sicht<br />
des WBGU binnen <strong>eine</strong>r Dekade gelingen. Während dieser<br />
Zeit sollten die nationalen Fördersätze schrittweise<br />
und unter Berücksichtigung der Fortschritte beim Netzausbau<br />
soweit angenähert werden, dass beim Übergang<br />
zum EU-Fördersystem k<strong>eine</strong> unverhältnismäßigen Brüche<br />
in den Fördersätzen für bestimmte Technologien<br />
entstehen. Um <strong>eine</strong> Periode der Investitionsunsicherheit<br />
zu vermeiden, bedarf es <strong>eine</strong>r den Bestandsschutz<br />
vorhandener Anlagen berücksichtigenden Übergangsphase<br />
– so wie momentan in Deutschland: Bis zu <strong>eine</strong>m<br />
bestimmten Stichtag gebaute Anlagen sollten noch den<br />
nationalen Regelungen unterliegen, welche parallel<br />
während <strong>eine</strong>r Übergangszeit weiterlaufen könnten.<br />
Das Ziel <strong>eine</strong>r harmonisierten Einspeisevergütung darf<br />
aus Sicht des WBGU außerdem nicht als Argument herangezogen<br />
werden, die nationalen Einspeisevergütungen<br />
zu beschneiden, bevor die Voraussetzungen für<br />
<strong>eine</strong> effektive und effiziente unionsweite Lösung gegeben<br />
sind.<br />
Eine weitere wichtige Komponente in <strong>eine</strong>m EUweiten<br />
System müsste die bevorzugte Netzeinspeisung<br />
für erneuerbare Energien sein. Zudem wäre zu<br />
prüfen, wie ein Ausgleich zwischen der Förderung der<br />
günstigsten Potenziale bei gleichzeitiger Netzstabilisierung<br />
erreicht werden kann. Bei behutsamer Wahl<br />
von europaweit harmonisierten Einspeisetarifen und<br />
deren dynamischer Anpassung an die Fortschritte bei<br />
der Kostendegression einzelner Technologien kann die<br />
Gefahr <strong>eine</strong>r Überförderung in Gunstregionen aus Sicht<br />
des WBGU minimiert werden. Im Falle <strong>eine</strong>r dynamischen<br />
Anpassung der Förderhöhe für Neuanlagen würden<br />
die Gunststandorte zunächst bevorzugt, während<br />
weniger geeignete Regionen erst folgen würden, sobald<br />
sich deren wirtschaftliche Nutzung durch Fortschritte<br />
bei der Kostendegression ergibt. Die Vergütungshöhe<br />
sollte im Lauf der Zeit <strong>eine</strong>r Degression unterliegen, die<br />
sich ändernde Marktbedingungen (u. a. Gestehungskosten,<br />
CO 2 -Preis) berücksichtigt, wie das beim deutschen<br />
EEG schon der Fall ist. Aufgrund der dort gewonnenen<br />
Erfahrung mit den unterschiedlichen Marktdynamiken<br />
sollte die Degression der Einspeisevergütungen jedoch<br />
nicht an <strong>eine</strong> Jahreszahl, sondern an die kumulative<br />
installierte Leistung der jeweiligen Technologie gekoppelt<br />
werden. So können Anreize zu Kostensenkungen<br />
verstärkt und die Wirtschaftlichkeit erneuerbarer Energien<br />
schneller erhöht werden.<br />
Die europaweite Einspeisevergütung sollte den optimierten<br />
Zubau von erneuerbaren Energien und deren<br />
weitere Kostensenkungen als Ziel haben. Diesen übergeordneten<br />
Zielen sind aus Sicht des WBGU nationale<br />
Ausbaustrategien und damit verbundene industriepolitische<br />
Interessen unterzuordnen. Der WBGU geht<br />
davon aus, dass die verschiedenen Technologien (Solarthermie,<br />
Photovoltaik, Windkraft, Bioenergie) im Allgem<strong>eine</strong>n<br />
ab dem Erreichen <strong>eine</strong>r weltweiten Kapazität<br />
von 5.000 TWh pro Jahr auch ohne Förderung wettbewerbsfähig<br />
sein werden, so dass das EU-Fördersystem<br />
für Windenergie schon etwa 2025 und für die Solarenergienutzung<br />
bis etwa Mitte des Jahrhunderts auslaufen<br />
könnte.<br />
Hohes Ambitionsniveau: Einbezug Nordafrikas in<br />
ein europäisches Fördersystem prüfen<br />
Um die <strong>Transformation</strong>swirkung <strong>eine</strong>s einheitlichen<br />
europäischen Strommarktes mit harmonisierten Einspeisevergütungen<br />
weiter zu erhöhen, sollten frühzeitig<br />
Optionen geprüft werden, inwieweit Nordafrika<br />
in ein System europäischer Einspeisetarife eingebunden<br />
werden könnte. Die aus rechtlicher Sicht<br />
erforderliche (Außen-)Kompetenz der EU zur verbindlichen<br />
Einbeziehung Nordafrikas in ein europäisches<br />
Einspeise-Tarifsystem liegt bereits vor (Kap. 5.4.3).<br />
Durch die geographische Lage Nordafrikas könnten<br />
weitere Potenziale erschlossen werden, insbesondere<br />
im Bereich der Wind- und Solarenergie. Gleichzeitig<br />
könnte so auch die Energiewende in den Maghreb-<br />
Staaten unterstützt und in <strong>eine</strong>m weiteren Schritt die<br />
307