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Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation - Erfolgsfaktoren ...

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Wo und wie Pioniere des Wandels bereits heute die <strong>Transformation</strong> gestalten 6.3<br />

den Bereichen Bildung, Entwicklung und Armutsbekämpfung<br />

und Menschenrechtsschutz zählen dazu.<br />

Pioniere des Wandels finden sich auf allen sozialen<br />

Ebenen und in verschiedenen Tätigkeitsfeldern: Beispielsweise<br />

bei thematisch fokussierten Umwelt- und<br />

Bürgerinitiativen und sozialen Protestbewegungen, in<br />

Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen (unter<br />

ihnen die Kirchen und Stiftungen), in der Wissenschaft<br />

sowie unter Ingenieuren, Stadtplanern und Architekten.<br />

Pioniere des Wandels finden sich auch in Berufsverbänden,<br />

die ihre Mitglieder zur Ablegung von (im übertragenen<br />

Sinne) „hippokratischen Eiden“ veranlassen, von<br />

der Entwicklungszusammenarbeit über die Altenpflege<br />

bis zu anderen Aspekten ehrenamtlicher und privatwirtschaftlicher<br />

Betätigung. Bei den vom WBGU im<br />

Folgenden exemplarisch herausgestellten Pionieren des<br />

Wandels handelt es sich nach der oben vorgestellten<br />

Klassifikation um Einzelpersonen, Gruppen, Organisationen<br />

und Netzwerke privater und öffentlicher Art, die<br />

nachhaltige Initiativen in den in Kapitel 4 behandelten<br />

Bedürfnisfeldern entwickelt haben. Der WBGU nimmt<br />

im folgenden Kapitel also <strong>eine</strong> monothematische Engführung<br />

vor und beschränkt sich auf solche Initiativen,<br />

die in den Bereichen Energieversorgung, Mobilität,<br />

Stadtentwicklung sowie Landnutzung (Landwirtschaft,<br />

Ernährung und Waldschutz) tätig sind. Es handelt sich<br />

dabei um aus <strong>eine</strong>r Fülle von nationalen und internationalen<br />

Beispielen herausgegriffene Initiativen, die hier<br />

weder ein besonderes Gütesiegel erhalten noch, vor<br />

allem im Fall privatwirtschaftlicher Einrichtungen, ausdrücklich<br />

empfohlen werden sollen. Beispiele für Pioniere<br />

des Wandels werden in den folgenden Abschnitten<br />

steckbriefartig vorgestellt. Bei den Feldern Energieversorgung<br />

und Mobilität sind sogenannte Bifurkationen<br />

eingebaut worden. Darunter sind Weggabelungen<br />

in dynamischen Systemen zu verstehen, die auf der<br />

<strong>eine</strong>n Seite den bisher beschrittenen Wachstumspfad<br />

auf der Grundlage energetisch effizienterer und erneuerbarer<br />

Technologien fortsetzen, also etwa den bisher<br />

auf Verbrennungsmotoren beruhenden Individualverkehr<br />

auf der Grundlage von Elektromobilität fortführen,<br />

und auf der anderen Seite alternative Mobilitätspfade<br />

beschreiten, darunter etwa die Vermeidung von<br />

Individualverkehr. Diese Darstellung dient heuristischen<br />

Zwecken; in der Lebenswirklichkeit wird man es<br />

in der Regel eher mit gemischten individuellen Strategien<br />

und hybriden Kollektivlösungen zu tun haben. In<br />

Einzelfällen erfolgt auch ein Rückgriff auf historische<br />

Pioniere des Wandels, die bereits in der Vergangenheit<br />

<strong>eine</strong>n entscheidenden Beitrag zur angestrebten <strong>Transformation</strong><br />

leisteten.<br />

In den Bereichen Urbanisierung und Landnutzung<br />

werden diese „Steckbriefe“ in ein Narrativ eingebaut,<br />

das dem oben vorgestellten Innovations- bzw. Produktionszyklus<br />

entspricht (Kap. 6.2). Damit sollen<br />

Geschichten erzählt werden (Nünning und Nünning,<br />

2002; Fuchs, 2009; Thier, 2010), die von <strong>eine</strong>r frühen,<br />

anfangs meist marginalen Innovationsidee über erste<br />

Konkretisierungen und Vergemeinschaftungen (Weber,<br />

1984) bis zur generellen Habitualisierung (Bourdieu,<br />

1987; Elias, 1987; Veblen, 2007) reichen. Nicht alle<br />

„Rollen“ aus dem Innovations- und Produktionszyklus<br />

sind in den jeweiligen Narrativen zu den Bereichen<br />

„Stadtentwicklung“ und „Landnutzung“ besetzt; in<br />

Abbildung 6.3-1 werden aber die konkreten Beispiele<br />

noch einmal als Synopse zusammengeführt.<br />

6.3.2<br />

Beispiele für erfolgreiche lokale Klima- und<br />

Nachhaltigkeitsinitiativen (Angebotsseite)<br />

6.3.2.1<br />

Energieversorgung<br />

Die „Stromrebellen“ aus Schönau im Schwarzwald bilden<br />

den auf den ersten Blick unwahrscheinlichen Fall<br />

<strong>eine</strong>r ursprünglich privaten und kleinräumigen Initiative<br />

von Stromproduzenten, die vor der Liberalisierung<br />

des Strommarktes 1998 begann, mit den Mitteln<br />

der Wind- und Solarenergie, später der Kraft-Wärme-<br />

Kopplung und der Biomasse, selbst Energie zu produzieren.<br />

Die Kundenzahl hat sich innerhalb der letzten<br />

Jahre vervielfacht und inzwischen versorgen die<br />

Elektrizitätswerke Schönau (EWS) über 100.000 Privatkunden,<br />

Betriebe und Industrieunternehmen im<br />

ganzen Bundesgebiet mit Strom. Sie zählen damit zu<br />

den größten ökologischen Stromanbietern in Deutschland.<br />

Die EWS investieren ihre Gewinne in den Ausbau<br />

<strong>eine</strong>r nachhaltigen Energieversorgung und fördern<br />

darüber hinaus mit Hilfe <strong>eine</strong>s Anteils an ihrem Strompreis,<br />

dem „Sonnen-Cent“, auf Antrag kl<strong>eine</strong> Stromerzeugungsanlagen<br />

– also etwa Kraft-Wärme-Heizungen<br />

oder Biogasanlagen. Auf diese Weise konnten bis<br />

heute mehr als 3.000 kl<strong>eine</strong> Ökokraftwerke installiert<br />

werden. Allein durch diese direkt geförderten Kraftwerke<br />

werden jährlich mehr als 10.000 t CO 2 eingespart.<br />

Aus <strong>eine</strong>r kl<strong>eine</strong>n lokalen Initiative nur einiger<br />

weniger Personen entwickelte sich binnen kurzer Zeit<br />

<strong>eine</strong> sozial, wirtschaftlich und energiepolitisch beeindruckende<br />

Dynamik, die immer mehr Akteure einbezog<br />

und <strong>eine</strong>n Veränderungsimpuls mit wachsender Reichweite<br />

erzeugte (Leggewie und Welzer, 2009).<br />

Ganz ähnlich operiert die Solarcomplex AG in Singen,<br />

die sich zum Ziel gesetzt hat, die Energieversorgung<br />

im Bodenseeraum bis zum Jahr 2030 vollständig auf<br />

erneuerbare Energien umzustellen. Die Solarcomplex<br />

AG wurde erst im Jahr 2000 von etwa 20 Bürgerin-<br />

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