Gesellschaftsvertrag für eine GroÃe Transformation - Erfolgsfaktoren ...
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Emissionen<br />
Emissionen<br />
1 Welt im Wandel<br />
Kasten 1-2<br />
Industrieller Metabolismus: Das Konzept des<br />
gesellschaftlichen Stoffwechsels<br />
Haushaltsmüll ist ein für den Verbraucher augenscheinliches<br />
Resultat modernen Lebens. Ein Bewohner mit typischem<br />
Lebensstil in <strong>eine</strong>m Industrieland verursacht davon jedes Jahr<br />
etwa 400–600 kg, ein Großteil davon entsteht durch Verpackungen<br />
von Konsumgütern wie etwa Lebensmitteln. Über<br />
die umweltgerechte Entsorgung dieser Abfälle gibt es <strong>eine</strong><br />
rege gesellschaftliche Debatte. Weniger offensichtlich für<br />
den Konsumenten sind hingegen die in den Vorläuferstadien<br />
der Produktion („upstream“ im Lebenszyklus) anfallenden<br />
Umweltwirkungen (Abb. 1-1).<br />
Diese umfassen in Summe oft ein Vielfaches des für<br />
den Konsumenten letztendlich als Hausmüll erkennbaren<br />
Ressourcenaufwands. Um etwa <strong>eine</strong> Getränkedose mit<br />
Fruchtsaft aus Aluminium herzustellen, müssen Bauxit abgebaut<br />
und Elektrizität für die Schmelzelektrolyse produziert,<br />
es werden Beschichtungen aus Erdölprodukten und Verpackungen<br />
erzeugt usw. Alle Vorleistungen und Prozesse sind<br />
zudem durch Transportnetzwerke verbunden, die ihrerseits<br />
ressourcen intensiv sind. Obstproduktion, Getränkeherstellung,<br />
Kühlketten und Verteilung durch den Einzelhandel<br />
bis zum Konsumenten tragen ebenfalls zu den Umweltwirkungen<br />
bei. Methoden der Prozesskettenanalyse (Life Cycle<br />
Assessment) wurden entwickelt, um über den gesamten<br />
Lebenszyklus <strong>eine</strong>s Produkts, „cradle to grave“, also „von der<br />
Wiege bis zur Bahre“, Umweltwirkungen abzubilden. Dieser<br />
strategische Ansatz der Umweltberichterstattung ermöglicht<br />
es zu vergleichen, wie z. B. die Einführung <strong>eine</strong>r Kreislaufwirtschaft,<br />
bei der „cradle to cradle“ immer wieder die gleichen<br />
Materialressourcen genutzt werden, im Vergleich zu<br />
konventioneller „linearer“ Ressourcennutzung abschneidet.<br />
Darüber hinaus ermöglicht er die Verbindung von Konsummustern<br />
zu Produktionsprozessen und Ressourcenverbrauch<br />
herzustellen sowie alternative Handlungsoptionen aufzuzeigen<br />
(UNEP, 2010c).<br />
Auch auf höherer Aggregationsebene lässt sich z. B. für<br />
einzelne industrielle Sektoren, Regionen oder Länder sowie<br />
auf der globalen Ebene der kumulative gesellschaftlichindustrielle<br />
Stoffwechsel beschreiben (Ayres und Simonis,<br />
1994; Abb. 1-2). Die durch gesellschaftliche Aktivität organisierte<br />
Anthroposphäre wird in dieser Darstellung als eigener<br />
Bestandteil der globalen Biosphäre verstanden. Umweltwirkungen<br />
können mit dieser Sichtweise nicht nur auf der<br />
Umweltbereich<br />
Emissionen<br />
Energie<br />
Wirtschaftsbereich<br />
Materialie n<br />
Materialverbrauch<br />
Emissionen<br />
Abfall<br />
Abfall<br />
Recycling<br />
Produktion Emissionen<br />
Abbildung 1-1<br />
Industrieller Metabolismus: Schematische Darstellung von<br />
Materialverbrauch, Produktion, Konsum und Emissionen.<br />
Quelle: nach EEA, 2010a<br />
Output-Seite (als Überlastung der Absorptionsfähigkeit der<br />
Umweltsysteme, z. B. durch nährstoffreiche Abwässer, Treibhausgase<br />
usw.) beschrieben werden, sondern auch auf der<br />
Input-Seite als Ressourcenknappheit, Übernutzung erneuerbarer<br />
oder nicht erneuerbarer Quellen.<br />
Ein typischer Bewohner <strong>eine</strong>s Industrielands verbraucht<br />
in dieser Sichtweise jährlich unmittelbar etwa 10–20 t an<br />
Material (ohne Berücksichtigung von Wasser und Luft, sowie<br />
der indirekten Materialnutzung, z. B. durch induzierte Bodenerosion),<br />
um das eigene Leben und jenes der Nutztiere sowie<br />
die technische Infrastruktur (Investitionsgüter, Gebrauchsgüter,<br />
Gebäude, Transportnetze usw.) zu erhalten. Diese<br />
Materialflüsse bestehen in Industrieländern zu je etwa <strong>eine</strong>m<br />
Drittel aus fossilen Energieträgern, aus Biomasse (Nahrung,<br />
Futtermittel, Holz und Faserstoffe) sowie aus mineralischen<br />
Ressourcen (Bau und Industriemineralien). Analog zum biologischen<br />
Konzept des Stoffwechsels (Metabolismus) lässt<br />
sich dieser Gesamtprozess als energetischer Vorgang sowie in<br />
Form von Materialbilanzen darstellen (Eingänge = Ausgänge<br />
+ netto Bestandsänderungen). Outputs können je nach<br />
Zielmedium unterschieden werden: in die Atmosphäre (wie<br />
etwa Treibhausgase, Staub oder Aerosole), in die Böden bzw.<br />
Geosphäre (etwa als Deponie) oder in die Hydrosphäre (als<br />
Reuse<br />
Recovery<br />
Konsum<br />
Produkte<br />
Service<br />
Emissionen<br />
Emissionen<br />
Abbildung 1-2<br />
Sozioökonomischer<br />
Metabolismus als Teilmenge<br />
der globalen Umwelt.<br />
Quelle: nach Odum, 1971<br />
Globale Umwelt<br />
Energie<br />
+<br />
Material<br />
(Ressourcen)<br />
Gesellschaftlicher/<br />
Industrieller<br />
Metabolismus<br />
Material<br />
(Abfall)<br />
+<br />
Energie<br />
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