Migration und Gesundheit - BITV-Test
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<strong>Migration</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />
Ges<strong>und</strong>heit von älteren Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />
5.3.6 (Frühere) Arbeitsbedingungen<br />
Besonders Arbeitsmigrantinnen <strong>und</strong> -migranten<br />
der ersten Generation waren in ihren Berufen hohen<br />
ges<strong>und</strong>heitsgefährdenden Belastungen ausgesetzt.<br />
Sie verrichteten oft schwere körperliche<br />
Arbeit, es gab schädigende Einflüsse, wie Lärm<br />
<strong>und</strong> Giftstoffe, <strong>und</strong> sie arbeiteten in Akkord- <strong>und</strong><br />
Schichtarbeit [28]. Um ihr wirtschaftliches <strong>Migration</strong>sziel<br />
zu erreichen, nahmen Arbeitsmigrantinnen<br />
<strong>und</strong> -migranten oftmals zahlreiche Überst<strong>und</strong>en in<br />
Kauf. Zusätzlich fehlten Regenerationsmöglichkeiten<br />
aufgr<strong>und</strong> der schlechten Wohnbedingungen<br />
<strong>und</strong> fehlender ökonomischer <strong>und</strong> sozialer Ressourcen.<br />
Wegen mangelhafter Deutschkenntnisse, geringer<br />
beruflicher Qualifikation <strong>und</strong> zu geringem<br />
Interesse der Arbeitgeber an der Ges<strong>und</strong>heit der<br />
Arbeitsmigrantinnen <strong>und</strong> -migranten bestanden<br />
Informationsdefizite hinsichtlich richtiger Arbeitstechniken<br />
<strong>und</strong> Sicherheitsmaßnahmen [28].<br />
5.4 Ges<strong>und</strong>heitszustand<br />
Zum objektiven Ges<strong>und</strong>heitszustand älterer Menschen<br />
mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> liegen keine<br />
repräsentativen Daten vor. Verschiedene Untersuchungen<br />
lassen eine hohe Prävalenz chronischer<br />
Krankheitsbilder vermuten [8]. Die nach<br />
Deutschland gekommenen Arbeitsmigrantinnen<br />
<strong>und</strong> -migranten waren zwar aufgr<strong>und</strong> von Auswahleffekten<br />
zunächst gesünder als die deutsche<br />
Bevölkerung (»Healthy-migrant«-Effekt), doch<br />
hat dieser Effekt im Laufe der Zeit abgenommen<br />
[29, 30]. In den Unterkapiteln 5.3 <strong>und</strong> 2.3 sowie im<br />
Kapitel 3 wurden besondere Belastungen in der<br />
Lebenslage deutlich. Im Vergleich zu Menschen<br />
ohne <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> liegen bei Menschen<br />
mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> durchschnittlich ungünstigere<br />
Lebens- <strong>und</strong> Arbeitsbedingungen vor,<br />
die sich negativ auf die Ges<strong>und</strong>heit auswirken<br />
können [31]. So kann von hohen (psychischen)<br />
Belastungen durch migrationsbedingte sozioökonomische<br />
Unsicherheiten, wie unsicherer Aufenthaltsstatus,<br />
ungünstige Arbeitsbedingungen<br />
oder Arbeitslosigkeit, geringere finanzielle Ressourcen<br />
<strong>und</strong> Trennung von Familienangehörigen<br />
ausgegangen werden. Dadurch ist bei Menschen<br />
mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> mit einem erhöhten<br />
Krankheitsrisiko im Alter zu rechnen [28].<br />
Die Daten des Mikrozensus 2005 zeigen,<br />
dass Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> in den<br />
Altersgruppen unter 45 Jahren in den letzten vier<br />
Wochen vor der Befragung seltener krank waren<br />
als Menschen ohne <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> (siehe<br />
Abschnitt 3.2.3). Dies ändert sich jedoch in den<br />
höheren Altersgruppen. In der Altersgruppe der<br />
45- bis 64-Jährigen weisen Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />
einen höheren Krankenstand auf<br />
als Menschen ohne <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> (14,4 %<br />
vs. 11,7 %). In der Altersgruppe 65 Jahre <strong>und</strong> älter<br />
steigt der Krankenstand auf 22,5 % bei Menschen<br />
mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> versus 21,3 % bei<br />
Menschen ohne <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong>. Männer<br />
dieser Altersgruppe weisen stets eine niedrigere<br />
Krankenquote als Frauen auf (21,0 % vs. 24,0 %<br />
bei Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />
20,1 % vs. 22,2 % bei Menschen ohne <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong>)<br />
[9].<br />
Eine vergleichende Befragung in Hamburg<br />
weist ein höheres Vorkommen altersbedingter<br />
Krankheiten bei 55-jährigen <strong>und</strong> älteren ausländischen<br />
Staatsangehörigen im Vergleich zur 60-jährigen<br />
<strong>und</strong> älteren deutschen Bevölkerung aus,<br />
obwohl der Altersdurchschnitt bei den befragten<br />
Deutschen höher war [32]. Insgesamt 1.037 Ausländerinnen<br />
<strong>und</strong> Ausländer (384 Frauen <strong>und</strong> 644<br />
Männer; bei 9 Personen fehlte die Angabe zum<br />
Geschlecht) wurden befragt. Sie stammten aus<br />
der Türkei (mit 477 Personen die größte Gruppe),<br />
dem ehemaligen Jugoslawien, Italien, Portugal,<br />
Polen <strong>und</strong> dem Iran. Wegen Krankheit in ärztlicher<br />
Behandlung waren 62,6 % der befragten<br />
ausländischen Staatsangehörigen (Frauen 64,6 %,<br />
Männer 61,5 %), aber nur 46,5 % der befragten<br />
1.410 Deutschen. Am häufigsten in Behandlung<br />
waren die türkischen Staatsangehörigen (76,7 %),<br />
am seltensten die italienischen Staatsangehörigen<br />
(29,8 %). Auf die Frage nach der Art der Erkrankung<br />
als Behandlungsgr<strong>und</strong> wurden von den<br />
ausländischen Staatsangehörigen am häufigsten<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankungen <strong>und</strong> Rheuma genannt.<br />
Im Vergleich mit den Deutschen wurden<br />
fast alle Erkrankungen häufiger angegeben (vgl.<br />
Abbildung 5.4.1).<br />
In der Hamburger Studie wurde außerdem<br />
nach psychischen Problemen gefragt. Die<br />
Symptome Schlaflosigkeit, Vergesslichkeit <strong>und</strong><br />
Gereiztheit wurden von den ausländischen Befragten<br />
wesentlich häufiger berichtet als von den