Migration und Gesundheit - BITV-Test
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Ges<strong>und</strong>heitliche Lage <strong>und</strong> migrationsspezifische Belastungen <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit 41<br />
Herkunft an den in Deutschland diagnostizierten<br />
HIV-Infizierten im Laufe der Jahre entwickelt<br />
hat, lässt sich aufgr<strong>und</strong> methodischer Probleme<br />
nicht genau beziffern.<br />
Im Hinblick auf ein möglicherweise bestehendes<br />
spezielles Infektionsrisiko wird im Rahmen der<br />
Meldung von HIV-Neudiagnosen auch erhoben, ob<br />
die gemeldete Person aus einem Hochprävalenzland<br />
(HPL; über 1 % der Allgemeinbevölkerung ist<br />
HIV-infiziert) stammt. Der Anteil der Personen<br />
aus HPL an den HIV-Neudiagnosen sank vom Jahr<br />
2002 an kontinuierlich von 20,4 % auf 11,7 % im<br />
Jahr 2006. Dies ist hauptsächlich auf einen Anstieg<br />
der Gesamtzahl der HIV-Neudiagnosen in diesem<br />
Zeitraum zurückzuführen, der vorwiegend in der<br />
Risikogruppe von Männern stattfand, die Sex mit<br />
Männern haben (MSM). Die absoluten Zahlen von<br />
Neudiagnosen bei Personen aus HPL bewegen sich<br />
auf annähernd gleich bleibendem Niveau von etwa<br />
350 Fällen pro Jahr. Mit Blick auf alle im Jahr 2006<br />
in Deutschland lebenden Personen mit HIV/AIDS<br />
(geschätzte 56.000 Personen [33]) betrug der Anteil<br />
von Personen aus HPL ca. 13,4 %.<br />
Bei der Einschätzung der HIV-Neudiagnosen<br />
bei Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> ist zu<br />
berücksichtigen, dass sie möglicherweise nicht<br />
in gleichem Maße wie Deutsche ohne <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />
Zugang zur HIV-<strong>Test</strong>ung haben<br />
bzw. Gebrauch von dieser machen. Gründe dafür<br />
können kulturelle Unterschiede im Krankheits<strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heitsverhalten sowie spezifische<br />
Muster der Inanspruchnahme medizinischer<br />
Leistungen sein. Aufgr<strong>und</strong> dessen ist anzunehmen,<br />
dass ein Teil der Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />
erst in fortgeschrittenem Erkrankungsstadium<br />
von ihrer HIV-Infektion erfährt.<br />
Obwohl die Mehrzahl der HIV-Infektionen bei<br />
Personen aus HPL mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
in den Herkunftsländern erworben wurde, werden<br />
auch in Deutschland in dieser Gruppe neue<br />
HIV-Infektionen in einer unbekannten Größenordnung<br />
übertragen. Unbekannt ist auch, wie<br />
groß der Anteil der in Deutschland mit HIV diagnostizierten<br />
Personen ausländischer Herkunft<br />
ist, die Deutschland nach ihrer HIV-Diagnose<br />
wieder verlassen.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> der berichteten Daten<br />
steht die HIV/AIDS-Prävention vor der Aufgabe,<br />
Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> intensiver<br />
über die Präventions- <strong>und</strong> Therapiemöglichkeiten<br />
von HIV <strong>und</strong> AIDS zu informieren <strong>und</strong> präventive<br />
Angebote auf primärer wie sek<strong>und</strong>ärer Ebene auf<br />
ihre speziellen Bedürfnisse abzustimmen.<br />
Hepatitis B<br />
Die virusbedingte Leberentzündung (Hepatitis)<br />
vom Typ B wird durch Blut <strong>und</strong> andere Körperflüssigkeiten<br />
übertragen <strong>und</strong> kann zu chronischen<br />
Verläufen sowie zu Leberkrebs führen. In<br />
Deutschland haben 5 % bis 8 % der Gesamtbevölkerung<br />
eine Hepatitis-B-Infektion durchgemacht,<br />
0,4 % bis 0,8 % sind Virusträger. In vielen Herkunftsländern<br />
von zugewanderten Personen ist<br />
die Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus stärker<br />
verbreitet [34]. Insgesamt ist davon auszugehen,<br />
dass die an das Robert Koch-Institut gemeldeten<br />
Neuerkrankungen eine Untererfassung darstellen,<br />
weil die Erkrankung symptomarm verlaufen<br />
kann. Laborwerte aus größeren Studien (seroepidemiologische<br />
Daten) als Basis für Aussagen zur<br />
Prävalenz in einzelnen Bevölkerungsgruppen<br />
stehen in Deutschland nicht zur Verfügung. Aufgr<strong>und</strong><br />
der höheren Hepatitisrisiken in den Herkunftsländern<br />
von (Spät-)Aussiedlerinnen <strong>und</strong><br />
(Spät-)Aussiedlern sowie anderen zugewanderten<br />
Personen liegt es nahe, von einem überproportionalen<br />
Anteil dieser Gruppen an den infizierten<br />
Personen insgesamt auszugehen [35].<br />
Helicobacter pylori<br />
Eine Infektion mit dem Bakterium Helicobacter<br />
pylori (H. pylori) führt zu chronischer Magenentzündung<br />
(Gastritis), zu Geschwürsbildungen<br />
(Ulkuserkrankungen) <strong>und</strong> ist mit Krebserkrankungen<br />
des Magens assoziiert. Die Prävalenz der<br />
Infektion bei Erwachsenen weist weltweit je nach<br />
Hygienestatus erhebliche Schwankungen auf. In<br />
manchen weniger entwickelten Ländern sind über<br />
80 % der Erwachsenen mit H. pylori infiziert [36]. In<br />
Deutschland fanden Rothenbacher et al. 1996 <strong>und</strong><br />
1997 in Ulm unter türkischen Vorschulkindern<br />
<strong>und</strong> solchen aus osteuropäischen Ländern eine<br />
H. pylori-Prävalenz von über 40 %. Ihre Eltern wiesen<br />
noch wesentlich höhere Prävalenzwerte auf<br />
(55 % bis 86 %). Die Prävalenz bei deutschen Kindern<br />
lag hingegen deutlich niedriger (5 % bis 6 %),<br />
bei den deutschen Eltern betrug sie ca. ein Viertel<br />
[37]. Somit muss in betroffenen Gruppen mit einer<br />
erhöhten Erkrankungshäufigkeit für Gastritis <strong>und</strong><br />
Magenkrebs gerechnet werden.