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Migration und Gesundheit - BITV-Test

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Ges<strong>und</strong>heitsversorgung für Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit 117<br />

terschied zu der sonst üblichen Abstinenzregel<br />

können drängende soziale <strong>und</strong> ausländerrechtliche<br />

Probleme nicht aus dem therapeutischen<br />

Raum verbannt werden. Psychotherapeutische<br />

Behandlungseinrichtungen können diesen speziellen<br />

Anforderungen besonders dann Rechnung<br />

tragen, wenn sie über eine qualifizierte Sozialabteilung<br />

verfügen.<br />

In der Suchthilfe existieren einzelne qualitativ<br />

hochstehende Einrichtungen mit interkulturellen<br />

Konzepten oder entsprechenden präventiven<br />

Angeboten. Allerdings ist die Anzahl der Einrichtungen,<br />

die sich explizit an Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

wenden, außerordentlich gering.<br />

Im Jahr 2000 waren es im gesamten B<strong>und</strong>esgebiet<br />

lediglich 38 von ca. 1.300 Einrichtungen der Drogenhilfe<br />

[42]. Die Angst vor aufenthaltsrechtlichen<br />

Konsequenzen bei Drogenabhängigkeit <strong>und</strong> Beschaffungskriminalität<br />

stellt eine hohe Schwelle bei<br />

der Inanspruchnahme von Hilfe dar. Gleichzeitig ist<br />

der akzeptanzorientierte Ansatz der deutschen Drogenhilfe<br />

für Menschen mit Mig rationshintergr<strong>und</strong><br />

schwer nachvollziehbar <strong>und</strong> wird möglicherweise<br />

sogar von den Betroffenen selbst abgelehnt, wenn<br />

sie aus ihren Herkunftsgesellschaften ein eher repressives<br />

<strong>und</strong> autoritäres Vorgehen kennen. Der<br />

Einsatz von Therapeuten <strong>und</strong> »Streetworkern« mit<br />

ähnlichem <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> entsprechenden<br />

Sprachkenntnissen kann entscheidend<br />

für den Aufbau des Vertrauens <strong>und</strong> Verständnisses<br />

sein, welche für die Inanspruchnahme von Hilfeleistungen<br />

<strong>und</strong> die Vermeidung von Therapieabbrüchen<br />

nötig sind [43].<br />

6.5 Hilfen für Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus<br />

In Deutschland hat jeder Mensch ein Recht auf<br />

eine medizinische Notversorgung. Die tatsächliche<br />

Nutzung dieses Rechtes stellt allerdings für<br />

Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus ein<br />

Problem dar, da sie Gefahr laufen, durch die Inanspruchnahme<br />

ihre »Illegalität« preiszugeben<br />

(siehe Abschnitt 3.4.4). In § 4 in Verbindung<br />

mit § 1 Abs. 1 Nr. 5 Asylbewerberleistungsgesetz<br />

(AsylbLG) ist der Anspruch auf Versorgung für<br />

Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus festgeschrieben.<br />

Hier stellt sich allerdings wiederum das<br />

Problem der Meldepflicht.<br />

Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus<br />

können auf verschiedenen Wegen Zugang zur<br />

medizinischen Versorgung erhalten [44]:<br />

▶ Sie sind Mitglied einer gesetzlichen oder privaten<br />

Krankenversicherung im Herkunftsland,<br />

welche für medizinische Behandlungen in<br />

Deutschland aufkommt. Nachteil einer privaten<br />

Absicherung dieser Art ist, dass dieser<br />

Versicherungsschutz häufig sehr teuer ist <strong>und</strong><br />

nicht alle Ges<strong>und</strong>heitsrisiken abdeckt. Arbeitsunfälle<br />

<strong>und</strong> Schwangerschaftsbegleitung sind<br />

bei diesen Versicherungen häufig ausgeschlossen.<br />

▶ Pendler <strong>und</strong> Personen ohne rechtlich gesicherten<br />

Aufenthaltsstatus aus Nachbarstaaten (sog.<br />

»illegal« Aufhältige) nutzen häufig die Ges<strong>und</strong>heitsversorgung<br />

ihres Herkunftslandes.<br />

▶ In einigen Großstädten, wie z. B. Berlin, Bremen,<br />

Frankfurt/M., Freiburg i. Br. <strong>und</strong> Hamburg,<br />

existieren informelle Netzwerke zur<br />

Ges<strong>und</strong>heitsversorgung von Menschen ohne<br />

legalen Aufenthaltsstatus. In diesen privaten<br />

Initiativen bieten meist Ärztinnen <strong>und</strong> Ärzte,<br />

Sozialarbeiterinnen <strong>und</strong> Sozialarbeiter, Hebammen,<br />

Dolmetscherinnen <strong>und</strong> Dolmetscher<br />

ehrenamtlich <strong>und</strong> kostenlos ihre Hilfen im Bereich<br />

der ambulanten Ges<strong>und</strong>heitsversorgung<br />

an. Solche Initiativen können aber bei weitem<br />

nicht das gesamte medizinische Spektrum<br />

abdecken.<br />

▶ Es besteht die Möglichkeit, öffentliche Institutionen,<br />

wie z. B. Sozialamt oder Ges<strong>und</strong>heitsämter,<br />

in Anspruch zu nehmen. Allerdings<br />

unterliegen öffentliche Stellen einer Mitteilungsverpflichtung,<br />

wenn ihnen ein illegaler<br />

Aufenthalt in Deutschland bekannt wird<br />

[45, 46].<br />

▶ Bei entsprechender medizinischer Indikation<br />

sind Krankenhäuser gr<strong>und</strong>sätzlich dazu verpflichtet,<br />

jeden Menschen aufzunehmen <strong>und</strong><br />

die benötigte Behandlung zu gewährleisten.<br />

Für Krankenhäuser besteht keine Meldeverpflichtung.<br />

Allerdings versuchen deren Verwaltungen,<br />

Patientendaten festzuhalten, um<br />

die entstandenen Kosten von den zuständigen<br />

Sozialbehörden zurückerstattet zu bekommen.<br />

Die Sozialbehörden wiederum sind zur Mitteilung<br />

eines illegalen Aufenthaltes verpflichtet<br />

[47].

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