Migration und Gesundheit - BITV-Test
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<strong>Migration</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />
Ges<strong>und</strong>heit von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />
4.3.4 Tuberkulose<br />
4.3.5 Erbliche Erkrankungen<br />
Seit der Einführung des Infektionsschutzgesetzes<br />
im Januar 2001 werden für jeden Tuberkulosefall<br />
epidemiologisch relevante Merkmale erfasst <strong>und</strong><br />
vom Ges<strong>und</strong>heitsamt anonymisiert an die jeweilige<br />
Landesstelle <strong>und</strong> das Robert Koch-Institut<br />
übermittelt. Die jährlich erscheinenden Berichte<br />
geben Aufschluss über die Verbreitung, Ursachen<br />
<strong>und</strong> Folgen (Epidemiologie) der Tuberkulose in<br />
Deutschland <strong>und</strong> beinhalten u. a. eine differenzierte<br />
Betrachtung nach Altersgruppen, Staatsangehörigkeit<br />
<strong>und</strong> Geburtsland [23, 24]. Das Risiko,<br />
an einer Tuberkulose zu erkranken, war für<br />
Kinder mit ausländischer Staatsangehörigkeit im<br />
Jahre 2004 deutlich höher als bei deutschen Kindern.<br />
Diese Differenz fällt weitaus deutlicher aus<br />
als im Erwachsenenalter. Mit einer Inzidenz (Anzahl<br />
der Neuerkrankungen) von 21,7 pro 100.000<br />
sind im Kindesalter die unter 5-jährigen Ausländerinnen<br />
<strong>und</strong> Ausländer am häufigsten von einer<br />
Neuerkrankung betroffen. Die Inzidenz bei Deutschen<br />
in der gleichen Altersgruppe liegt bei 2,8<br />
pro 100.000. Bei den 5- bis 9-Jährigen betrug die<br />
Inzidenz der ausländischen Kinder 9,2; bei den<br />
10- bis 14-Jährigen 4,6 je 100.000 gleichaltrige Kinder<br />
(Tabelle 4.3.4.1). Ein Teil der 2004 erkrankten<br />
Kinder mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit<br />
wurde in Deutschland geboren. Das verdeutlicht,<br />
dass ein erhöhtes Erkrankungsrisiko auch nach<br />
der <strong>Migration</strong> für die zweite Einwanderergeneration<br />
bestehen bleibt.<br />
Tabelle 4.3.4.1<br />
Tuberkulose bei Kindern, Anzahl der Neuerkrankungen <strong>und</strong> Neuerkrankungen<br />
je 100.000 (Inzidenz), nach Altersgruppe <strong>und</strong> Staatsangehörigkeit, 2004<br />
Quelle: Robert Koch-Institut 2006 [24]<br />
Einige genetische Krankheiten treten gehäuft in<br />
Populationen aus bestimmten geografischen Regionen<br />
auf. Das häufigere Auftreten kann Ausdruck<br />
einer besseren Anpassung an lokale Umweltbedingungen<br />
sein. So verbreiteten sich Hämoglobin-<br />
S-Mutationen, die zu einer Sichelzellenanämie<br />
(Erkrankung mit Durchblutungsstörungen <strong>und</strong><br />
Organschäden als Folge einer Verformung <strong>und</strong><br />
Funktionsstörung der roten Blutkörperchen) führen<br />
können, vorzugsweise in tropischen Regionen<br />
Afrikas, im Mittleren Osten <strong>und</strong> im Mittelmeerraum<br />
(Sizilien, Südost-Türkei, Griechenland), wo<br />
auch Malaria häufig vorkommt bzw. vorkam. Die<br />
Mutation geht mit einem Überlebensvorteil ihrer<br />
Anlageträger gegenüber Malaria einher. Etwa 4<br />
Mio. der in Deutschland lebenden ausländischen<br />
Staatsangehörigen stammen aus Ländern, in denen<br />
Sichelzellerkrankungen auftreten [25, 26].<br />
Derzeit leben ca. 500 Sichelzellpatientinnen <strong>und</strong><br />
-patienten aus der Türkei, Süditalien, Griechenland,<br />
dem Mittleren Osten, Nord- <strong>und</strong> Zentralafrika<br />
sowie Asien in Deutschland [27]. Zwei Drittel<br />
von ihnen sind Kinder. Die Lebenserwartung der<br />
Patientinnen <strong>und</strong> Patienten hat sich deutlich verlängert,<br />
vorausgesetzt, die Krankheit wird nach<br />
neuestem medizinischen Stand behandelt. Aufgr<strong>und</strong><br />
des seltenen Auftretens in Deutschland<br />
bestehen allerdings Diagnoseprobleme. Erschwerend<br />
wirkt weiterhin für einen Teil vor allem der<br />
afrikanischen Sichelzellpatientinnen <strong>und</strong> -patienten,<br />
dass sie mit ungesichertem Aufenthaltsstatus<br />
<strong>und</strong> den damit verknüpften sozialen <strong>und</strong> psychischen<br />
Konsequenzen in Deutschland leben.<br />
Altersgruppe Anzahl Inzidenz<br />
gesamt Deutschland Ausland unbekannte<br />
Staatsangeh.<br />
gesamt Deutschland Ausland Faktor<br />
< 5 Jahre 149 97 46 6 4,1 2,8 21,7 7,7<br />
5 – 9 Jahre 70 30 39 1 1,8 0,8 9,2 10,9<br />
10 – 14 Jahre 50 25 20 5 1,2 0,6 4,6 7,0<br />
alle 269 152 105 12 2,3 1,3 9,8 7,7