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Migration und Gesundheit - BITV-Test

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Ges<strong>und</strong>heitliche Lage <strong>und</strong> migrationsspezifische Belastungen <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit 57<br />

das höhere inländische Niveau lässt Rückschlüsse<br />

auf das Potenzial für Suchterkrankungen zu.<br />

Spezifischere Hinweise auf das Risiko von<br />

alkoholbedingten Suchterkrankungen kann man<br />

aus Diagnosen der stationären Rehabilitation<br />

gewinnen. Eine Auswertung von Daten zur Teilnahme<br />

an der Rehabilitation für das Jahr 2000 in<br />

Nordrhein-Westfalen zeigt, dass bei den Männern<br />

ausländische Staatsangehörige im Vergleich zu<br />

Deutschen seltener wegen Alkoholfolgen (ICD-10:<br />

F10), aber häufiger wegen Erkrankungen in Folge<br />

des Gebrauchs psychotroper Substanzen (ICD-10:<br />

F11–19) an einer Rehabilitationsmaßnahme teilnehmen<br />

(bei Berücksichtigung der unterschiedlichen<br />

Altersstruktur). Psychotrope Substanzen,<br />

z. B. Kokain, wirken auf das Nervensystem <strong>und</strong><br />

beeinflussen dadurch psychische Prozesse. Bei<br />

den Frauen werden ausländische Staatsangehörige<br />

seltener wegen Suchterkrankungen behandelt<br />

als Deutsche [73]. Eine Auswertung der Diagnoseverteilungen<br />

in einem psychiatrischen Landeskrankenhaus<br />

im Zeitraum 1990 bis 1996 (7.222<br />

deutsche <strong>und</strong> 287 (Spät-)Aussiedler-Patientinnen<br />

<strong>und</strong> -Patienten) zeigt für beide Gruppen gleiche<br />

Behandlungsanteile für Psychosen (ICD 9: 295,<br />

296, 303) <strong>und</strong> Alkoholabhängigkeit. Deutlich<br />

mehr (Spät-)Aussiedlerinnen <strong>und</strong> (Spät-)Aussiedler<br />

werden wegen Medikamenten- bzw. Drogenabhängigkeit<br />

behandelt (ICD 9: 303). Dabei ist<br />

besonders auffällig, dass die Drogenabhängigkeit<br />

vorwiegend junge Menschen betrifft, die erst nach<br />

der Übersiedlung nach Deutschland mit Drogen<br />

in Kontakt kommen <strong>und</strong> abhängig werden. Sie bilden<br />

auch in sozialer Hinsicht eine Problemgruppe:<br />

Die Hälfte dieser Patientinnen <strong>und</strong> Patienten<br />

hat keine abgeschlossene Berufsausbildung <strong>und</strong><br />

40 % sind erwerbslos [74].<br />

Konsum illegaler Drogen<br />

Zu den illegalen Drogen gehören in Deutschland<br />

neben Heroin, Kokain <strong>und</strong> den Amphetaminen<br />

auch Cannabis <strong>und</strong> Marihuana <strong>und</strong> die so genannten<br />

»Partydrogen« wie Ecstasy. Suchtpotenzial <strong>und</strong><br />

ges<strong>und</strong>heitliche Folgeschäden unterscheiden sich<br />

erheblich zwischen den verschiedenen Typen illegaler<br />

Drogen [75]. Die Untersuchung von Dill et<br />

al. [69] bei Münchener Berufsschülerinnen <strong>und</strong><br />

-schülern gibt Hinweise auf Unterschiede im Konsum<br />

zwischen Deutschen <strong>und</strong> Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong>.<br />

Deutsche Berufsschülerinnen<br />

<strong>und</strong> -schüler geben demnach häufiger an, illegale<br />

Drogen konsumiert zu haben als Berufsschülerinnen<br />

<strong>und</strong> -schüler mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong>. Bei<br />

Letzteren ist der größte Teil der regelmäßigen Konsumenten<br />

illegaler Drogen in Deutschland geboren<br />

<strong>und</strong> aufgewachsen (vgl. Tabelle 3.3.2.2). Im Unterschied<br />

zu deutschen Jugendlichen mit regelmäßigem<br />

Drogenkonsum leben solche mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

häufiger im Elternhaus <strong>und</strong> haben mit<br />

den Eltern keine auffällig schlechten Beziehungen.<br />

Dill et al. [69] interpretieren den Drogenkonsum<br />

deshalb auch eher als Ausdruck eines kulturellen<br />

Konflikts: Die Jugendlichen leben in jugendspezifischen<br />

Subkulturen <strong>und</strong> entfernen sich dadurch von<br />

ihrer Herkunftskultur, ohne dass ein konflikthaftes<br />

Verhältnis zu den Eltern als Motiv wirkt. Diese vor<br />

allem den kulturellen Konflikt betonende Interpretation<br />

wird allerdings dadurch in Frage gestellt,<br />

dass für die Therapieprognose auch andere soziale<br />

Faktoren eine zentrale Rolle spielen. So erweist sich<br />

z. B. eine intakte Familienstruktur als günstig; ungünstig<br />

hingegen ist der Zusammenhang mit der<br />

sozialen Desintegration, insbesondere einer fehlenden<br />

Ausbildung <strong>und</strong> Arbeitslosigkeit [76].<br />

Weitere Aussagen zum Konsum illegaler Drogen<br />

lassen sich aus der Kriminalitätsstatistik ableiten.<br />

Die Aussagekraft von Kriminalstatistiken für<br />

Tabelle 3.3.2.2<br />

Drogenerfahrung Münchner Berufsschüler im Alter 15 bis 24 Jahren nach Geschlecht<br />

<strong>und</strong> <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> (2.199 Männer, 3.415 Frauen)<br />

Anteil mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> insgesamt = 38,9 %<br />

Quelle: Dill et al. 2002 [69]<br />

Erfahrungen mit illegalen Drogen<br />

regelmäßiger Konsum illegaler Drogen<br />

Frauen Männer Frauen Männer<br />

Deutsche 37,5 % 43,2 % 11,2 % 20,3 %<br />

Migrantinnen/Migranten 18,8 % 24,1 % 5,2 % 15,5 %

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