Migration und Gesundheit - BITV-Test
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Ges<strong>und</strong>heit von älteren Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit 99<br />
Allerdings sind die prägenden kulturellen Konzepte<br />
nicht nur sehr heterogen, sie unterliegen<br />
zusätzlich ständigen Anpassungsreaktionen [22].<br />
Das kann von älteren Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />
als konfliktreich <strong>und</strong> belastend empf<strong>und</strong>en<br />
werden.<br />
5.3.4 Familiäre Situation<br />
Die Familie stellt für ältere Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />
potenziell eine wichtige Ressource<br />
dar [24]. In Familien mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />
gibt es häufig eine intensive gegenseitige<br />
Unterstützung <strong>und</strong> einen starken Zusammenhalt.<br />
Der sechste Familienbericht des B<strong>und</strong>esministeriums<br />
für Familie, Senioren, Frauen <strong>und</strong> Jugend<br />
(BMFSFJ) verweist auf die offenbar hohen Hilfspotenziale<br />
zwischen den Generationen. So hilft<br />
etwa die ältere Generation bei der Erziehung der<br />
Kinder <strong>und</strong> die jüngere bei der Pflege älterer Hilfsbedürftiger,<br />
wenn diese im gleichen Haushalt oder<br />
in der Nähe leben [8, 23].<br />
Gegenüber den älteren Deutschen ist ein<br />
größerer Anteil der älteren Ausländerinnen <strong>und</strong><br />
Ausländer verheiratet <strong>und</strong> wegen des insgesamt<br />
jüngeren Alters ein kleinerer Anteil verwitwet.<br />
Allerdings lebt ein vergleichsweise größerer Anteil<br />
der verheirateten ausländischen Staatsangehörigen<br />
von ihrer Ehepartnerin bzw. ihrem Ehepartner<br />
getrennt [23]. Die Anzahl der alleinstehenden älteren<br />
ausländischen Frauen wird in absehbarer Zeit<br />
deutlich zunehmen, da sie, wie auch die deutschen<br />
Frauen, eine höhere Lebenserwartung haben <strong>und</strong><br />
bei der Heirat oft jünger als ihr Partner waren.<br />
Der dritte Altenbericht des BMFSFJ weist<br />
auf die transnationalen Netzwerke älterer Ausländerinnen<br />
<strong>und</strong> Ausländer hin [23]. Viele leben<br />
von ihren Familienangehörigen getrennt, die im<br />
Herkunftsland geblieben oder wieder dorthin zurückgekehrt<br />
sind. Beziehungen ins Heimatland<br />
werden gerade im Alter besonders gepflegt [23].<br />
Aus dem Gefühl gegenseitiger Verpflichtung heraus<br />
werden Familienangehörige oft trotz eigener<br />
Armut unterstützt. Dies führt zu gegenseitigen<br />
Abhängigkeiten, die eine starke Belastung, aber<br />
auch eine große Hilfe bedeuten können [25].<br />
Durch diese Bindungen werden Rückkehr- <strong>und</strong><br />
Pendelmöglichkeiten gesichert <strong>und</strong> »grenzübergreifende<br />
Strukturen« geschaffen [19]. Gerade<br />
die ältere Generation von Menschen mit eigener<br />
<strong>Migration</strong>serfahrung zeigt eine erhöhte Mobilität<br />
[23]. Gr<strong>und</strong>voraussetzung für transnationale<br />
Bewegungsfreiheit ist allerdings ein sicherer Aufenthaltsstatus<br />
[8].<br />
5.3.5 Wohnsituation<br />
Da im Alter die Kontakte mit der Familie <strong>und</strong><br />
Angehörigen der eigenen Ethnie für die Lebenszufriedenheit<br />
<strong>und</strong> als Schutz vor Isolation wichtig<br />
sind, ist besonders bei eingeschränkter Mobilität<br />
die räumliche Nähe zu ethnischen Netzwerken<br />
von besonderer Bedeutung. Ein anderer wichtiger<br />
Aspekt sind nahe gelegene Einkaufsmöglichkeiten,<br />
medizinische Versorgung <strong>und</strong> öffentliche<br />
Verkehrsmittel. Deshalb ziehen ältere Menschen<br />
mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> oft nicht aus den<br />
städtischen Ballungsgebieten weg, die ihnen früher<br />
Arbeitsmöglichkeiten boten, auch wenn die<br />
sonstigen Wohnbedingungen dort schlechter bei<br />
oft höheren Preisen sind. Gerade für Ältere mit<br />
Mobilitätseinschränkungen können unzureichend<br />
ausgestattete Wohnungen, z. B. ein fehlender<br />
Fahrstuhl in mehrgeschossigen Häusern,<br />
ein großes Problem darstellen [3, 8, 26]. Während<br />
in der Anfangsphase der <strong>Migration</strong> die Wohnbedingungen<br />
der Arbeitsmigrantinnen <strong>und</strong> -migranten<br />
besonders ungünstig waren, hat sich die<br />
Wohnqualität inzwischen deutlich verbessert [27].<br />
Allerdings gibt es weiterhin deutliche Unterschiede<br />
in der Wohnsituation im Vergleich zur<br />
deutschen Bevölkerung. Beispielsweise ist die<br />
Wohnfläche pro Kopf bei Ausländerinnen <strong>und</strong><br />
Ausländern im Durchschnitt kleiner [4, 11, 28].<br />
Nach Daten des Mikrozensus lebten 2005<br />
32,4 % der 65-jährigen <strong>und</strong> älteren Menschen<br />
ohne <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> in Einpersonenhaushalten,<br />
dagegen 28,3 % der entsprechenden<br />
Altersgruppe mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong>. In<br />
Mehrpersonenhaushalten mit dem Haupteinkommensbezieher<br />
bzw. mit sonstigen Haushaltsangehörigen<br />
lebten 70,8 % der 65-jährigen <strong>und</strong> älteren<br />
Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> (ohne <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong>:<br />
64,0 %) [9].