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Migration und Gesundheit - BITV-Test

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74<br />

<strong>Migration</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Ges<strong>und</strong>heit von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

von Kranksein sein könnten. Dies trifft auch auf<br />

weitere, hier verwendete Datenquellen zu, z. B.<br />

die Befragungen im Rahmen des internationalen<br />

WHO-Jugendges<strong>und</strong>heitssurveys (HBSC). Diese<br />

Daten deuten in die gleiche Richtung: Kinder <strong>und</strong><br />

Jugendliche mit beidseitigem <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

leiden seltener (10,5 %) an einer chronischen<br />

Erkrankung oder Behinderung als Kinder<br />

<strong>und</strong> Jugendliche ohne <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

bzw. binationaler Herkunft (12,6 % bzw. 12,9 %).<br />

Deutliche Unterschiede zeigen sich zwischen den<br />

Herkunftsländern, aber bis auf eine Ausnahme<br />

(Marokko) liegen alle Länder in ihren Anteilen<br />

an chronisch Erkrankten bzw. Behinderten unter<br />

Deutschland (Abbildung 4.3.2.1). Eine mögliche<br />

Erklärung für eine niedrigere Erkrankungsrate ist<br />

das familiale Netzwerk von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong>, welches als<br />

ges<strong>und</strong>heitsfördernde Ressource <strong>und</strong> protektiver<br />

Faktor wirken <strong>und</strong> die soziale Benachteiligung dieser<br />

Personengruppe ausgleichen kann [16].<br />

4.3.3 Verletzungen<br />

Unfälle sind nicht nur häufigste Todesursache,<br />

Verletzungen durch Unfälle stehen außerdem<br />

im Krankheitsgeschehen der Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

nach vollendetem erstem Lebensjahr an<br />

erster Position [17]. Mikrozensusdaten bieten die<br />

Möglichkeit einer nach Staatsangehörigkeit differenzierenden<br />

Betrachtung der Unfallverletzungen.<br />

Die Analyse der Daten von 1995 erbrachte<br />

keine Unterschiede zwischen den Befragten deutscher<br />

<strong>und</strong> nichtdeutscher Staatsangehörigkeit [15].<br />

Die Fallzahlen von 2003 erweisen sich als zu gering,<br />

um Hochrechnungen für nichtdeutsche Kinder<br />

<strong>und</strong> Jugendliche vornehmen zu können. Hier<br />

macht sich wiederum die im Zuge des veränderten<br />

Staatsangehörigkeitsrechts geringer werdende<br />

Zahl von Kindern mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit<br />

bemerkbar. Einzelne unfallanalytische<br />

Forschungsarbeiten liefern dennoch Hinweise auf<br />

einen Zusammenhang zwischen <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> Unfallwahrscheinlichkeit. Neueren<br />

Zahlen aus Hamburg zufolge werden Kinder in<br />

dicht besiedelten Innenstadtteilen mit hohem<br />

Ausländeranteil häufiger Opfer von Verkehrsunfällen<br />

[18]. Ein bevölkerungsbezogenes Unfallmonitoring<br />

in einer deutschen Gemeinde ergab wei-<br />

terhin, dass die unfallbedingte Verletzungsrate bei<br />

den 5- bis 15-jährigen ausländischen Jungen fast<br />

doppelt so hoch <strong>und</strong> bei den unter 5-jährigen Jungen<br />

sogar 3,3-mal so hoch wie bei den deutschen<br />

Jungen war. Bei den Mädchen fiel diese Differenz<br />

ebenfalls deutlich, wenn auch nicht ganz so drastisch<br />

aus: das 2,3-fache bei den unter 5-jährigen<br />

<strong>und</strong> das 1,1-fache bei den 5- bis 15-jährigen Mädchen<br />

[19]. Erfasst wurden die verletzten Kinder<br />

in städtischen Kliniken <strong>und</strong> Notfallambulanzen.<br />

Obwohl Untersuchungen darauf hinweisen, dass<br />

Personen ausländischer Herkunft Notfallambulanzen<br />

tendenziell häufiger in Anspruch nehmen<br />

als Personen deutscher Herkunft [20, 21], schließen<br />

die Autoren aber eine alleinige Erklärung der<br />

erhöhten Verletzungsraten durch einen möglichen<br />

Einfluss dieses Faktors aus. Vielmehr wird<br />

auf analoge Ergebnisse in internationalen Studien<br />

verwiesen, in denen eine größere Gefährdung auf<br />

die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit<br />

sowie auf einen niedrigeren Sozialstatus zurückgeführt<br />

wird.<br />

Auch die ersten KiGGS-Ergebnisse zeigen<br />

höhere Verletzungsraten bei Jungen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

im Kleinkindalter. Im Vergleich<br />

zu ihren Altersgenossen (14,5 %) erlitten 19,8 %<br />

Verletzungen durch Unfälle. Mädchen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

weisen hingegen in allen Altersgruppen<br />

niedrigere Verletzungsraten auf als jene<br />

ohne <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> [22].<br />

Eine Analyse der Daten der WHO-Jugendges<strong>und</strong>heitsstudie<br />

2002 zeigt ebenfalls, dass eine<br />

differenzierte Betrachtung des Unfallgeschehens<br />

bei Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen das Herkunftsland<br />

des Kindes bzw. der Familie sowie das Geschlecht<br />

berücksichtigen muss. Ein Vergleich von Kindern<br />

<strong>und</strong> Jugendlichen nach <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> fördert<br />

zunächst keine nennenswerten Unterschiede<br />

in der Häufigkeit der behandelten Verletzungen zutage.<br />

Erst eine nach Herkunftsland <strong>und</strong> Geschlecht<br />

differenzierende Analyse dokumentiert deutliche<br />

Unterschiede: Besonders gefährdet sind Jungen<br />

aus dem Libanon <strong>und</strong> der Türkei (Abbildung<br />

4.3.3.1). Am seltensten verletzen sich Jungen aus<br />

den Ländern der früheren Sowjetunion. Mädchen<br />

tragen generell ein geringeres Verletzungsrisiko.<br />

Im Vergleich zu den deutschen Mädchen verstärkt<br />

sich dieser geschlechtsspezifische Effekt bei den<br />

meisten Herkunftsländern. Verhaltensmuster, die<br />

zu einer geringeren Verletzungshäufigkeit führen,

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