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Migration und Gesundheit - BITV-Test

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Ges<strong>und</strong>heitsversorgung für Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit 107<br />

6 Ges<strong>und</strong>heitsversorgung für Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

6.1 Determinanten der Inanspruchnahme von<br />

Ges<strong>und</strong>heitsleistungen<br />

Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> nehmen<br />

viele ges<strong>und</strong>heitliche Leistungen in geringerem<br />

Maße in Anspruch als die Mehrheitsbevölkerung.<br />

Ein Beispiel ist die deutlich niedrigere Durchimpfungsrate,<br />

z. B. für Tetanus <strong>und</strong> Diphtherie (Gr<strong>und</strong>immunisierung),<br />

bei den älteren Kindern <strong>und</strong><br />

Jugendlichen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> (siehe<br />

Abschnitt 4.3.12). Eine vergleichsweise geringere<br />

Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen<br />

kann sich sowohl durch einen ungleichen<br />

Zugang zum Ges<strong>und</strong>heitsversorgungssystem als<br />

auch durch eine ungleiche Nutzung ergeben. Als<br />

Folge können im ungünstigsten Falle schwere ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Schädigungen oder sogar Todesfälle<br />

eintreten, wie das Beispiel Müttersterblichkeit<br />

zeigt (siehe Abschnitt 3.1.1). Mögliche Ursachen<br />

für Unterschiede in der Inanspruchnahme können<br />

sein:<br />

▶ Unterschiede im Versicherungsstatus (<strong>und</strong> damit<br />

im finanziellen Zugang)<br />

▶ Kommunikationsprobleme (Sprachbarrieren<br />

<strong>und</strong> Informationslücken)<br />

▶ unterschiedliches Krankheitsverständnis<br />

▶ unterschiedliches Nutzungsverhalten, bedingt<br />

durch unterschiedliches Rollenverständnis<br />

(z. B. bezüglich des Geschlechtes, der Generation<br />

oder Profession)<br />

▶ strukturelle Vorgaben (z. B. aufenthaltsrechtlicher<br />

Status, migrationsspezifische Erfahrungen)<br />

[1, 2].<br />

Diese Determinanten werden im Folgenden erläutert<br />

<strong>und</strong> mit Beispielen illustriert. Dies geschieht<br />

in Anlehnung an das Positionspapier des Arbeitskreises<br />

»<strong>Migration</strong> <strong>und</strong> öffentliche Ges<strong>und</strong>heit«,<br />

in dem die besonderen ges<strong>und</strong>heitlichen Bedürfnisse<br />

<strong>und</strong> Ressourcen von Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

dargestellt werden. Der Arbeitskreis<br />

fordert eine migrantensensible Öffnung der<br />

Regeldienste, um eine Ges<strong>und</strong>heitsversorgung zu<br />

erreichen, die sich an der Heterogenität der Bevölkerung<br />

orientiert [3]. Unterkapitel 6.2 befasst<br />

sich mit Ressourcen, die eine Inanspruchnahme<br />

der Regeldienste durch Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

verbessern können. Unterkapitel<br />

6.3 beschreibt die Rolle des Öffentlichen Ges<strong>und</strong>heitsdienstes<br />

bei der Versorgung von Menschen<br />

mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong>. Auf spezialisierte Einrichtungen<br />

wird im Unterkapitel 6.4 eingegangen,<br />

auf die Möglichkeiten <strong>und</strong> Probleme der Hilfe für<br />

Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus in Unterkapitel<br />

6.5.<br />

6.1.1 Versicherungsstatus<br />

Zugewanderte Personen mit legalem Aufenthaltsstatus<br />

sind normalerweise auch krankenversichert.<br />

Damit haben sie den gleichen Zugang<br />

zur Ges<strong>und</strong>heitsversorgung wie Deutsche. Der<br />

Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung<br />

ist in der Regel an ein sozialversicherungspflichtiges<br />

Beschäftigungsverhältnis geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />

schließt dann Ehepartner <strong>und</strong> Kinder ein. Asylsuchende<br />

<strong>und</strong> Flüchtlinge erhalten für die Dauer<br />

ihres Verfahrens beziehungsweise Aufenthalts<br />

eine eingeschränkte medizinische Versorgung.<br />

Laut Daten des Sozio-oekonomischen Panels<br />

(SOEP) verfügten weniger als 1 % der Zuwanderer<br />

über keinen Krankenversicherungsschutz.<br />

Zumindest für die längerfristig <strong>und</strong> legal in<br />

Deutschland lebenden Menschen mit <strong>Migration</strong>serfahrung<br />

ist also die medizinische Versorgung<br />

finanziell gesichert. Die Ergebnisse einer<br />

Repräsentativerhebung des B<strong>und</strong>esministeriums<br />

für Arbeit <strong>und</strong> Sozialordnung im Jahr 2001<br />

deuten aber auf eine Verunsicherung über den<br />

eigenen Versicherungsstatus bei so genannten<br />

»neuen« Arbeitsmigrantinnen <strong>und</strong> -migranten<br />

hin. An der Repräsentativuntersuchung nahmen<br />

520 polnische Staatsangehörige teil, davon waren<br />

202 als Saisonarbeiterinnen <strong>und</strong> -arbeiter (für<br />

max. drei Monate pro Kalenderjahr), 215 als Werkvertragsarbeitnehmerinnen<br />

<strong>und</strong> -arbeitnehmer<br />

(für max. drei Jahre) <strong>und</strong> 103 als »Gastarbeiterinnen<br />

<strong>und</strong> Gastarbeiter« (für max. 18 Monate)<br />

beschäftigt. Vor allem Saisonarbeiterinnen <strong>und</strong><br />

-arbeiter vermuten, dass sie im Falle eines Unfalls<br />

oder bei Krankheit nicht versichert sein<br />

könnten [4].

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