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Migration und Gesundheit - BITV-Test

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88<br />

<strong>Migration</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Ges<strong>und</strong>heit von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

Früherkennungsuntersuchungen sind ein Schwerpunkt<br />

der Prävention im Kindesalter. Daten zur<br />

Inanspruchnahme werden jährlich durch die Spitzenverbände<br />

der Krankenkassen sowie die Kassenärztliche<br />

B<strong>und</strong>esvereinigung erfasst <strong>und</strong> aufbereitet.<br />

Informationen zum <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

werden jedoch nicht erhoben. Eine Verbesserung<br />

der Datenlage bringt auch hier der Kinder- <strong>und</strong><br />

Jugendges<strong>und</strong>heitssurvey. Erste Auswertungen<br />

verweisen auf eine deutlich geringere Inanspruchnahme<br />

durch Familien bzw. Kinder mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong>.<br />

Während an der U3 97 % der Kinder<br />

ohne <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> teilgenommen haben,<br />

waren dies nur 81 % der Kinder mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong>.<br />

Die Inanspruchnahme nimmt mit jeder<br />

weiteren Früherkennungsuntersuchung kontinuierlich<br />

ab, so dass die U9 lediglich von 68 % der<br />

Kinder mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> wahrgenommen<br />

wird (ohne <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong>: 89 %).<br />

Im Vergleich zu 2 % der Kinder ohne <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

haben sogar 14 % der Kinder mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

nie eine Früherkennungsuntersuchung<br />

(U3 bis U9) in Anspruch genommen<br />

[71]. Aus den Einschulungsuntersuchungen, bei denen<br />

die Teilnahme an der Vorsorge dokumentiert<br />

wird, ergibt sich ein ähnliches Bild. Danach ist der<br />

Anteil der Kinder, die über ein vollständig ausgesem<br />

Ausmaß (Masern: 66 % bis 90 %; Diphtherie:<br />

85 % bis 96 %). Die hohe Durchimpfung in einigen<br />

Kommunen wird auf deren besonderes präventives<br />

Engagement zurückgeführt. Die Berliner<br />

Schuleingangsuntersuchungen geben einen differenzierten<br />

Einblick in das Impfgeschehen <strong>und</strong><br />

zeigen etwas günstigere Impfraten von Kindern<br />

ausländischer Herkunft [68]: Türkischstämmige<br />

Kinder in Berlin sind besser gegen Polio (Kinderlähmung),<br />

Mumps, Masern, Röteln, Haemophilus<br />

influenzae b (Hib; bakterielle Infektion der Atemwege),<br />

Pertussis <strong>und</strong> Hepatitis B geimpft als die<br />

deutschen Gleichaltrigen. Deutliche Unterschiede<br />

finden sich vor allem bei der Impfung gegen Hepatitis<br />

B. Hier sind lediglich 84 % der deutschen,<br />

aber 96 % der türkischen Kinder ausreichend immunisiert.<br />

Raten von Kindern aus Osteuropa liegen<br />

für Hepatitis B leicht unter, bei Impfungen gegen<br />

andere Infektionskrankheiten leicht über den<br />

Raten deutscher Kinder. Der größte Unterschied<br />

zeigt sich hingegen bei Hib, gegen die nur 77 %<br />

der Kinder aus Osteuropa, aber 93 % der deutschen<br />

<strong>und</strong> 96 % der türkischen Kinder geimpft<br />

sind. Deutlich wird aber auch, dass sich die Raten<br />

der in Deutschland geborenen Kinder mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

immer mehr denen der Kinder<br />

ohne <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> annähern. Wertet<br />

man nach dem Geburtsland aus, wird ersichtlich,<br />

dass der große Unterschied zwischen Kindern aus<br />

Osteuropa <strong>und</strong> deutschen bzw. türkischen Kindern<br />

durch diejenigen Kinder bedingt ist, die nicht<br />

in Deutschland geboren wurden. Ähnliche Ergebnisse<br />

erbrachten schulärztliche Untersuchungen<br />

in Nordrhein-Westfalen [34]. Dies kann als ein<br />

Hinweis darauf gewertet werden, dass sich mit der<br />

Aufenthaltsdauer die Kenntnisse über Nutzen <strong>und</strong><br />

Notwendigkeit von Impfungen sowie über das hiesige<br />

Ges<strong>und</strong>heitssystem erweitern <strong>und</strong> außerdem<br />

Orientierungen der Aufnahmegesellschaft auf das<br />

Impfverhalten an Einfluss gewinnen. Gleichzeitig<br />

weisen zugewanderte Kinder bereits Impflücken<br />

auf, wenn sie nach Deutschland kommen. In einer<br />

besonders schwierigen Situation befinden sich<br />

Flüchtlingskinder, deren Leben in Deutschland<br />

von Ungewissheit <strong>und</strong> rechtlichen Beschränkungen<br />

geprägt ist. Die Teilnahme an kinderärztlicher<br />

Vorsorge sowie die Immunisierungsraten sind bei<br />

ihnen besonders gering, wie eine Studie in Gemeinschaftsunterkünften<br />

der Stadt Münster ergab<br />

[66, 69].<br />

B<strong>und</strong>esweite Daten liegen neben der KiGGS-<br />

Studie auch aus dem Mikrozensus vor, wo allerdings<br />

lediglich die Inanspruchnahme der Grippeschutzimpfung<br />

im jeweils letzten Jahr erfragt<br />

wird. Eine Betrachtung der Jahre 1998 <strong>und</strong> 2002<br />

zeigt, dass Kinder <strong>und</strong> Jugendliche mit nichtdeutscher<br />

Staatsangehörigkeit deutlich häufiger gegen<br />

Grippe geimpft sind als die deutschen (1998: 8,5 %<br />

vs. 6,4 %; 2002: 10,1 % vs. 7,1 %). Möglicherweise<br />

macht sich dabei der »umgekehrte« Einfluss<br />

des sozialen Status bemerkbar: Hier wie auch bei<br />

einigen anderen Impfungen sind es die besser<br />

Gestellten, die eine geringere Impfquote aufweisen,<br />

unter Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

aber unterrepräsentiert sind [70]. Ob die größere<br />

Inanspruchnahme durch Kinder mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

ein längerfristiger Trend ist, müssen<br />

zukünftige statistische Auswertungen zeigen.<br />

4.3.13 Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen

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