Migration und Gesundheit - BITV-Test
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Ges<strong>und</strong>heitliche Lage <strong>und</strong> migrationsspezifische Belastungen <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit 63<br />
können sexuelle Misshandlungen oder Verwicklungen<br />
in illegalen Drogenkonsum gehören, mit<br />
potenziell erheblichen ges<strong>und</strong>heitsrelevanten Folgen<br />
[102, 103].<br />
Die ges<strong>und</strong>heitliche Versorgung von Menschen<br />
ohne legalen Aufenthaltsstatus ist in den<br />
einzelnen B<strong>und</strong>esländern unterschiedlich geregelt.<br />
Sie ist meist von Ausführungsverordnungen<br />
der Länder sowie von privaten <strong>und</strong> meist örtlich<br />
begrenzten Hilfsinitiativen abhängig [102] (siehe<br />
Unterkapitel 6.5). Menschen ohne rechtlich gültigen<br />
Aufenthaltsstatus wenden sich im Falle des<br />
Hilfebedarfs u. a. an Beratungsstellen für Menschen<br />
ohne Krankenversicherung. Die Statistik<br />
einer solchen Beratungsstelle in Berlin weist aus,<br />
dass 80 % der Hilfesuchenden keinen legalen Aufenthaltsstatus<br />
haben. An erster Stelle der Gründe<br />
für einen Beratungsbedarf stehen Schwangerschaften,<br />
gefolgt von internistischen Problemen,<br />
darunter auch chronische Krankheiten wie Hepatitis<br />
B/C, Diabetes mellitus oder Hypertonie sowie<br />
Zahnerkrankungen [104]. Als besonders drängende<br />
Ges<strong>und</strong>heitsprobleme werden in der Fachöffentlichkeit<br />
die folgenden Punkte diskutiert:<br />
▶ Eine Schwangerschaftsvorsorge ist auf Gr<strong>und</strong><br />
der unsicheren Aufenthaltssituation in der<br />
Regel nicht möglich. Medizinische Gefahrensituationen<br />
<strong>und</strong> Risiken für Mutter <strong>und</strong> Kind<br />
können daher nicht diagnostiziert <strong>und</strong> behandelt<br />
werden. Darüber hinaus besteht eine<br />
zusätzliche psychosoziale Belastung durch die<br />
Unsicherheit, die Angst vor Abschiebung <strong>und</strong><br />
die materiell schwierige Lebenssituation [103].<br />
Eine Schwangerschaft in der Illegalität ist daher<br />
als Risikoschwangerschaft zu betrachten,<br />
die einer besonders sorgfältigen Betreuung<br />
durch Ärztinnen bzw. Ärzte <strong>und</strong> Hebammen<br />
bedarf [105].<br />
▶ Darüber hinaus stellt die Beantragung einer<br />
Geburtsurk<strong>und</strong>e ein Problem dar, da Menschen<br />
ohne legalen Aufenthaltstatus dabei ihre<br />
Illegalität preisgeben müssen. Ohne Geburtsurk<strong>und</strong>e<br />
kann bei einem Aufgreifen nicht bewiesen<br />
werden, dass es sich tatsächlich um das<br />
eigene Kind handelt, somit entsteht zusätzlich<br />
die Gefahr der Trennung von Mutter <strong>und</strong> Kind<br />
[106, 107].<br />
▶ Da allgemein der Zugang zu medizinischer<br />
Versorgung für Personen ohne legalen Aufenthaltsstatus<br />
schwierig ist, wird oft erst bei<br />
ernsten oder schon chronischen Beschwerden<br />
medizinische Hilfe gesucht [103]. Akute Erkrankungen<br />
<strong>und</strong> Verletzungen sind dann oft<br />
weiter fortgeschritten <strong>und</strong> schlechter behandelbar,<br />
als sie es in einem früheren Stadium<br />
gewesen wären. Die Behandlung wird dadurch<br />
aufwändiger <strong>und</strong> teurer.<br />
▶ Chronische Krankheiten wie HIV/AIDS oder<br />
Hepatitis B/C stellen sowohl wegen der hohen<br />
Kosten für die Therapie als auch wegen der<br />
ungesicherten Behandlungskontinuität auch<br />
engagierte Ärztinnen <strong>und</strong> Ärzte vor große Probleme.<br />
Im Falle einer Tuberkuloseerkrankung<br />
oder sexuell übertragbarer Krankheiten bieten<br />
die meisten Ges<strong>und</strong>heitsämter Beratung <strong>und</strong><br />
Untersuchung an. Die Kosten einer Behandlung<br />
müssen bei »Nachweis eines (finanziellen)<br />
Unvermögens (der Person) ...« von den<br />
Ges<strong>und</strong>heitsämtern getragen werden (§ 19 Abs.<br />
2 Infektionsschutzgesetz). Die Praxis bezüglich<br />
der Datenübermittlung an die jeweiligen Ausländerbehörden<br />
durch die Ges<strong>und</strong>heitsämter<br />
gemäß § 87 AufenthG ist in den B<strong>und</strong>esländern<br />
unterschiedlich. In der Regel hat die Datenübermittlung<br />
jedoch die Abschiebung zur<br />
Folge [103, 108].<br />
Insgesamt gibt es für diese schwer zugängliche<br />
Personengruppe zurzeit keine gesicherte <strong>und</strong><br />
deutschlandweit verfügbare Ges<strong>und</strong>heitsversorgung.<br />
Medizinische Hilfe für Menschen ohne<br />
legalen Aufenthaltsstatus wird bisher oft nur durch<br />
das Engagement einzelner Personen <strong>und</strong> Organisationen<br />
ermöglicht (siehe Unterkapitel 6.5).