Migration und Gesundheit - BITV-Test
Migration und Gesundheit - BITV-Test
Migration und Gesundheit - BITV-Test
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Ges<strong>und</strong>heitliche Lage <strong>und</strong> migrationsspezifische Belastungen <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit 37<br />
3.1.4 Todesfälle in Folge von Rauschgiftkonsum<br />
Als Todesfälle in Folge von Rauschgiftkonsum gelten<br />
alle Todesfälle, die in einem kausalen Zusammenhang<br />
mit dem missbräuchlichen Konsum<br />
von Betäubungs- oder Ausweichmitteln (Mittel,<br />
auf die ausgewichen wird, weil das eigentliche<br />
Betäubungsmittel nicht verfügbar ist, z. B. Lösungsmittel)<br />
stehen. Darunter fallen insbesondere<br />
Sterbefälle infolge von Überdosierung <strong>und</strong> nach<br />
langzeitigem Missbrauch sowie Selbsttötungen<br />
aus Verzweiflung über die Lebensumstände oder<br />
unter der Einwirkung von Entzugserscheinungen.<br />
Im Jahr 2003 verstarben in Deutschland insgesamt<br />
1.477 Personen an den Folgen ihres Rauschgiftkonsums,<br />
dies entspricht einer Rate von 1,8<br />
Drogentoten je 100.000 Einwohner [21]. Von 1.451<br />
(98,2 %) der registrierten Drogentoten lagen Angaben<br />
zur Staatsangehörigkeit vor. Im Jahr 2003<br />
waren 90 % der Toten deutsche Staatsangehörige.<br />
Das Verhältnis von deutschen zu ausländischen<br />
Rauschgifttoten von etwa 9 zu 1 ist seit Jahren<br />
unverändert geblieben. Bei insgesamt kleinen<br />
Zahlen machen türkische Staatsangehörige den<br />
größten Anteil der ausländischen Drogentoten<br />
aus, gefolgt von Staatsangehörigen aus Italien<br />
<strong>und</strong> aus dem ehemaligen Jugoslawien [21]. Eine<br />
Erfassung des Merkmals »Aussiedlerin bzw. Aussiedler«<br />
(einschließlich Spätaussiedlerinnen <strong>und</strong><br />
Spätaussiedler) erfolgt in der Falldatei Rauschgift<br />
(FDR) erst seit Beginn des Jahres 2000. Im Jahr<br />
2005 stellten (Spät-)Aussiedlerinnen <strong>und</strong> (Spät-)<br />
Aussiedler 12 % aller registrierten Rauschgifttoten.<br />
Damit ist die absolute Zahl (n = 154) gegenüber<br />
2004 um 25 % gestiegen [22]. Auffallend ist<br />
das niedrige Durchschnittsalter (2003: 27,4 Jahre)<br />
der durch Rauschgiftkonsum verstorbenen (Spät-)<br />
Aussiedlerinnen <strong>und</strong> (Spät-)Aussiedler (Durchschnittsalter<br />
aller registrierten Drogentoten 2003:<br />
33,8 Jahre) [21].<br />
3.1.5 Vergleiche zum Herkunftsland<br />
Vergleiche mit den Daten des Herkunftslandes<br />
können wichtige Hinweise zur Interpretation der<br />
Mortalität von ausländischen Staatsangehörigen in<br />
Deutschland geben (siehe Abschnitt 2.4.2). Leider<br />
ist die Todesursachenstatistik in einigen wichtigen<br />
Herkunftsländern nicht ausreichend entwickelt,<br />
so dass verlässliche Vergleichsdaten nicht zur<br />
Verfügung stehen. Internationale Studien zeigen,<br />
dass sich das Mortalitätsprofil von zugewanderten<br />
Personen nach der <strong>Migration</strong> von dem des Herkunftslandes<br />
entfernt <strong>und</strong> sich allmählich dem<br />
Muster des Ziellandes nähert [23]. Hierbei spielen<br />
verschiedene Faktoren eine Rolle, darunter auch<br />
die oft unterschiedlichen Lebensbedingungen, die<br />
sich z. B. in der Zunahme der Mortalität an chronischen<br />
Krankheiten äußern können. Die in manchen<br />
Herkunftsländern noch relativ hohe Sterblichkeit<br />
infolge von Infektionskrankheiten nimmt<br />
in der zugewanderten Bevölkerung ab, ebenso<br />
wie die Sterblichkeit an Ursachen, die stark mit<br />
dem Ausbau <strong>und</strong> der Zugänglichkeit des Ges<strong>und</strong>heitswesens<br />
assoziiert sind [24]. Dies lässt sich an<br />
Daten zur Müttersterblichkeit aus der Türkei <strong>und</strong><br />
Deutschland demonstrieren. In der Türkei lag <strong>und</strong><br />
liegt die Müttersterblichkeit (gemessen als mütterliche<br />
Todesfälle je 100.000 Lebendgeborene, siehe<br />
Abschnitt 3.1.1) deutlich höher als in Deutschland.<br />
Bereits in den frühen Jahren der <strong>Migration</strong>sgeschichte<br />
hatten türkische Frauen in Deutschland<br />
eine im Vergleich zur Türkei deutlich niedrigere<br />
Müttersterblichkeit, die allerdings höher als die<br />
unter deutschen Frauen war. Mit zunehmender<br />
Dauer der Etablierung der türkischen Bevölkerung<br />
in Deutschland näherte sich die Müttersterblichkeit<br />
derjenigen unter deutschen Frauen; der Rückgang<br />
in der Türkei war in gleichem Zeitraum weniger<br />
stark ausgeprägt (vgl. Abbildung 3.1.5.1). Türkische<br />
Frauen haben demnach durch die <strong>Migration</strong> nach<br />
Deutschland einen erheblichen Teil ihres mütterlichen<br />
Risikos in ihrem Herkunftsland »zurückgelassen«.<br />
Für die Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-<br />
Erkrankungen ergibt sich ein umgekehrtes Bild:<br />
Die Herzinfarktmortalität ist in Bevölkerungen aus<br />
dem südlichen Mittelmeerraum deutlich niedriger<br />
als in Deutschland [8]. Internationale Studien zeigen,<br />
dass »mitgebrachte« niedrige Mortalitätsraten<br />
an Herzinfarkt vergleichsweise langsam ansteigen<br />
[25, 26, 27].