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Migration und Gesundheit - BITV-Test

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Prävention für Menschen mit <strong>Migration</strong>shinterg<strong>und</strong> <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit 121<br />

7 Prävention für Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

Die uneinheitliche Definition der Zielgruppe<br />

»Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong>« trägt<br />

dazu bei, dass die Erfassung von migrationsspezifischen<br />

Ges<strong>und</strong>heitsdaten nur begrenzt möglich<br />

ist [1]. Damit fehlen wichtige Erkenntnisse für die<br />

Präventionsarbeit, die sich positiv auf die ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Situation der Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

auswirken könnte. Weiterhin gibt<br />

es keine einheitlichen Richtlinien dafür, wie Prävention<br />

auf die Besonderheiten dieser Zielgruppe<br />

eingehen sollte, z. B. hinsichtlich Kultur, Sprache<br />

<strong>und</strong> Integration. Da es innerhalb der Zuwanderungsgesellschaft<br />

zu einer Vermischung der Kulturen<br />

kommt, sind hierzu nicht nur für einzelne<br />

Kulturen spezifische Kompetenzen gefragt. Vielmehr<br />

sind auch Kompetenzen erforderlich, die<br />

verschiedene Kulturen übergreifen, so genannte<br />

»transkulturelle« Kompetenzen [2].<br />

Um erfolgreich Krankheiten zu vermeiden<br />

oder deren Fortschreiten zu verhindern, müssen<br />

die Besonderheiten der Zielgruppe Menschen<br />

mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> analysiert <strong>und</strong> bei der<br />

Konzeption präventiver Angebote beachtet werden.<br />

Zu den Besonderheiten gehören spezifische<br />

Risikofaktoren, die sich aus der Lebenslage im<br />

Aufenthaltsland ergeben. Bei zugewanderten Personen<br />

kommen die <strong>Migration</strong>serfahrung sowie<br />

die Auswirkungen der jeweiligen psychologischen<br />

<strong>Migration</strong>sphase hinzu, in der sich die Betroffenen<br />

befinden [3]. Zugewanderte Personen sollten<br />

sich daher möglichst schon während ihrer Orientierungsphase<br />

in Deutschland über präventive Angebote<br />

<strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsförderliche Lebensformen<br />

informieren können.<br />

7.1 Zugangsbarrieren zur Prävention bei Menschen<br />

mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

Die Entwicklung präventiver Strategien für Menschen<br />

mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> erfordert weitreichende<br />

Kenntnisse über ihre Lebensweisen<br />

<strong>und</strong> Lebenslagen, ihre Ges<strong>und</strong>heitskonzepte,<br />

alltäglichen Handlungsoptionen sowie über ihre<br />

gesicherten Möglichkeiten zur Partizipation. Für<br />

zugewanderte Personen bringt das Leben in einer<br />

fremden Kultur mehr oder weniger große innere<br />

(psychische) <strong>und</strong> äußere (soziale) Veränderungen<br />

mit sich, die ihre Ges<strong>und</strong>heit langfristig beeinträchtigen<br />

können. Angesichts der komplexen Anpassungsleistungen,<br />

die sie erbringen müssen, ist<br />

es nachvollziehbar, dass Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge in<br />

ihrem Bewusstsein zunächst eine untergeordnete<br />

Rolle spielt [4]. Zudem sind Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />

<strong>und</strong> Prävention in vielen Herkunftsländern der<br />

Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> (z. B. Türkei,<br />

GUS) nicht von herausragender Bedeutung<br />

gewesen bzw. kulturell bedingt nicht durch entsprechende<br />

Handlungsmuster gesichert [5, 6]. So<br />

kann sich infolge der <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> erschwerter<br />

Lebensumstände einerseits ein erhöhter Bedarf an<br />

Präventionsangeboten ergeben, gleichzeitig aber<br />

eine verminderte Nachfrage.<br />

Eine geringere Teilnahmequote von Menschen<br />

mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> bei Präventionsangeboten<br />

wird z. B. bei Angeboten für Kinder<br />

deutlich. So weisen einige Gruppen ausländischer<br />

Kinder nach Auswertung von Schuleingangsuntersuchungen<br />

eine geringere Durchimpfungsrate<br />

auf [7, 8] (siehe Abschnitt 4.3.12). In einigen B<strong>und</strong>esländern<br />

ist auch die Inanspruchnahme von<br />

Früherkennungsuntersuchungen durch Kinder<br />

aus Familien mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> geringer<br />

als im Bevölkerungsdurchschnitt (siehe Abschnitt<br />

4.3.13). Besonders gravierend fällt dieser Unterschied<br />

bei Flüchtlingskindern aus [9].<br />

Auch die höhere Inzidenz (Neuerkrankungsrate)<br />

bzw. Prävalenz (Häufigkeit in der Bevölkerung)<br />

von Erkrankungen mit einem hohen Präventionspotenzial<br />

gibt einen indirekten Hinweis<br />

auf Zugangsbarrieren. Beispiele hierfür sind eine<br />

höhere Sterblichkeitsrate von Säuglingen (siehe<br />

Abschnitt 3.1.1) <strong>und</strong> eine erhöhte Inzidenz von<br />

Tuberkulose (siehe Abschnitt 3.2.1). Studien zeigen<br />

außerdem bei Kindern mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong><br />

eine teilweise zwei- bis fünffach höhere Kariesprävalenz<br />

im Vergleich zu deutschen Kindern (siehe<br />

Abschnitt 4.3.8) [10, 11, 12, 13, 14, 15, 16].<br />

Eine geringe Nutzung von Präventionsangeboten<br />

kann auch mit einer mangelnden Zielgruppenorientierung<br />

zusammenhängen, so dass<br />

Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> gar nicht<br />

erreicht werden (können). Der Zugang zur Zielgruppe<br />

Menschen mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong>

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