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Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines - Deutscher Rat für ...

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0,3 ha Größe angestrebt werden. Sollen<br />

die Nadelwaldanteile aus ökonomischen<br />

Gründen relativ hoch bleiben (z. B. bei<br />

70 %), dann bedeutet dies natürlich, dass<br />

die Zahl <strong>der</strong> Laubbaumgruppen in den<br />

Mischbeständen sinken muss.<br />

Entgegen <strong>der</strong> jahrzehntelang vertretenen<br />

Auffassung, dass in Mischbeständen einzeln<br />

und gleichmäßig verteilte Laubbäume<br />

anzustreben seien, kann dies unter<br />

waldökologischen Aspekten nur gelten,<br />

wenn es sich um hohe (deutlich über<br />

50 %) Laubbaumanteile handelt. Bei<br />

Bestockungsvorgaben im Verhältnis 70/<br />

30 von Nadel- zu Laubwald wird bei<br />

gleichmäßig verteilten Laubbäumen kein<br />

laubwaldspezifisches Habitat erreicht.<br />

Dies bedeutet nicht, dass es nicht durchaus<br />

sinnvoll und wünschenswert sein kann, in<br />

mehr o<strong>der</strong> weniger reine Fichtenbestände<br />

Einzellaubbäume (Eiche, Buche, sonstiges<br />

Laubholz) einzubringen, denen dann<br />

aber <strong>der</strong> Charakter von Samenbäumen<br />

zukommt und die früh und massiv begünstigt<br />

werden müssen.<br />

Umbau reiner Fichtenbestände<br />

Reine, nicht standortheimische Fichtenbestände<br />

weisen meist relativ artenarme,<br />

überwiegend von Generalisten dominierte<br />

und nicht lebensraumtypische Zönosen auf<br />

und wirken nicht selten als Barrieren. Deshalb,<br />

aber auch aus Gründen <strong>der</strong> Bestandesstabilität,<br />

<strong>der</strong> Bodenversauerung und <strong>der</strong><br />

Erhöhung <strong>der</strong> Grundwasserneubildung, ist<br />

ihre Umwandlung in Mischbestände wichtig.<br />

Die Erhöhung <strong>der</strong> Grundwasserneubildung<br />

durch eine Beimischung von<br />

Laubholz ist beson<strong>der</strong>s bei Kiefernbeständen<br />

in Gebieten mit jährlichen Nie<strong>der</strong>schlägen<br />

von 500 bis 550 mm wichtig, da unter diesen<br />

Bedingungen in reinen Kiefernbeständen<br />

keine Grundwasserneubildung mehr stattfindet.<br />

Mit einer spürbaren Beimischung<br />

von Laubholz werden bei reinen Fichtenund<br />

Kiefernbeständen nicht nur <strong>der</strong> Streuabbau<br />

angeregt, son<strong>der</strong>n auch die Lebensbedingungen<br />

vieler Arthropodengruppen<br />

verbessert.<br />

Altersstruktur und Totholzmanagement<br />

Alters- und angehende Zerfallsstadien, bzw.<br />

hohe Umtriebszeiten, gehen in aller Regel<br />

mit höheren und stärkeren Totholzanteilen<br />

einher und üben damit einen beson<strong>der</strong>s positiven<br />

Einfluss auf die waldökologischen<br />

Verhältnisse aus. Dies beginnt bei einer<br />

einsetzenden Bestandesverlichtung, die häufig<br />

zu üppiger Bodenvegetation und (v. a. in<br />

Laubwäl<strong>der</strong>n) zu hohen Saprophagenaktivitäten<br />

führt. Sie bewirkt außerdem durch<br />

die Zunahme starker Bäume (insbeson<strong>der</strong>e<br />

Eichen) mit ausgeprägten Kronen eine För<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Vögel, in Baumkronen leben<strong>der</strong><br />

Käfer und Dipteren (Zweiflügler). Von stärkerem<br />

stehendem und liegendem Totholz<br />

profitieren v. a. die naturschutzfachlich<br />

wertvollen Holzpilze und die Gruppe <strong>der</strong><br />

Totholzkäfer. Wie bei <strong>der</strong> Baumartenwahl<br />

muss auch bei <strong>der</strong> Zielstärkennutzung 11 bzw.<br />

beim tolerierbaren Totholzanteil ein Kompromiss<br />

zwischen den Zielen des Waldnaturschutzes<br />

und den wirtschaftlichen Erfor<strong>der</strong>nissen<br />

gefunden werden.<br />

Im Einzelfall bieten sich aber auch hier viele<br />

Möglichkeiten an, um ohne allzu große wirtschaftliche<br />

Opfer positive Impulse zu geben:<br />

Es muss nicht die Altersstruktur <strong>eines</strong><br />

ganzen Bestandes verlängert und damit<br />

unter Umständen ein wirtschaftlicher<br />

Nachteil in Kauf genommen werden; häufig<br />

genügt es, vernetzte Baumgruppen<br />

und Altbäume befristet länger stehen zu<br />

lassen.<br />

Es kann ausreichend sein, wenn geeignete<br />

Einzelbäume von <strong>der</strong> Nutzung ausgenommen<br />

und als Überhälter 12 belassen<br />

werden („Biotopbäume“).<br />

Bereits mit Totholzanteilen von 5–10 fm/<br />

ha in Form von Hochstubben, Kronen und<br />

Astmaterial sowie stärkerem liegendem<br />

Totholz lassen sich beachtliche Habitatverbesserungen<br />

erreichen, und dies<br />

insbeson<strong>der</strong>e in Laubwaldbeständen.<br />

Im Verbund mit Strukturelementen wie<br />

aufgeklappt belassene Wurzelteller (und<br />

<strong>der</strong> damit verbundenen Verzahnung von<br />

Totholz und Boden) können auch im<br />

Wirtschaftswald wertvolle Hilfen <strong>für</strong> die<br />

totholzabhängige Fauna gegeben werden.<br />

Pflegeeingriffe<br />

Pflegeeingriffe müssen einerseits primär an<br />

<strong>der</strong> Erreichung des vorgegebenen Bestockungszieles<br />

und an den angestrebten<br />

Holzqualitäten orientiert werden. Rücksichtnahmen<br />

auf faunistisch wünschenswerte<br />

Strukturen, z. B. lückenreiche, frühe Lichtstellung<br />

o<strong>der</strong> weitständiger Bestandesaufbau<br />

(För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vogelzönose), werden<br />

i. d. R. auf Ausnahmen beschränkt bleiben<br />

müssen. An<strong>der</strong>erseits führen die aus wirtschaftlichen<br />

Gründen angestrebten frühzeitigen<br />

und kräftigen Durchforstungen mit<br />

guter und starker Kronenentwicklung zu<br />

einer „vorzeitigen Seneszenz“ und unterstützen<br />

damit waldökologische For<strong>der</strong>ungen<br />

(z. B. För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Netzflügler durch<br />

starke Laubholzkronen, Begünstigung <strong>der</strong><br />

Zweiflügler durch Einbeziehung gut ausgebildeter<br />

Nadelholzkronen).<br />

Wichtig erscheint im Zusammenhang mit<br />

Pflegeeingriffen auch die gezielte För<strong>der</strong>ung<br />

von Waldrän<strong>der</strong>n mit strukturreichen,<br />

bis <strong>zum</strong> Boden reichenden Kronen bzw.<br />

vielschichtig aufgebauten Gebüschsäumen.<br />

17<br />

Verjüngungseingriffe und Verjüngung<br />

Weitgehend offen ist die waldökologische<br />

Beurteilung von Art und Ausmaß von<br />

Verjüngungseingriffen. Diese dürften bei<br />

dauerwaldartigen Strukturen 13 mit einzelstammweiser<br />

Nutzung an<strong>der</strong>s aussehen als<br />

bei einer Verjüngung über femelartige 14 Eingriffe<br />

und <strong>der</strong> damit hervorgerufenen Verän<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Mikrohabitate (durch Licht,<br />

Feuchte, Temperatur) u. a. in Abhängigkeit<br />

von <strong>der</strong> Größe <strong>der</strong> Femellücken. Solange<br />

jedoch die Kleinfläche das Ordnungsprinzip<br />

bei <strong>der</strong> Waldverjüngung bleibt und die<br />

För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Naturverjüngung oberstes<br />

Primat ist, erscheinen alle Waldbauverfahren<br />

unter Naturschutzaspekten vertretbar. Eine<br />

dauerwaldartige Bewirtschaftung garantiert<br />

i. d. R. ein hohes Maß an Bestandesmosaikstrukturen<br />

und einen vielschichtigen bzw. -<br />

stufigen Bestandesaufbau (THOMASIUS<br />

& SCHMIDT 2003).<br />

För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Strukturdiversität<br />

Auch Klein- (Gräben, Tümpel etc.), Mikround<br />

Makrostrukturen (wie Reisigansammlungen<br />

o<strong>der</strong> aufgeklappt belassene<br />

Wurzelteller) leisten einen wichtigen <strong>Beitrag</strong><br />

zur Gesamtstrukturdiversität und haben<br />

große Bedeutung als Raumwi<strong>der</strong>stand <strong>für</strong><br />

laufaktive Tiere, als Unterschlupfmöglichkeiten<br />

o<strong>der</strong> als kleinklimatische Nischen<br />

(SCHULZ 1996). Die hohe Strukturdiversität<br />

vorbildlich behandelter Wirtschaftswäl<strong>der</strong><br />

ist ein wesentlicher Grund <strong>für</strong> die<br />

bemerkenswerte Artenvielfalt und den<br />

Individuenreichtum solcher Ökosysteme<br />

(AMMER & SCHUBERT 1998, DETSCH<br />

1999).<br />

11 Zielstärkennutzung nennt man das Fällen<br />

von Bäumen, die nach Dimension (Zieldurchmesser<br />

bzw. -stärke) und Wert dem Betriebsziel<br />

entsprechen.<br />

12 Überhältersind einzelne alte Bäume, die nach<br />

Abschluss des Produktionszeitraumes (Verjüngung)<br />

mit dem Ziel belassen werden, zusätzlich<br />

natürliche Verjüngung zu bekommen<br />

und/o<strong>der</strong> Stark- und Wertholz zu erzielen<br />

(BRÜNING & MAYER 1980).<br />

13 Dauerwald ist ein ungleichaltriger, gemischter,<br />

mit möglichst hochwertigen Vorräten<br />

bestockter, vertikal strukturierter, ökologisch<br />

wertvoller Wald, in dem die Selbststeuerungsprozesse<br />

<strong>der</strong> Natur genutzt und erhalten werden<br />

(Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße<br />

<strong>Waldwirtschaft</strong>, Landesgruppe Bayern, http:/<br />

/www.anw-bayern.de/).<br />

14 Femelschlag: Verjüngungsform des Altersklassenwaldes,<br />

bei <strong>der</strong> die Verjüngung des<br />

Bestandes unter dem unregelmäßig aufgelichteten<br />

Kronendach des Altholzes vorgenommen<br />

wird. In <strong>der</strong> Folge werden die Auflichtungen<br />

vergrößert und verstärkt. Je länger<br />

<strong>der</strong> Verjüngungszeitraum ist und je kleinflächiger<br />

eingegriffen wird, desto fließen<strong>der</strong><br />

sind die Übergänge <strong>zum</strong> Dauerwald (BUR-<br />

SCHEL & HUSS 1997).

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