Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines - Deutscher Rat für ...
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2 Vorgaben und Anfor<strong>der</strong>ungen an<br />
einen län<strong>der</strong>übergreifenden<br />
Biotopverbund<br />
2.1 Internationale Rechtsgrundlagen<br />
Zu den internationalen Rechtsgrundlagen,<br />
in <strong>der</strong>en Kontext <strong>der</strong> <strong>Aufbau</strong> <strong>eines</strong> län<strong>der</strong>übergreifenden<br />
Biotopverbundes zu sehen<br />
ist, gehören die Biodiversitätskonvention<br />
(Convention on Biological Diversity - CBD)<br />
und die europarechtlichen Grundlagen: die<br />
Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie<br />
92/43/EWG), die Vogelschutzrichtlinie<br />
(79/409/EWG) und die Wasserrahmenrichtlinie<br />
(2000/60/EG).<br />
Das Ziel, die biologische Vielfalt (Ökosysteme,<br />
Tier- und Pflanzenarten, genetische<br />
Vielfalt) zu schützen und ihre Bestandteile<br />
nachhaltig zu nutzen, wurde mit <strong>der</strong> Verabschiedung<br />
<strong>der</strong> CBD auf dem UN-Gipfel zu<br />
Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de<br />
Janeiro völkerrechtlich verankert. Aufgrund<br />
<strong>der</strong> CBD sind die Mitgliedstaaten (Deutschland<br />
seit 1994) unter an<strong>der</strong>em verpflichtet,<br />
ein System von Schutzgebieten und/o<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>en vergleichbaren Gebieten aufzubauen,<br />
die speziell dem Schutz <strong>der</strong> biologischen<br />
Vielfalt dienen o<strong>der</strong> diesen gewährleisten.<br />
Fast zeitgleich wurde von <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union die FFH-Richtlinie verabschiedet, die<br />
den Schutz <strong>der</strong> natürlichen und naturnahen<br />
Lebensräume sowie <strong>der</strong> wild lebenden Tierund<br />
Pflanzenarten von europäischer Bedeutung<br />
<strong>zum</strong> Ziel hat und somit einen wichtigen<br />
<strong>Beitrag</strong> zur Umsetzung <strong>der</strong> CBD leistet.<br />
Dieses Ziel soll durch den <strong>Aufbau</strong> <strong>eines</strong><br />
europaweit zusammenhängenden ökologischen<br />
Netzes „NATURA 2000“ erreicht<br />
werden, das die aus gemeinschaftlicher Sicht<br />
beson<strong>der</strong>s schutzwürdigen Lebensräume und<br />
Arten erhalten und die entsprechenden<br />
Lebensräume ggf. entwickeln soll.<br />
Um das Schutzgebietssystem NATURA<br />
2000 zu errichten, melden die einzelnen<br />
Staaten ihren Bestand entsprechen<strong>der</strong> Gebiete<br />
an die EU. Auch die Schutzgebiete <strong>der</strong><br />
Vogelschutzrichtlinie gehören <strong>zum</strong> Netz<br />
NATURA 2000 (s. u.).<br />
Deutschland hat seine Gebietsmeldungen<br />
noch nicht abgeschlossen. Insgesamt nehmen<br />
Waldlebensraumtypen gemäß <strong>der</strong> FFH-<br />
Richtlinie, die in gemeldeten FFH-Gebieten<br />
enthalten sind (Meldestand März 2003), ca.<br />
1,5 % <strong>der</strong> Fläche Deutschlands bzw. 23 %<br />
<strong>der</strong> Gesamtfläche <strong>der</strong> bis zu diesem Zeitpunkt<br />
gemeldeten FFH-Gebiete (6,8 % <strong>der</strong><br />
Fläche Deutschlands) ein. Allerdings liegt<br />
die FFH-Flächenkulisse einschließlich <strong>der</strong><br />
geplanten Nachmeldungen, die bis Oktober<br />
2003 an die EU übermittelt wurden, bei<br />
9,2 %. Selbst bei einem hohen Waldanteil in<br />
den Nachmeldungen wird die Gesamtfläche<br />
gemeldeter FFH-Waldlebensraumtypen in<br />
Deutschland vergleichsweise gering bleiben.<br />
Die bisherige Meldepraxis war oft nicht<br />
bedarfs-, son<strong>der</strong>n angebotsorientiert, d. h.<br />
es wurden fast ausschließlich Lebensraumflächen<br />
aus den noch vorhandenen naturnahen<br />
Flächen gemeldet. Viele dieser Gebiete<br />
sind sehr klein und zudem häufig von an<strong>der</strong>en<br />
Gebieten isoliert, so dass eine funktionale<br />
ökologische Kohärenz und Raumdeckung,<br />
wie sie die FFH-Richtlinie anstrebt,<br />
nur teilweise gewährleistet ist. Letzteres<br />
kann erreicht werden, wenn sowohl<br />
<strong>der</strong> in <strong>der</strong> FFH-Richtlinie enthaltene<br />
Entwicklungsgedanke umgesetzt wird als<br />
auch <strong>der</strong> Artikel 10 zur För<strong>der</strong>ung von<br />
Landschaftselementen, die aufgrund ihrer<br />
linearen, fortlaufenden Struktur o<strong>der</strong> ihrer<br />
Vernetzungsfunktion <strong>für</strong> die Wan<strong>der</strong>ung,<br />
die geographische Verbreitung und den genetischen<br />
Austausch wild leben<strong>der</strong> Tiere<br />
und Pflanzen wesentlich sind.<br />
Aufgrund <strong>der</strong> Vogelschutzrichtlinie 1 besteht<br />
die Chance, dass <strong>für</strong> die Vögel eine funktionale<br />
Kohärenz im Rahmen des Schutzgebietssystems<br />
NATURA 2000 eher gewährleistet<br />
ist als <strong>für</strong> an<strong>der</strong>e Artengruppen.<br />
Dies beruht auf <strong>der</strong> Vorgabe, dass zur Umsetzung<br />
<strong>der</strong> Vogelschutzrichtlinie vor allem<br />
wichtige Vogelrast- und -brutgebiete als<br />
„special protection area“ (SPA) auszuweisen<br />
sind, die dann zu einem Bestandteil des<br />
NATURA 2000-Netzes werden.<br />
Die Wasserrahmenrichtlinie for<strong>der</strong>t die<br />
(Wie<strong>der</strong>-)Herstellung <strong>eines</strong> guten ökologischen<br />
Zustands von Gewässern und<br />
grundwasserabhängigen Lebensräumen bis<br />
<strong>zum</strong> Jahr 2015. Darüber hinaus stellt sie<br />
eine direkte Verknüpfung zu FFH-Richtlinie<br />
und Vogelschutzrichtlinie her, indem<br />
sie ausdrücklich auf Schutzgebiete nach<br />
gemeinschaftlichem Recht Bezug nimmt.<br />
Da bei <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> Wasserrahmenrichtlinie<br />
die Einzugsgebiete <strong>der</strong><br />
Gewässer mitbetrachtet werden, hat sie<br />
insbeson<strong>der</strong>e aufgrund <strong>der</strong> wichtigen Funktion<br />
von Fließgewässern als Verbundachsen<br />
große Bedeutung <strong>für</strong> den <strong>Aufbau</strong> <strong>eines</strong><br />
län<strong>der</strong>übergreifenden Biotopverbundes.<br />
2.2 Nationale Rechtsgrundlagen<br />
<strong>Der</strong> Biotopverbund nach § 3 BNatSchG soll<br />
einerseits die heimischen Tier- und Pflanzenarten,<br />
ihre Lebensräume und Lebensgemeinschaften<br />
nachhaltig sichern und an<strong>der</strong>erseits<br />
funktionsfähige ökologische Wechselbeziehungen<br />
bewahren, wie<strong>der</strong>herstellen und<br />
entwickeln. Um dieser umfassenden Zielsetzung<br />
gerecht zu werden, müssten auf <strong>der</strong><br />
7<br />
gesamten Landesfläche Umsetzungsmaßnahmen<br />
ergriffen werden. Da sich die<br />
Flächenfor<strong>der</strong>ung aber mit einem Mindestflächenanteil<br />
von 10 % begnügt, kann sich<br />
diese For<strong>der</strong>ung aus naturschutzfachlicher<br />
Sicht nur auf die qualitativ hochwertigen<br />
naturnahen bis halbnatürlichen Lebensräume<br />
bzw. die Kernflächen <strong>eines</strong> Biotopverbundes<br />
beziehen (s. auch SRU 2002a). Selbst <strong>für</strong><br />
diese Flächen wird <strong>der</strong> tatsächliche Bedarf<br />
meist höher – etwa 15 % – eingeschätzt (z.<br />
B. HEYDEMANN 1980, DRL 1983, SRU<br />
1996).<br />
Beim <strong>Aufbau</strong> <strong>eines</strong> Biotopverbundes muss<br />
zur Zielerfüllung die „funktionale ökologische<br />
Kohärenz“ im Vor<strong>der</strong>grund stehen;<br />
damit müssen die Flächen automatisch am<br />
Bedarf orientiert werden. <strong>Der</strong> Biotopverbund<br />
kann damit einen wesentlichen ergänzenden<br />
<strong>Beitrag</strong> zur Umsetzung <strong>der</strong> FFH-Richtlinie<br />
leisten (s. o.). <strong>Der</strong> Biotopverbund ist<br />
aber auch über die FFH-Richtlinie hinaus<br />
von Bedeutung, da <strong>der</strong>en Anhänge im Gegensatz<br />
<strong>zum</strong> Biotopverbund nur eine Auswahl<br />
<strong>der</strong> in Deutschland tatsächlich schutzbedürftigen<br />
Lebensräume und Arten umfassen.<br />
Nach dem BNatSchG soll <strong>der</strong> Biotopverbund<br />
aus Kernflächen, Verbindungsflächen und<br />
-elementen (§ 3 (3)) bestehen. Dies können<br />
sein:<br />
festgesetzte Nationalparke (ganze Fläche),<br />
gesetzlich geschützte Biotope nach § 30,<br />
Naturschutzgebiete, Gebiete im Sinne des<br />
§ 32 (Flächen im Rahmen von NATURA<br />
2000), Biosphärenreservate o<strong>der</strong> Teile<br />
daraus (Kernzonen) sowie<br />
weitere Flächen und Elemente, einschließlich<br />
Teilen von Landschaftsschutzgebieten<br />
und Naturparken.<br />
Auch die Naturwaldreservate 2 (nach den<br />
Landeswaldgesetzen) können große Bedeutung<br />
<strong>für</strong> den <strong>Aufbau</strong> <strong>eines</strong> län<strong>der</strong>übergreifenden<br />
Biotopverbundes erlangen.<br />
Bedingung ist jedoch, dass alle <strong>der</strong> aufgeführten<br />
Kategorien geeignet sein müssen,<br />
die eingangs genannten Ziele des Biotop-<br />
1 Die Vogelschutzrichtlinie von 1979 dient<br />
<strong>der</strong> Bestandserhaltung sämtlicher europäischer<br />
Vogelarten; hierzu sind von den Mitgliedstaaten<br />
vor allem wichtige Vogelrastund<br />
-brutgebiete als „special protection area“<br />
(SPA) sowie bestimmte Arten zu schützen.<br />
Deutschland hat seine Gebietsmeldungen<br />
noch nicht abgeschlossen.<br />
2 <strong>Der</strong> Begriff wird hier synonym zu den in den<br />
Län<strong>der</strong>n verwendeten Bezeichnungen Bannwäl<strong>der</strong>,<br />
Totalreservate, Naturwaldzellen verwendet<br />
(siehe auch <strong>Beitrag</strong> von SCHMIDT et<br />
al. in diesem Heft).