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Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines - Deutscher Rat für ...

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82<br />

schwarzwald. In den Schwarzwald-Randbereichen<br />

steigt <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>wi<strong>der</strong>stand deutlich<br />

an und wird außerhalb des Naturraums<br />

so hoch, dass <strong>der</strong> Schwarzwald <strong>für</strong> Auerhühner<br />

als isolierter Lebensraum gelten kann.<br />

5 Diskussion<br />

5.1 Biotopverbund und das<br />

Lebensraumsystem <strong>für</strong> Wildtiere<br />

Die Frage, ob das Auerhuhn als Indikator<br />

<strong>für</strong> einen län<strong>der</strong>übergreifenden Biotopverbund<br />

herangezogen werden kann, ist bezogen<br />

auf die Betrachtungsebene und in<br />

Abhängigkeit von den landschaftsökologischen<br />

Bedingungen differenziert zu beantworten.<br />

Auch darf <strong>der</strong> Biotopverbund nicht<br />

isoliert von an<strong>der</strong>en Lebensraumfaktoren<br />

beurteilt werden, die das Vorkommen und<br />

die Verbreitung von Tierarten steuern.<br />

Verbundstrukturen müssen zunächst als Teil<br />

<strong>eines</strong> Lebensraumsystems angesehen werden,<br />

wie dieses beispielsweise <strong>für</strong> Baden-<br />

Württemberg entwickelt wurde (SUCHANT<br />

& BARITZ 2001, SUCHANT et al. 2003).<br />

Die heutige Kulturlandschaft ist als Wildtierlebensraum<br />

zwar nur eingeschränkt nutzbar,<br />

aber sie bietet dennoch eine Vielfalt an<br />

Lebensraumstrukturen und zahlreiche Möglichkeiten<br />

zur Erhaltung, Entwicklung und<br />

Verbesserung dieser Diversität. Landschaftsökologische<br />

Gegebenheiten und verschiedene<br />

Nutzungsformen bedingen sehr heterogene,<br />

sich verän<strong>der</strong>nde Landschaften, die<br />

von Tieren unterschiedlich genutzt werden.<br />

Um Zusammenhänge zwischen <strong>der</strong> Struktur<br />

einer Landschaft und ihrer Nutzung durch<br />

Tiere zu erkennen, müssen zunächst räumliche<br />

Skalen differenziert werden, wie dies<br />

auch ALTMOOS (2003) als Grundlage <strong>für</strong><br />

Habitatmodelle for<strong>der</strong>t. Für das Auerhuhn<br />

wurde nicht nur eine Differenzierung von<br />

räumlichen Maßstabsebenen vorgenommen,<br />

son<strong>der</strong>n auch eine zeitliche Betrachtungsebene<br />

berücksichtigt und eine Verknüpfung<br />

sämtlicher Skalen in einem Habitatmodell<br />

hergestellt (SUCHANT 2002). In diesen<br />

mehrdimensionalen Kontext ist auch <strong>der</strong><br />

Biotopverbund einzuordnen. Bei <strong>der</strong> Diskussion<br />

über Schutznotwendigkeiten und<br />

Schutzüberlegungen zu gefährdeten Arten<br />

ist dieser Zusammenhang ebenso zu berücksichtigen.<br />

Es genügt nicht, eine Art am<br />

Ort ihres aktuellen o<strong>der</strong> früheren Vorkommens<br />

zu „schützen“ o<strong>der</strong> nur zwei aktuelle<br />

Vorkommen miteinan<strong>der</strong> zu „verbinden“.<br />

Eine grundlegende Anfor<strong>der</strong>ung an einen<br />

Biotopverbund besteht in <strong>der</strong> Analyse des<br />

Flächenbedarfs <strong>der</strong> zu schützenden Populationen,<br />

sowie in <strong>der</strong> Prüfung <strong>der</strong>en Fähigkeit,<br />

tatsächlich Korridore als Verbindungs-<br />

und Wan<strong>der</strong>linien anzunehmen (HENLE &<br />

KAULE 1991). Hierbei spielt das Landschaftsmosaik,<br />

<strong>für</strong> Auerhühner insbeson<strong>der</strong>e<br />

die Waldverteilung, eine entscheidende<br />

Rolle (ANGELSTAM 1992). Auerhühner<br />

können innerhalb von Wäl<strong>der</strong>n besser dispergieren<br />

als über offene Flächen. Die<br />

Fragmentierung von Wäl<strong>der</strong>n wird als eine<br />

wichtige Rückgangsursache von Auerhuhnpopulationen<br />

angesehen (SUCHANT 1995,<br />

WEGGE et al. 1995). Die WÖLT bieten<br />

sowohl einen Überblick über den Zerschneidungsgrad<br />

<strong>der</strong> Landschaft als auch<br />

über das Ausmaß <strong>der</strong> Intensität <strong>der</strong> Landnutzung.<br />

Für Baden-Württemberg kann aus<br />

dieser Typisierung rückgeschlossen werden,<br />

in welchen Landschaftsteilen <strong>für</strong> welche<br />

Tierarten grundsätzlich günstige landschaftsökologische<br />

Voraussetzungen zur Ausbildung<br />

geeigneter Habitate vorhanden sind<br />

und wo <strong>der</strong> Bedarf <strong>für</strong> einen län<strong>der</strong>übergreifenden<br />

Biotopverbund beson<strong>der</strong>s hoch<br />

o<strong>der</strong> niedrig liegt. Diese Art <strong>der</strong> Beurteilung<br />

von Lebensräumen <strong>für</strong> Wildtiere ähnelt <strong>der</strong><br />

Beurteilung <strong>der</strong> standörtlichen Bedingungen<br />

<strong>für</strong> die Baumarteneignung im Rahmen<br />

<strong>der</strong> „Standortskundlichen regionalen Glie<strong>der</strong>ung<br />

im Südwestdeutschen Verfahren“<br />

(ALDINGER et al. 1998). Die aus diesem<br />

Verfahren zur Bestimmung <strong>der</strong> Regionalund<br />

Zonalwaldgesellschaften abgeleiteten<br />

Wuchsgebiete sind vergleichbar mit den<br />

WÖLT, anhand <strong>der</strong>er die Tierlebensgemeinschaften<br />

landschaftsbezogen abgeleitet<br />

werden können.<br />

5.2 Biotopverbund und Waldstrukturen<br />

Für die Entwicklung von Auerhuhnlebensräumen<br />

bieten die Landschaftstypen <strong>der</strong> großen<br />

zusammenhängenden Waldgebiete<br />

zunächst relativ günstige Voraussetzungen.<br />

Doch nicht allein <strong>der</strong> Waldanteil ist <strong>für</strong> die<br />

Besiedlung durch Auerhühner entscheidend,<br />

son<strong>der</strong>n die Lebensraumstrukturen in diesen<br />

Wäl<strong>der</strong>n. Diese Strukturen werden<br />

einerseits durch die landschaftsökologischen<br />

Bedingungen bestimmt und an<strong>der</strong>erseits<br />

durch die <strong>Waldwirtschaft</strong>. Innerhalb <strong>der</strong><br />

Landschaftsökologie sind <strong>für</strong> die Ausbildung<br />

von Waldstrukturen klimatische und<br />

bodenkundlich-standörtliche Bedingungen<br />

entscheidend. „Lichte“ Wäl<strong>der</strong> entstehen<br />

natürlicherweise in den Bereichen, die<br />

aufgrund einer kurzen Vegetationsperiode<br />

und/o<strong>der</strong> nährstoffarmer Bedingungen ein<br />

verlangsamtes Baumwachstum aufweisen<br />

und die zusätzlich durch biotische (z. B.<br />

Borkenkäfer) o<strong>der</strong> abiotische (z. B. Windwurf,<br />

Schneebruch) Einflüsse aufgelichtet<br />

werden. Um dieses Potenzial <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong> zur<br />

„natürlichen“ Ausbildung von lichten Wäl<strong>der</strong>n<br />

nach Lage und Fläche einschätzen zu<br />

können, wurde das LÖLP (SUCHANT 2002)<br />

zunächst <strong>für</strong> das Auerhuhn entwickelt und<br />

die Methodik später auf an<strong>der</strong>e Tierarten<br />

übertragen (SUCHANT et al. 2003). Nachdem<br />

<strong>für</strong> das Auerhuhn zunächst nur die<br />

Waldflächengröße, die Unzerschnittenheit<br />

und die als Hilfsparameter <strong>für</strong> klimatische<br />

Verhältnisse herangezogene Höhenlage in<br />

dieses Modell eingegangen sind, wird zurzeit<br />

das LÖLP um klimatische und standörtliche<br />

Eingangsdaten erweitert. Mit dieser Methode<br />

kann abgeleitet werden, welche Waldflächen<br />

aufgrund ihrer landschaftsökologischen<br />

Bedingungen eine Entwicklung hin<br />

zu lichten Wäl<strong>der</strong>n erwarten lassen. In den<br />

Waldflächen des LÖLP stimmen waldbauliche<br />

Maßnahmen zugunsten des Auerhuhns,<br />

die als „Auflichtungsmaßnahmen“<br />

zusammengefasst werden können, mit den<br />

natürlichen Prozessen überein und laufen<br />

diesen nicht zuwi<strong>der</strong>. Die Maßnahmenplanung<br />

nicht allein am aktuellen Vorkommen<br />

einer Art, son<strong>der</strong>n auch an dessen LÖLP<br />

auszurichten, ist aber nicht nur ökologisch,<br />

son<strong>der</strong>n auch ökonomisch sinnvoll: Es ist<br />

finanziell effektiver, lichte Waldstrukturen<br />

dort zu schaffen, wo die standörtlichen Bedingungen<br />

nicht zu einem ständigen „Zuwachsen“<br />

und „Dunkelwerden“ tendieren.<br />

Da die <strong>Waldwirtschaft</strong> die natürlichen Entwicklungen<br />

hin zu einer „Auflichtung“ o<strong>der</strong><br />

einem „Dunkelwerden“ massiv verän<strong>der</strong>n<br />

und steuern kann, kommt ihr eine zentrale<br />

Bedeutung bei <strong>der</strong> Entwicklung von Waldstrukturen<br />

zu. Die heute gängige naturnahe<br />

<strong>Waldwirtschaft</strong> tendiert dazu, einen auf die<br />

einzelstammweise Nutzung ausgerichteten<br />

Prozess <strong>der</strong> natürlichen Verjüngung sehr zu<br />

dogmatisieren. Lichte Strukturen, Randlinien<br />

und ein Mosaik von unterschiedlichsten<br />

Bestandesverhältnissen zu erhalten o<strong>der</strong><br />

zu schaffen werden, ist bei den heutigen,<br />

teilweise sehr hohen Holzvorräten allein<br />

über die einzelstammweise Nutzung nicht<br />

mehr zu erreichen. Auerhuhnwäl<strong>der</strong> bedürfen<br />

<strong>eines</strong> Maßes an Auflichtungen, die zu<br />

einem geringen Anteil (ca. 10 %) aus größeren<br />

Bestandesslücken o<strong>der</strong> kleineren Freiflächen<br />

bestehen und zu einem ausreichenden<br />

Flächenanteil (ca. 20 %) aus stark aufgelichteten<br />

Beständen (SUCHANT 2002).<br />

Doch was haben diese durch die <strong>Waldwirtschaft</strong><br />

mit gesteuerten Waldstrukturen mit<br />

dem län<strong>der</strong>übergreifenden Biotopverbund<br />

zu tun?<br />

5.3 Biotopverbund und <strong>Waldwirtschaft</strong><br />

Im komplexen Wirkungsgefüge „Wildtier –<br />

Lebensraum – Biotopverbund“ spielt neben<br />

dem Fragmentierungsgrad <strong>der</strong> Landschaft<br />

die Tatsache eine wesentliche Rolle, dass<br />

Arten mit geringer Dichte durch die

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