Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines - Deutscher Rat für ...
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schwarzwald. In den Schwarzwald-Randbereichen<br />
steigt <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>wi<strong>der</strong>stand deutlich<br />
an und wird außerhalb des Naturraums<br />
so hoch, dass <strong>der</strong> Schwarzwald <strong>für</strong> Auerhühner<br />
als isolierter Lebensraum gelten kann.<br />
5 Diskussion<br />
5.1 Biotopverbund und das<br />
Lebensraumsystem <strong>für</strong> Wildtiere<br />
Die Frage, ob das Auerhuhn als Indikator<br />
<strong>für</strong> einen län<strong>der</strong>übergreifenden Biotopverbund<br />
herangezogen werden kann, ist bezogen<br />
auf die Betrachtungsebene und in<br />
Abhängigkeit von den landschaftsökologischen<br />
Bedingungen differenziert zu beantworten.<br />
Auch darf <strong>der</strong> Biotopverbund nicht<br />
isoliert von an<strong>der</strong>en Lebensraumfaktoren<br />
beurteilt werden, die das Vorkommen und<br />
die Verbreitung von Tierarten steuern.<br />
Verbundstrukturen müssen zunächst als Teil<br />
<strong>eines</strong> Lebensraumsystems angesehen werden,<br />
wie dieses beispielsweise <strong>für</strong> Baden-<br />
Württemberg entwickelt wurde (SUCHANT<br />
& BARITZ 2001, SUCHANT et al. 2003).<br />
Die heutige Kulturlandschaft ist als Wildtierlebensraum<br />
zwar nur eingeschränkt nutzbar,<br />
aber sie bietet dennoch eine Vielfalt an<br />
Lebensraumstrukturen und zahlreiche Möglichkeiten<br />
zur Erhaltung, Entwicklung und<br />
Verbesserung dieser Diversität. Landschaftsökologische<br />
Gegebenheiten und verschiedene<br />
Nutzungsformen bedingen sehr heterogene,<br />
sich verän<strong>der</strong>nde Landschaften, die<br />
von Tieren unterschiedlich genutzt werden.<br />
Um Zusammenhänge zwischen <strong>der</strong> Struktur<br />
einer Landschaft und ihrer Nutzung durch<br />
Tiere zu erkennen, müssen zunächst räumliche<br />
Skalen differenziert werden, wie dies<br />
auch ALTMOOS (2003) als Grundlage <strong>für</strong><br />
Habitatmodelle for<strong>der</strong>t. Für das Auerhuhn<br />
wurde nicht nur eine Differenzierung von<br />
räumlichen Maßstabsebenen vorgenommen,<br />
son<strong>der</strong>n auch eine zeitliche Betrachtungsebene<br />
berücksichtigt und eine Verknüpfung<br />
sämtlicher Skalen in einem Habitatmodell<br />
hergestellt (SUCHANT 2002). In diesen<br />
mehrdimensionalen Kontext ist auch <strong>der</strong><br />
Biotopverbund einzuordnen. Bei <strong>der</strong> Diskussion<br />
über Schutznotwendigkeiten und<br />
Schutzüberlegungen zu gefährdeten Arten<br />
ist dieser Zusammenhang ebenso zu berücksichtigen.<br />
Es genügt nicht, eine Art am<br />
Ort ihres aktuellen o<strong>der</strong> früheren Vorkommens<br />
zu „schützen“ o<strong>der</strong> nur zwei aktuelle<br />
Vorkommen miteinan<strong>der</strong> zu „verbinden“.<br />
Eine grundlegende Anfor<strong>der</strong>ung an einen<br />
Biotopverbund besteht in <strong>der</strong> Analyse des<br />
Flächenbedarfs <strong>der</strong> zu schützenden Populationen,<br />
sowie in <strong>der</strong> Prüfung <strong>der</strong>en Fähigkeit,<br />
tatsächlich Korridore als Verbindungs-<br />
und Wan<strong>der</strong>linien anzunehmen (HENLE &<br />
KAULE 1991). Hierbei spielt das Landschaftsmosaik,<br />
<strong>für</strong> Auerhühner insbeson<strong>der</strong>e<br />
die Waldverteilung, eine entscheidende<br />
Rolle (ANGELSTAM 1992). Auerhühner<br />
können innerhalb von Wäl<strong>der</strong>n besser dispergieren<br />
als über offene Flächen. Die<br />
Fragmentierung von Wäl<strong>der</strong>n wird als eine<br />
wichtige Rückgangsursache von Auerhuhnpopulationen<br />
angesehen (SUCHANT 1995,<br />
WEGGE et al. 1995). Die WÖLT bieten<br />
sowohl einen Überblick über den Zerschneidungsgrad<br />
<strong>der</strong> Landschaft als auch<br />
über das Ausmaß <strong>der</strong> Intensität <strong>der</strong> Landnutzung.<br />
Für Baden-Württemberg kann aus<br />
dieser Typisierung rückgeschlossen werden,<br />
in welchen Landschaftsteilen <strong>für</strong> welche<br />
Tierarten grundsätzlich günstige landschaftsökologische<br />
Voraussetzungen zur Ausbildung<br />
geeigneter Habitate vorhanden sind<br />
und wo <strong>der</strong> Bedarf <strong>für</strong> einen län<strong>der</strong>übergreifenden<br />
Biotopverbund beson<strong>der</strong>s hoch<br />
o<strong>der</strong> niedrig liegt. Diese Art <strong>der</strong> Beurteilung<br />
von Lebensräumen <strong>für</strong> Wildtiere ähnelt <strong>der</strong><br />
Beurteilung <strong>der</strong> standörtlichen Bedingungen<br />
<strong>für</strong> die Baumarteneignung im Rahmen<br />
<strong>der</strong> „Standortskundlichen regionalen Glie<strong>der</strong>ung<br />
im Südwestdeutschen Verfahren“<br />
(ALDINGER et al. 1998). Die aus diesem<br />
Verfahren zur Bestimmung <strong>der</strong> Regionalund<br />
Zonalwaldgesellschaften abgeleiteten<br />
Wuchsgebiete sind vergleichbar mit den<br />
WÖLT, anhand <strong>der</strong>er die Tierlebensgemeinschaften<br />
landschaftsbezogen abgeleitet<br />
werden können.<br />
5.2 Biotopverbund und Waldstrukturen<br />
Für die Entwicklung von Auerhuhnlebensräumen<br />
bieten die Landschaftstypen <strong>der</strong> großen<br />
zusammenhängenden Waldgebiete<br />
zunächst relativ günstige Voraussetzungen.<br />
Doch nicht allein <strong>der</strong> Waldanteil ist <strong>für</strong> die<br />
Besiedlung durch Auerhühner entscheidend,<br />
son<strong>der</strong>n die Lebensraumstrukturen in diesen<br />
Wäl<strong>der</strong>n. Diese Strukturen werden<br />
einerseits durch die landschaftsökologischen<br />
Bedingungen bestimmt und an<strong>der</strong>erseits<br />
durch die <strong>Waldwirtschaft</strong>. Innerhalb <strong>der</strong><br />
Landschaftsökologie sind <strong>für</strong> die Ausbildung<br />
von Waldstrukturen klimatische und<br />
bodenkundlich-standörtliche Bedingungen<br />
entscheidend. „Lichte“ Wäl<strong>der</strong> entstehen<br />
natürlicherweise in den Bereichen, die<br />
aufgrund einer kurzen Vegetationsperiode<br />
und/o<strong>der</strong> nährstoffarmer Bedingungen ein<br />
verlangsamtes Baumwachstum aufweisen<br />
und die zusätzlich durch biotische (z. B.<br />
Borkenkäfer) o<strong>der</strong> abiotische (z. B. Windwurf,<br />
Schneebruch) Einflüsse aufgelichtet<br />
werden. Um dieses Potenzial <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong> zur<br />
„natürlichen“ Ausbildung von lichten Wäl<strong>der</strong>n<br />
nach Lage und Fläche einschätzen zu<br />
können, wurde das LÖLP (SUCHANT 2002)<br />
zunächst <strong>für</strong> das Auerhuhn entwickelt und<br />
die Methodik später auf an<strong>der</strong>e Tierarten<br />
übertragen (SUCHANT et al. 2003). Nachdem<br />
<strong>für</strong> das Auerhuhn zunächst nur die<br />
Waldflächengröße, die Unzerschnittenheit<br />
und die als Hilfsparameter <strong>für</strong> klimatische<br />
Verhältnisse herangezogene Höhenlage in<br />
dieses Modell eingegangen sind, wird zurzeit<br />
das LÖLP um klimatische und standörtliche<br />
Eingangsdaten erweitert. Mit dieser Methode<br />
kann abgeleitet werden, welche Waldflächen<br />
aufgrund ihrer landschaftsökologischen<br />
Bedingungen eine Entwicklung hin<br />
zu lichten Wäl<strong>der</strong>n erwarten lassen. In den<br />
Waldflächen des LÖLP stimmen waldbauliche<br />
Maßnahmen zugunsten des Auerhuhns,<br />
die als „Auflichtungsmaßnahmen“<br />
zusammengefasst werden können, mit den<br />
natürlichen Prozessen überein und laufen<br />
diesen nicht zuwi<strong>der</strong>. Die Maßnahmenplanung<br />
nicht allein am aktuellen Vorkommen<br />
einer Art, son<strong>der</strong>n auch an dessen LÖLP<br />
auszurichten, ist aber nicht nur ökologisch,<br />
son<strong>der</strong>n auch ökonomisch sinnvoll: Es ist<br />
finanziell effektiver, lichte Waldstrukturen<br />
dort zu schaffen, wo die standörtlichen Bedingungen<br />
nicht zu einem ständigen „Zuwachsen“<br />
und „Dunkelwerden“ tendieren.<br />
Da die <strong>Waldwirtschaft</strong> die natürlichen Entwicklungen<br />
hin zu einer „Auflichtung“ o<strong>der</strong><br />
einem „Dunkelwerden“ massiv verän<strong>der</strong>n<br />
und steuern kann, kommt ihr eine zentrale<br />
Bedeutung bei <strong>der</strong> Entwicklung von Waldstrukturen<br />
zu. Die heute gängige naturnahe<br />
<strong>Waldwirtschaft</strong> tendiert dazu, einen auf die<br />
einzelstammweise Nutzung ausgerichteten<br />
Prozess <strong>der</strong> natürlichen Verjüngung sehr zu<br />
dogmatisieren. Lichte Strukturen, Randlinien<br />
und ein Mosaik von unterschiedlichsten<br />
Bestandesverhältnissen zu erhalten o<strong>der</strong><br />
zu schaffen werden, ist bei den heutigen,<br />
teilweise sehr hohen Holzvorräten allein<br />
über die einzelstammweise Nutzung nicht<br />
mehr zu erreichen. Auerhuhnwäl<strong>der</strong> bedürfen<br />
<strong>eines</strong> Maßes an Auflichtungen, die zu<br />
einem geringen Anteil (ca. 10 %) aus größeren<br />
Bestandesslücken o<strong>der</strong> kleineren Freiflächen<br />
bestehen und zu einem ausreichenden<br />
Flächenanteil (ca. 20 %) aus stark aufgelichteten<br />
Beständen (SUCHANT 2002).<br />
Doch was haben diese durch die <strong>Waldwirtschaft</strong><br />
mit gesteuerten Waldstrukturen mit<br />
dem län<strong>der</strong>übergreifenden Biotopverbund<br />
zu tun?<br />
5.3 Biotopverbund und <strong>Waldwirtschaft</strong><br />
Im komplexen Wirkungsgefüge „Wildtier –<br />
Lebensraum – Biotopverbund“ spielt neben<br />
dem Fragmentierungsgrad <strong>der</strong> Landschaft<br />
die Tatsache eine wesentliche Rolle, dass<br />
Arten mit geringer Dichte durch die