Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines - Deutscher Rat für ...
Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines - Deutscher Rat für ...
Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines - Deutscher Rat für ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
standorte auf. In bereits 34 Naturwaldreservaten<br />
wurden bisher Flächenuntersuchungen<br />
durchgeführt (STRÄTZ im<br />
Druck, HELFER 2000). Dabei wurden in<br />
nordbayerischen Naturwaldreservaten mehr<br />
als 100 Landschneckenarten nachgewiesen.<br />
Das sind mehr als 50 % aller bisher aus<br />
Bayern überhaupt bekannten Arten. Naturwaldreservate<br />
können daher als Wiege <strong>der</strong><br />
Biodiversität und als Refugien seltener<br />
Waldschnecken bezeichnet werden. Durchschnittlich<br />
wurden in den Naturwaldreservaten<br />
ca. 40 Schneckenarten festgestellt.<br />
In den artenreichsten Gebieten des<br />
Frankenwaldes ließen sich bis zu 57 Arten,<br />
im eibenreichsten Reservat, dem Naturwaldreservat<br />
Wasserberg in <strong>der</strong> nördlichen<br />
Frankenalb, 66 Arten nachweisen (Tab. 2).<br />
Im Durchschnitt 20 % bis 33 % <strong>der</strong> festgestellten<br />
Arten <strong>eines</strong> Naturwaldreservates sind<br />
in <strong>der</strong> aktuellen Roten Liste Bayerns verzeichnet.<br />
Naturwaldreservate sichern in diesen<br />
naturnahen Wäl<strong>der</strong>n somit die überlieferte<br />
Biotoptradition.<br />
Um die Bestände dieser Waldschneckenarten<br />
auch in den benachbarten Wirtschaftswäl<strong>der</strong>n<br />
zu sichern, ist es notwendig, die<br />
vorhandenen standortheimischen Mischwaldbestände<br />
zu erhalten bzw. wie<strong>der</strong> aufzubauen.<br />
Für Schnecken ist beson<strong>der</strong>s stärkeres,<br />
liegendes Totholz als Versteckplatz<br />
und Verdunstungsschutz in Trockenperioden<br />
wichtig. Innerhalb größerer Waldgebiete<br />
sollten durch einen Biotopverbund<br />
die <strong>zum</strong> Teil ausbreitungsschwachen und<br />
sehr kleinen Waldschneckenarten geför<strong>der</strong>t<br />
werden. Eine Vernetzung typischer Waldschneckenhabitate<br />
ist <strong>für</strong> die meisten Arten<br />
insbeson<strong>der</strong>e in ausgedehnten Nadelwaldgebieten<br />
auch entlang von Forstwegen zu<br />
erzielen, wenn hier verstärkt Edellaubbäume,<br />
v. a. Esche, Ahorn, Linde, eingebracht und<br />
Totholz vor Ort belassen werden.<br />
Ausblick<br />
Naturwaldreservate wirken sich durch ihre<br />
waldtypischen Lebensgemeinschaften in<br />
ihren Flächen auch auf benachbarte Wäl<strong>der</strong><br />
aus. Sie fungieren als Rückzugs- und<br />
Spen<strong>der</strong>fläche. Sensible Arten können sich,<br />
von dieser Rückzugsfläche ausgehend, in<br />
den umgebenden naturnahen Wirtschaftswald<br />
wie<strong>der</strong> ausbreiten. Ein schönes Beispiel<br />
hier<strong>für</strong> sind die zahlreichen Nachweise<br />
<strong>der</strong> vormals sehr seltenen Pilzarten Ästiger<br />
Stachelbart Hericium coralloides und<br />
Igelstachelbart Hericium erinaceum (Abb.<br />
4) in den 1990er Jahren in naturnahen<br />
Buchenwäl<strong>der</strong>n Unterfrankens. Wichtig ist<br />
es, dass <strong>der</strong> Wirtschaftswald natürliche Elemente<br />
wie Totholz, Struktur, Alter und Reife<br />
in eine naturnahe Bewirtschaftung übernimmt.<br />
Abb. 4: Hericium erinaceum, <strong>der</strong> Igelstachelbart,<br />
wird seit den 1990er Jahren vermehrt in<br />
naturnahen Buchenwäl<strong>der</strong>n Unterfrankens<br />
gefunden. (Foto: M. Blaschke).<br />
Darüber hinaus können Naturwaldreservate<br />
eine sehr wichtige Rolle als Informationsquelle<br />
und <strong>zum</strong> Anreiz <strong>für</strong> Verhaltensän<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> Naturschützer und Forstleute<br />
spielen. Die Ergebnisse <strong>der</strong> langjährigen<br />
waldökologischen Forschung werden<br />
in die Aus- und Fortbildung <strong>der</strong> Forstleute<br />
integriert. Es besteht die Hoffnung, dass die<br />
Ergebnisse aus <strong>der</strong> Naturwaldreservatsforschung<br />
somit weiter in die Praxis einfließen<br />
und in die forstliche Tätigkeit im<br />
Wirtschaftswald übernommen werden. Das<br />
Ziel, aus <strong>der</strong> Beobachtung von Naturwaldreservaten<br />
naturnahe Strategien <strong>für</strong> den<br />
Waldbau und <strong>für</strong> den Naturschutz im<br />
Wirtschaftswald abzuleiten und diese praxisgerecht<br />
umzusetzen, wäre dann erreicht.<br />
Damit hätten die Naturwaldreservate als<br />
Spen<strong>der</strong>flächen <strong>für</strong> waldökologische Infor-<br />
Tab. 2: Mittlere Artenzahlen an Mollusken in unterschiedlichen Waldtypen und gehölzdominierten<br />
Lebensraumtypen in Oberfranken (Nordostbayern).<br />
Lebensraumtyp Mittl. Artenzahl an Mollusken<br />
NWR, naturnahe Wäl<strong>der</strong> in felsreichen Kalkgebieten 50–60<br />
Laubholz-Wirtschaftswald in Kalkgebieten 30–40<br />
Mittel- und Nie<strong>der</strong>wäl<strong>der</strong> (Basenreiche Standorte) > 35<br />
Mittel- und Nie<strong>der</strong>wäl<strong>der</strong> (trocken, bodensauer) < 15<br />
Fichtenmischwäl<strong>der</strong> (bodensauer) < 15<br />
Ehem. streugenutzte Kiefernwäl<strong>der</strong> auf Sand 5–10<br />
Reiner Fichtenforst < 5<br />
63<br />
mationen und zugleich als Lehrbeispiele<br />
den Gedanken des Biotopverbundes und<br />
<strong>der</strong> Vernetzung sowohl vor Ort als auch in<br />
den Köpfen erfüllt.<br />
Literatur<br />
ALBRECHT, L. (1990): Grundlagen, Ziele und<br />
Methodik <strong>der</strong> waldökologischen Forschung in<br />
Naturwaldreservaten. - Schriftenreihe Naturwaldreservate<br />
in Bayern, Bd. 1, 219 S.<br />
ALBRECHT, L. (1993): Naturwaldreservate in<br />
Bayern. - Broschüre des Bayerischen Staatsministeriums<br />
<strong>für</strong> Ernährung, Landwirtschaft und<br />
Forsten, 33 S.<br />
BLAB, J. (2002): Nationale sowie Internationale<br />
Schutzgebietskategorien und- prädikate in<br />
Deutschland. - Schr.- R. d. Deutschen <strong>Rat</strong>es <strong>für</strong><br />
Landespflege, H. 73, 24-33.<br />
BÜCKING, W. (1993): Empfehlungen <strong>für</strong> die<br />
Einrichtungen und Betreuung von Naturwaldreservaten<br />
in Deutschland, Projektgruppe Naturwaldreservate.<br />
- Forstarchiv, Nr. 3, 122-129.<br />
BÜCKING, W. (2003): Naturwaldreservate –<br />
„Urwald“ in Deutschland. - aid infodienst, 66 S.<br />
DRL (<strong>Deutscher</strong> <strong>Rat</strong> <strong>für</strong> Landespflege) (1983):<br />
Ein „Integriertes Schutzgebietssystem“ zur Sicherung<br />
von Natur und Landschaft – entwickelt<br />
am Beispiel des Landes Nie<strong>der</strong>sachsen. - Schr.-<br />
R. d. Deutschen <strong>Rat</strong>es <strong>für</strong> Landespflege, H. 41, 5-<br />
26.<br />
DRL (<strong>Deutscher</strong> <strong>Rat</strong> <strong>für</strong> Landespflege) (2002):<br />
Gebietsschutz in Deutschland: Erreichtes – Effektivität<br />
– Fortentwicklung. - Schr.- R. d. Deutschen<br />
<strong>Rat</strong>es <strong>für</strong> Landespflege, H. 73, 5-23.<br />
DOROW, W. & FLECHTNER, G. (1999): Ergebnisse<br />
umfassen<strong>der</strong> Faunenuntersuchungen in<br />
montanen Buchenwäl<strong>der</strong>n auf Basalt und Buntsandstein<br />
in Hessen. - NUA–Seminarbericht, Bd.<br />
4, 176-192.<br />
HELFER, W. (2000): Urwäl<strong>der</strong> von morgen. -<br />
Naturwaldreservate in Bayern, Bd. 5, IHW-Verlag,<br />
Eching, 160 S.<br />
KÖLBEL, M. (1999): Totholz in Naturwaldreservaten<br />
und Urwäl<strong>der</strong>n. - LWF aktuell, Nr. 18,<br />
2-5.<br />
MÖSSMER, R. & GULDER, H. J. (2003): Naturwaldreservate<br />
– Forschung <strong>für</strong> den Wald <strong>der</strong><br />
Zukunft. - LWF aktuell, Nr. 40, 1-3.<br />
MÜLLER, J. (im Druck): Welchen <strong>Beitrag</strong> <strong>zum</strong><br />
Schutz von Waldvogelarten leisten Naturwaldreservate.<br />
- Anz. Orn. Ges. Bayern.<br />
SCHMIDT, O. (1999): Prozess- o<strong>der</strong> Artenschutz?<br />
Naturwaldreservate als Leitbil<strong>der</strong> <strong>für</strong><br />
Naturschutz im Wald. - AFZ/<strong>Der</strong> Wald, 8, 380-<br />
381<br />
STRÄTZ, C. (im Druck): Die Molluskenfauna<br />
<strong>der</strong> Naturwaldreservate in Oberfranken. - Ber.<br />
Naturforsch. Ges. Bamberg.<br />
Anschrift <strong>der</strong> Verfasser:<br />
Präsident Olaf Schmidt,<br />
Forstrat Jörg Müller & Forstrat Alexan<strong>der</strong><br />
Schnell<br />
Bayerische Landesanstalt <strong>für</strong> Wald und<br />
Forstwirtschaft<br />
Am Hochanger 11<br />
85354 Freising<br />
eMail: ste@lwf.uni-muenchen.de