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Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines - Deutscher Rat für ...

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daches werden nach wie vor exogene Störereignisse<br />

bringen, wie die Stürme Vivian,<br />

Wiebke und Lothar in jüngster Vergangenheit<br />

gezeigt haben.<br />

Gleichwohl kann auch <strong>der</strong> Dauerwald nicht<br />

alle Aufgaben von Wäl<strong>der</strong>n im Gefolge <strong>der</strong><br />

Holzproduktion erfüllen, er ist keine Neubelebung<br />

<strong>der</strong> Kielwassertheorie. Die <strong>für</strong> die<br />

Artenvielfalt <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong> so wichtigen<br />

Totholzelemente können nicht durch die<br />

Baumstümpfe <strong>der</strong> geernteten Bäume erfüllt<br />

werden, so wichtig sie als letzte Refugien<br />

totholzbewohnen<strong>der</strong> Arten auch sind. Stark<br />

dimensioniertes Totholz, stehend und liegend,<br />

alte Bäume mit Totholzreichtum im<br />

Kronenraum, alle Entwicklungsstadien vom<br />

festen Holzkörper bis <strong>zum</strong> Humus werdenden<br />

Holzmulm sind <strong>für</strong> die Vielfalt des<br />

waldtypischen Lebens, seiner Pflanzen, Insekten<br />

und Pilze unersetzlich. Sie müssen in<br />

einer Mindestmenge in allen Wäl<strong>der</strong>n vorhanden<br />

sein, die als von jedem Waldeigentümer<br />

abzuverlangen<strong>der</strong> Mindeststandard<br />

an naturschutzfachlichen Kriterien<br />

zu formulieren ist.<br />

Weitergehende Leistungen sind dagegen als<br />

echte Leistungen <strong>der</strong> Forstwirtschaft zu verstehen.<br />

Als eigenständiges Produkt sind diese<br />

entwe<strong>der</strong> im Rahmen verän<strong>der</strong>ter För<strong>der</strong>strukturen<br />

o<strong>der</strong> im Wege des Vertragsnaturschutzes<br />

ebenso zu entlohnen wie das<br />

Hauptprodukt Holz.<br />

Am Beispiel von Höhlen <strong>der</strong> Spechte, die<br />

als Zeigerarten eine bedeutende Rolle spielen,<br />

wird dies deutlich: Die unterschied-<br />

Strukturvielfalt im Dauerwald (Foto: K.- F.<br />

Sinner).<br />

Lebensraum Totholz (Foto: K.-F. Sinner).<br />

lichsten Ansprüche <strong>der</strong> einzelnen Spechtarten<br />

an Lebensraumstruktur, Baumart, Totholz<br />

und Baumdimension charakterisieren<br />

bei Vorhandensein <strong>der</strong> jeweiligen Art den<br />

Wald. Gibt es keine stark dimensionierten<br />

Bäume, dann gibt es dort auch nicht den<br />

Schwarzspecht. Gibt es keine Schwarzspechthöhlen,<br />

haben es Rauhfußkauz, Hohltaube<br />

und Höhlennutzer aus <strong>der</strong> Insektenwelt<br />

schwer zu überleben. Stehen diese<br />

Höhlenbäume nicht über Jahrzehnte im<br />

Wald, werden sie sich nicht als Fle<strong>der</strong>mausquartiere<br />

eignen. Für den Waldbesitzer macht<br />

es allerdings einen erheblichen Unterschied,<br />

ob <strong>der</strong> Schwarzspecht seine Höhle in eine<br />

Buche mit Brennholzqualität o<strong>der</strong> in eine<br />

Buche mit Furnierqualität baut.<br />

Grundlage allen Lebens im Wald sind die<br />

Böden. Zugleich sind sie die Teile des Waldes,<br />

die – meistens unbeachtet – die größte<br />

Fülle an Leben enthalten. Eine Waldbewirtschaftung<br />

im Sinne <strong>der</strong> Nachhaltigkeitsdefinition<br />

von Helsinki muss sicherstellen,<br />

dass die Qualität <strong>der</strong> Waldböden<br />

nicht verschlechtert wird, son<strong>der</strong>n Mindeststandards<br />

naturschutzfachlicher Art auch<br />

beim Bodenschutz erfüllt werden.<br />

In einem intensiven Dialog müssen die<br />

naturschutzfachlichen Mindestanfor<strong>der</strong>ungen<br />

an die <strong>Waldwirtschaft</strong> und die<br />

Honorierung darüber hinausgehen<strong>der</strong> Leistungen<br />

geklärt werden, damit Wäl<strong>der</strong> im<br />

Vernetzungskonzept <strong>eines</strong> Biotopverbundes<br />

in <strong>der</strong> Fläche tatsächlich als Verbindungselemente<br />

wirksam werden können und nicht<br />

als Barrieren zwischen den Kernflächen des<br />

Biotopverbundes liegen.<br />

Die Forstwirtschaft muss sich diesem Dialog<br />

stellen und ihn aktiv mitgestalten.<br />

35<br />

ERLER hat diese Notwendigkeit bereits<br />

1997 formuliert:<br />

„Es interessiert in <strong>der</strong> Gesellschaft niemanden,<br />

dass <strong>der</strong> Waldbesitzer von seinem Tun<br />

überzeugt ist, solange nicht die Kriterien in<br />

einem gesellschaftlichen Diskurs gefunden<br />

und einer gesellschaftlichen Kontrolle zugänglich<br />

gemacht sind.“<br />

Neben <strong>der</strong> Gewinnung von Verständnis und<br />

Akzeptanz <strong>für</strong> <strong>Waldwirtschaft</strong> sehe ich als<br />

mögliches Ergebnis <strong>eines</strong> solchen offensiv<br />

zu führenden Dialogs auch die dringend<br />

notwendige Erweiterung einer zu honorierenden<br />

Produktpalette ökologischer Leistungen<br />

<strong>für</strong> die Waldeigentümer. Mit einer<br />

grundsätzlichen Ablehnung einer Normierung<br />

von Mindeststandards durch naturschutzfachliche<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an die Waldbewirtschaftung<br />

im Sinne <strong>der</strong> guten fachlichen<br />

Praxis ist dieses Ziel jedoch nicht<br />

erreichbar.<br />

Literatur<br />

KORPEL, S. (1995): Die Urwäl<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Westkarpaten. - Stuttgart, Gustav Fischer<br />

Verlag, 310 S.<br />

ERLER, J. (1997): Strukturwandel in <strong>der</strong><br />

Forstwirtschaft und Konsequenzen <strong>für</strong> die<br />

Waldarbeit. - AFZ/<strong>Der</strong> Wald, 52, H. 26,<br />

1406-1408.<br />

GAYER, C. (1878): <strong>Der</strong> Waldbau. Bd. I. -<br />

Parey, Berlin, 364 S.<br />

Anschrift des Verfassers:<br />

Karl-Friedrich Sinner<br />

Leiter des Nationalparks Bayerischer Wald<br />

Freyunger Straße 2<br />

94481 Grafenau

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