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Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines - Deutscher Rat für ...

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In <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit sollen deshalb<br />

nicht nur die beson<strong>der</strong>en Qualitäten von<br />

historisch alten Wäl<strong>der</strong>n mit Hinweisen auf<br />

aktuelle Literatur und ihre Schutzwürdigkeit<br />

vorgestellt werden, son<strong>der</strong>n auch die Möglichkeiten<br />

<strong>der</strong> Lokalisierung unter Verwendung<br />

von Karten, die mittlerweile zahlreich<br />

vorliegen. Schließlich wird auf die Berücksichtigung<br />

von historisch alten Wäl<strong>der</strong>n beim<br />

Biotopverbund mit beson<strong>der</strong>em Bezug zur<br />

Flächenauswahl und Auswahl von Zielarten<br />

eingegangen.<br />

2 Definition und Qualitäten von<br />

historisch alten Wäl<strong>der</strong>n<br />

2.1 Definition<br />

Für Deutschland wurde bereits im Jahre<br />

1993 im Rahmen einer Fachtagung <strong>der</strong><br />

Alfred-Töpfer-Akademie (vormals NNA)<br />

festgelegt, dass historisch alte Wäl<strong>der</strong> (=<br />

HAW) Waldflächen sind, „... die nach Hinweisen<br />

aus historischen Karten, Bestandesbeschreibungen<br />

o<strong>der</strong> aufgrund sonstiger Indizien<br />

mindestens seit mehreren 100 Jahren<br />

kontinuierlich existieren“ (WULF 1994, S.<br />

3). Demnach muss ein- und dieselbe Waldfläche<br />

mindestens 200 Jahre kontinuierlich<br />

bewaldet sein, um sie als historisch alt zu<br />

klassifizieren. Unzulänglichkeiten, wie kurz-<br />

fristige Unterbrechungen durch Hieb o<strong>der</strong><br />

starke Auflichtungen im<br />

18./19. Jh. infolge intensiver<br />

Waldweide<br />

und/o<strong>der</strong> Holznutzung<br />

müssen in Kauf genommen<br />

werden, da die<br />

wichtigsten Grundlagen<br />

(historische und aktuelle<br />

Karten) nur <strong>für</strong> größere<br />

Zeitabstände (rd.<br />

50-100 Jahre) vorliegen.<br />

Neuzeitliche Waldflächen<br />

(= NW) sind demnach<br />

alle Wäl<strong>der</strong>, die<br />

etwa seit dem Ende des<br />

18. Jh. bzw. Beginn des<br />

19. Jh. auf zuvor an<strong>der</strong>s<br />

genutzten Flächen o<strong>der</strong><br />

Brachen entstanden<br />

sind.<br />

2.2 Qualitäten in<br />

Bezug auf die Flora<br />

Höhere Pflanzen gehören<br />

mit Abstand zu den<br />

am häufigsten untersuchten<br />

Arten in HAW<br />

und NW. Mittlerweile<br />

kann deshalb auf umfangreiche<br />

Listen von<br />

Indikatorarten zurück-<br />

gegriffen werden. Dabei wurden Gesamtlisten<br />

aus den Angaben mehrerer europäischer<br />

Län<strong>der</strong> (HERMY 1994), Listen <strong>für</strong><br />

intensiv untersuchte Regionen innerhalb<br />

<strong>eines</strong> Landes (PETERKEN & GAME 1984)<br />

und Listen <strong>für</strong> die in Deutschland untersuchten<br />

Regionen (WULF 1999) zusammengestellt.<br />

An dieser Stelle wird deshalb<br />

nur eine kleine Auswahl von 20 Krautarten<br />

vorgestellt, die beson<strong>der</strong>s oft in <strong>der</strong> europäischen<br />

Literatur als Indikatorarten <strong>für</strong> historisch<br />

alte Wäl<strong>der</strong> genannt wurden (Tab. 1).<br />

<strong>Der</strong> Begriff „Indikatorart“ versteht sich nicht<br />

als Ausschlusskriterium. Das heißt, eine<br />

Indikatorart <strong>für</strong> historisch alte Wäl<strong>der</strong> ist<br />

nicht auf diese beschränkt, sie kommt<br />

durchaus in neuzeitlichen Wäl<strong>der</strong>n vor, aber<br />

ihr Schwerpunkt liegt statistisch abgesichert<br />

in historisch alten Wäl<strong>der</strong>n. <strong>Der</strong> Begriff<br />

„indicator species“ wird in Großbritannien<br />

selbst dann gebraucht, wenn z. B. 60 % aller<br />

Fundorte einer Art in einer Region in HAW<br />

liegen und 40 % in NW, sofern <strong>der</strong> Unterschied<br />

signifikant ist. Es ist noch darauf<br />

hinzuweisen, dass die Bindung einer Art an<br />

historisch alte Wäl<strong>der</strong> von Region zu Region<br />

variieren kann. So zeigt z. B. Oxalis<br />

acetosella (Sauerklee) keine signifikante<br />

Bindung an historisch alte Wäl<strong>der</strong> im Elbe-<br />

Weser-Dreieck (NW-Nie<strong>der</strong>sachsen), wohl<br />

aber in <strong>der</strong> Prignitz (NO-Brandenburg)<br />

(WULF 1997, WULF 2003c). Die Ursachen<br />

sind bislang nicht bekannt bzw. untersucht.<br />

53<br />

Neben den in Tabelle 1 vorgestellten Krautarten<br />

gibt es auch etliche Baum- und Straucharten,<br />

die als Indikatorarten <strong>für</strong> HAW gelten<br />

können (WULF 2003c). Außerdem wurden<br />

zahlreiche nie<strong>der</strong>e Pflanzen, also Moose<br />

und Flechten, als typische Arten historisch<br />

alter Wäl<strong>der</strong> beschrieben, z. B. von ERNST<br />

& HANSTEIN (2001) sowie VULLMER<br />

(2001).<br />

2.3 Qualitäten hinsichtlich <strong>der</strong> Fauna<br />

Von den Tieren bzw. Tiergruppen wurden<br />

die Käfer beson<strong>der</strong>s häufig untersucht (ASS-<br />

MANN 1994, SSYMANK 1994). Hierbei<br />

muss man sehr sorgfältig unterscheiden<br />

zwischen den xylobionten (= holzbewohnenden,<br />

z. B. im/am Tot- o<strong>der</strong> Altholz lebend)<br />

Arten und solchen, die aus verbreitungsbiologischen<br />

Gründen an historisch<br />

alte Wäl<strong>der</strong> gebunden sind. Selbstverständlich<br />

findet sich Totholz (sehr) alter<br />

Bäume vor allem in historisch alten Wäl<strong>der</strong>n,<br />

aber in diesen Fällen ist das Totholz als<br />

Strukturelement des Waldes <strong>für</strong> das Vorkommen<br />

ausschlaggebend und nicht die<br />

Kontinuität des Waldstandortes. Außer den<br />

Käfern wurden v. a. noch Vögel und Schnecken<br />

intensiver untersucht. Daneben gibt es<br />

auch einzelne Arbeiten zu an<strong>der</strong>en Tieren<br />

bzw. Tiergruppen, von denen jeweils ein<br />

Beispiel in Tabelle 2 genannt ist. Ausführlichere<br />

Angaben finden sich u. a. in den<br />

Tab. 1: 20 häufig in <strong>der</strong> Literatur genannte Indikatorarten <strong>für</strong> historisch alte Wäl<strong>der</strong>. Es bedeuten; B = Belgien, D =<br />

Deutschland, DK = Dänemark, GB = Großbritannien, PL = Polen und S = Schweden, nach Angaben in DZWONKO<br />

(1989), PETERKEN (1993), BRUNET (1994), HERMY (1994), ZACHARIAS (1994), WULF (1997), LAWESSON et al.<br />

(1998) und WULF (2003c).<br />

Pflanzenart Pflanzenart B D DK GB PL S<br />

(lateinischer Name) (deutscher Name)<br />

Adoxa moschatellina Moschuskraut x x x x x<br />

Anemone nemorosa Buschwindröschen x x x x x<br />

Carex remota Entferntährige Segge x x x x<br />

Carex sylvatica Wald-Segge x x x x x<br />

Convallaria majalis Maiglöckchen x x x x<br />

Galium odoratum Waldmeister x x x x<br />

Lamium galeobdolon Goldnessel x x x x x x<br />

Luzula pilosa Behaaarte Hainsimse x x x x x<br />

Lysimachia nemorum Hain-Gilbwei<strong>der</strong>ich x x x x<br />

Melica uniflora Einblütiges Perlgras x x x x<br />

Mercurialis perennis Ausdauerndes Bingelkraut x x x x<br />

Milium effusum Wald-Flattergras x x x x x x<br />

Oxalis acetosella Sauerklee x x x x x x<br />

Paris quadrifolia Einbeere x x x x x<br />

Polygonatum multiflorum Vielblütige Weißwurz x x x x x<br />

Primula elatior Hohe Schlüsselblume x x x<br />

Ranunculus auricomus Gold-Hahnenfuß x x x x<br />

Sanicula europaea Sanikel, Heildolde x x x x x<br />

Stellaria holostea Große Sternmiere x x x x<br />

Viola reichenbachiana Reichenbachs Veilchen x x x x x x

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