Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines - Deutscher Rat für ...
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30<br />
das Vorhandensein von z. B. <strong>für</strong> mehr o<strong>der</strong><br />
weniger großräumige Wan<strong>der</strong>ungen notwendigen<br />
Flächen als Bestandteile durchgehen<strong>der</strong><br />
Korridore o<strong>der</strong> <strong>eines</strong> Trittsteinsystems.<br />
Als Grundlage <strong>der</strong> Überlegungen des AK<br />
„Län<strong>der</strong>übergreifen<strong>der</strong> Biotopverbund“<br />
wurden deshalb unterschiedliche Betrachtungsebenen<br />
formuliert, um das Herangehen<br />
an die komplexen Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>eines</strong><br />
Biotopverbundes zu erleichtern.<br />
Betrachten wir Arten wie die Waldameise<br />
o<strong>der</strong> Totholzkäfer-Zönosen, so bewegen wir<br />
uns auf <strong>der</strong> lokalen Maßstabsebene. Gut<br />
ausgeprägte kleinflächige Wäl<strong>der</strong> können<br />
den Bestand solcher wenig Raum beanspruchen<strong>der</strong><br />
Artengruppen gewährleisten. Als<br />
Orientierungswert <strong>für</strong> eine Obergrenze zur<br />
nächstfolgenden Ebene wird 100 ha vorgeschlagen.<br />
<strong>Der</strong> Maximalabstand zwischen<br />
Einzelgehölzbeständen <strong>eines</strong> Flächensystems<br />
darf wenige Meter bis 100 m nicht<br />
überschreiten, denn viele Arten sind sehr<br />
ortstreu. Für Arten mittlerer Raumansprüche<br />
bieten solche zuvor genannten Flächen oft<br />
nur Platz <strong>für</strong> wenige Individuen. Eine überlebensfähige<br />
Population benötigt deutlich<br />
mehr Fläche, weshalb man sich bei Planungen<br />
<strong>für</strong> solche Artengruppen auf eine höhere<br />
maßstäbliche Ebene begeben muss, die<br />
als regionale Ebene bezeichnet wird. Als<br />
Flächenrichtwerte werden hier ca. 100 bis<br />
1.000 ha naturnaher Waldbestände angesetzt.<br />
Das Spektrum solcher Arten mittlerer<br />
Raumansprüche reicht von zwar wenig<br />
mobilen Insekten, die aber größere Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
an die Kernzonenfläche aufweisen,<br />
bis zu manchen Waldvögeln o<strong>der</strong> Säugetieren,<br />
die einen deutlich größeren<br />
Aktionsraum aufweisen können. Die Obergrenze<br />
<strong>für</strong> Waldbestände überwiegend naturnahen<br />
Charakters <strong>der</strong> nachfolgenden<br />
überregionalen Ebene wird bei ca. 5.000 ha<br />
angesehen, die Maximaldistanzen zwischen<br />
Teilflächen <strong>eines</strong> Biotopverbunds können<br />
angesichts <strong>der</strong> z. T. hohen Mobilität <strong>der</strong><br />
meisten Arten dieser großräumigen Flächenansprüche<br />
viele Kilometer betragen. Zum<br />
Abschluss müssen solche Arten Betrachtung<br />
finden, <strong>der</strong>en hohe Raumansprüche<br />
sowohl bezogen auf Kernzonen (> 5.000<br />
ha) wie auch auf Trittsteinflächen <strong>für</strong> Langstreckenwan<strong>der</strong>ungen<br />
großräumige Planungen,<br />
län<strong>der</strong>übergreifende Absprachen, internationale<br />
Rahmenkonzepte und Abkommen<br />
wie beispielsweise die FFH- o<strong>der</strong> die<br />
Vogelschutz-Richtlinie <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union notwendig machen (län<strong>der</strong>übergreifend-nationale<br />
Ebene). Dies gilt <strong>für</strong> viele<br />
Vogelarten (z. B. Auerhuhn, s. SUCHANT<br />
& BRAUNISCH in diesem Heft) und große<br />
Säugetiere (z. B. Rothirsch, s. Abb. 1, Luchs)<br />
ebenso wie – <strong>für</strong> Waldbiotope weniger relevant<br />
– <strong>für</strong> ziehende Vogelarten o<strong>der</strong> weit<br />
wan<strong>der</strong>nde Fischarten.<br />
Abb. 1: <strong>Der</strong> Rothirsch als eine großräumig<br />
agierende Art, die durch eine gezielte Begrenzung<br />
ihrer Areale durch den Menschen ebenso in ihrer<br />
Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird wie durch<br />
die Landschaftszerschneidung (Foto: P. Schütz).<br />
4 Anfor<strong>der</strong>ungen an Flächen <strong>eines</strong><br />
län<strong>der</strong>übergreifenden Biotopverbundes<br />
Auf diesen Grundüberlegungen aufbauend<br />
hat <strong>der</strong> AK „Län<strong>der</strong>übergreifen<strong>der</strong> Biotopverbund“<br />
Kriterien erarbeitet, mit <strong>der</strong>en Hilfe<br />
sich die vorhandenen Biotopverbundflächen<br />
feststellen, das Defizit anhand einer<br />
Festlegung <strong>der</strong> tatsächlich erfor<strong>der</strong>lichen<br />
Biotopverbundflächen ermitteln und darauf<br />
fußend Entwicklungsflächen <strong>für</strong> die Vervollständigung<br />
des Biotopverbunds auswählen<br />
lassen. Bestimmt werden Flächen regionaler,<br />
überregional-landesweiter o<strong>der</strong> län<strong>der</strong>übergreifend-nationaler<br />
Bedeutung.<br />
4.1 Qualitätskriterien zur<br />
Bestandsermittlung und Bewertung<br />
geeigneter Biotopverbund-Flächen<br />
Die vorhandenen Biotopverbundflächen und<br />
ihre Bedeutung <strong>für</strong> den Biotopverbund werden<br />
nach dieser Vorgehensweise mittels<br />
folgen<strong>der</strong> Hauptkriterien ermittelt und bewertet:<br />
Biotopqualität,<br />
Lage im Raum und<br />
Vorkommen von Zielarten („Kriteriensatz<br />
I“, s. Abb. 3).<br />
Die „Biotopqualität“ (Kriteriensatz Ia, vgl.<br />
Abb. 3) ergibt sich erstens aus <strong>der</strong> Flächengröße<br />
<strong>der</strong> wertbestimmenden Biotoptypen.<br />
Es werden unterschieden Waldkomplexe,<br />
Offenlandkomplexe, Fließgewässer sowie<br />
i. d. R. kleinflächig vorkommende Son<strong>der</strong>biotope.<br />
Wie auch <strong>für</strong> die nachfolgenden<br />
Unterkriterien werden drei Qualitätsstufen<br />
formuliert (z. B. Flächengröße <strong>für</strong> Waldkomplexe:<br />
100 bis 1.000 ha, > 1.000 bis<br />
5.000 ha und > 5.000 ha, <strong>für</strong> Offenland 20<br />
bis 200 ha, > 200 bis 1.000 ha, >1.000 ha, <strong>für</strong><br />
naturnahe Fließgewässerstrecken 1 bis 5<br />
km, > 5 bis 20 km, > 20 km, keine Vorgaben<br />
<strong>für</strong> Son<strong>der</strong>biotope). Diese Werte sind wie<br />
alle von Zielartenansprüchen abgeleiteten<br />
Flächen- o<strong>der</strong> Abstandswerte als Orientierungswert<br />
anzusehen und können in begründeten<br />
Fällen unterschritten werden.<br />
Weitere Unterkriterien sind die typische<br />
Ausprägung <strong>der</strong> Biotoptypen, die Vollständigkeit<br />
<strong>der</strong> jeweiligen Biotopkomplexe (z.<br />
B. alle Entwicklungsstadien des Waldes innerhalb<br />
des betrachteten Bestandes o<strong>der</strong><br />
<strong>zum</strong>indest in enger räumlicher Nähe) sowie<br />
die Unzerschnittenheit <strong>der</strong> Untersuchungsfläche<br />
durch stark befahrene Verkehrstrassen<br />
o<strong>der</strong> Siedlungsbän<strong>der</strong>. Über eine Matrix<br />
werden die Qualitätsstufen <strong>der</strong> Unterkriterien<br />
miteinan<strong>der</strong> verrechnet und so die<br />
Bedeutung <strong>der</strong> Fläche <strong>für</strong> den Biotopverbund<br />
auf regionaler, landesweit-überregionaler<br />
o<strong>der</strong> län<strong>der</strong>übergreifend-nationaler Ebene<br />
ermittelt (vgl. BURKHARDT et al. 2003).<br />
Das zweite Hauptkriterium „Lage im Raum“<br />
dient als Aufwertungskriterium <strong>für</strong> solche<br />
zuvor betrachteten Gebiete, die innerhalb<br />
bekannter Verbundkorridore liegen o<strong>der</strong> zu<br />
einem Trittsteinsystem zählen. Dies kann<br />
bedeuten, dass ein innerhalb einer Flussaue<br />
gelegener naturnaher Wald von 150 ha Größe<br />
o<strong>der</strong> ein zu einem im Verbund stehenden<br />
Waldflächensystem im Agrarland zählen<strong>der</strong><br />
Bestand trotz seiner relativ geringen<br />
Fläche als überregional-landesweit bedeutsam<br />
eingestuft wird, da davon ausgegangen<br />
werden kann, dass die Fläche mit an<strong>der</strong>en<br />
(Wald-)Flächen im engen funktionalen Kontakt<br />
steht.<br />
Das „Vorkommen von Zielarten“ schließlich<br />
steht gleichrangig neben <strong>der</strong> Flächenqualität.<br />
Durch den Nachweis bestimmter <strong>für</strong> den<br />
Biotopverbund geeigneter Zielarten ist <strong>der</strong><br />
Beweis <strong>der</strong> Flächenqualität und seine Funktion<br />
im Biotopverbund als Kern- bzw.<br />
Verbindungsfläche erbracht. Auch hier orientiert<br />
man sich an den Raumansprüchen<br />
<strong>der</strong> Arten, ihrer Gefährdung o<strong>der</strong> arealbedingten<br />
Seltenheit bzw. ihrer Abhängigkeit<br />
von sonstigen speziellen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
an einen Biotopverbund: Eine Fläche ist<br />
von größerer Bedeutung, wenn in ihr Arten<br />
mit höheren vorgenannten Ansprüchen bzw.<br />
statt weniger Exemplare eine größere Population<br />
<strong>der</strong> Art vorkommt (s. Abb. 2).<br />
4.2 Kriterien zur Flächen-<br />
Bedarfsermittlung <strong>für</strong> einen<br />
funktionierenden Biotopverbund<br />
Wie einleitend erörtert, ist festzustellen, dass<br />
<strong>der</strong> aktuelle Bestand an Biotopverbundflächen<br />
allein <strong>zum</strong> dauerhaften Schutz <strong>der</strong>