Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines - Deutscher Rat für ...
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Bezüglich dieses Umsetzungsprozesses<br />
werden im Gutachten einige Vorschläge<br />
unterbreitet:<br />
1. Eine gesetzliche Verankerung <strong>der</strong> konkretisierten<br />
Guten fachlichen Praxis ist<br />
sinnvoll, denn nur durch eine solche Manifestation<br />
erscheint hohe Transparenz<br />
und Allgemeinverbindlichkeit erreichbar<br />
zu sein. Um Doppelregelungen im Hinblick<br />
auf die auf Landesebene bestehenden<br />
Regelungen <strong>der</strong> Ordnungsgemäßen<br />
Forstwirtschaft zu vermeiden, sollte die<br />
Präzisierung <strong>der</strong> Guten fachlichen Praxis<br />
in den Waldgesetzen und nicht im<br />
Naturschutzrecht vorgenommen werden.<br />
Eine Einführung des Begriffs <strong>der</strong> Guten<br />
fachlichen Praxis (als naturschutzfachlicher<br />
Bewirtschaftungsstandard)<br />
unter dem Dach <strong>der</strong> Ordnungsgemäßen<br />
Forstwirtschaft (als umfassen<strong>der</strong> Bewirtschaftungsstandard)<br />
wird empfohlen.<br />
Hierbei sollte beachtet werden, dass auch<br />
die Vorgabe von naturschutzfachlichen<br />
Mindeststandards nicht zwingend eine<br />
ordnungsrechtliche Umsetzung solcher<br />
Standards im Sinne von Ge- und Verbotsregelungen<br />
beinhaltet. Eine solche Umsetzung<br />
ist überhaupt nur dann möglich,<br />
wenn Kriterien <strong>der</strong> Guten fachlichen Praxis<br />
ausreichend operational formuliert<br />
werden können, was k<strong>eines</strong>falls immer<br />
zweckmäßig bzw. <strong>der</strong> Fall ist. In an<strong>der</strong>en<br />
Fällen können Mindeststandards auch als<br />
gesetzliche Zielformulierung Sinn machen<br />
(z. B. Naturverjüngung, integrativer<br />
Naturschutz), die dann im Kontext <strong>der</strong><br />
Guten fachlichen Praxis ein Hinwirken<br />
des Waldbesitzers auf solche Zielsetzungen<br />
erfor<strong>der</strong>n.<br />
2. Eine Regionalisierung von Standards<br />
Guter fachlicher Praxis bietet aus fachlicher<br />
Sicht Chancen, zu präziseren Formulierungen<br />
zu gelangen. Es darf jedoch<br />
nicht übersehen werden, dass auch auf<br />
regionaler Ebene Konflikte zwischen ökonomischen<br />
und sozialen Zielsetzungen<br />
<strong>der</strong> Forstwirtschaft einerseits und den<br />
naturschutzfachlichen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
an<strong>der</strong>erseits bestehen, die auch hier nicht<br />
alleine über eine Präzisierung <strong>der</strong> Guten<br />
fachlichen Praxis ausgeräumt werden<br />
können.<br />
3. Hohe Bedeutung kommt nicht zuletzt einer<br />
Betrachtung <strong>der</strong> Guten fachlichen Praxis<br />
im Kontext an<strong>der</strong>er forstpolitischer<br />
Instrumente zu. Die Gute fachliche Praxis<br />
als regulativ veranlagtes Instrument<br />
<strong>der</strong> Forstpolitik bringt einige wichtige<br />
Vorteile (Regelungssicherheit, Transparenz)<br />
mit sich, denen an<strong>der</strong>erseits gewichtige<br />
Nachteile entgegenstehen (Hand-<br />
lungsverantwortung und die sich daraus<br />
möglicherweise ergebenden Belastungen<br />
werden den Gesetzesadressaten übertragen,<br />
es wird kein Verbesserungsanreiz<br />
über das vorgeschlagene Niveau gegeben).<br />
Aus diesem Grund ist es notwendig,<br />
das Instrument einer gesetzlich konkretisierten<br />
Guten fachlichen Praxis mit anreizgebenden<br />
Instrumenten <strong>der</strong> Forstpolitik<br />
zu kombinieren. Leitbild <strong>eines</strong> solchen<br />
Instrumentariums sollte eine gerechte<br />
Lastenteilung zwischen Gesellschaft und<br />
Forstbetrieben sein. Ist die Gesellschaft<br />
zu dieser Lastenteilung nicht bereit, so<br />
darf sie diese auch nicht von einzelnen<br />
ihrer Mitglie<strong>der</strong> (Waldbesitzern) for<strong>der</strong>n.<br />
Gute fachliche Praxis und<br />
waldbezogene Naturschutzpolitik<br />
<strong>Der</strong> zuletzt genannte Aspekt, <strong>der</strong> auf das<br />
Verhältnis einer gesetzlich konkretisierten<br />
Guten fachlichen Praxis in <strong>der</strong> Forstwirtschaft<br />
zu an<strong>der</strong>en Instrumenten <strong>der</strong> Forstund<br />
Naturschutzpolitik anspielt, soll im<br />
Weiteren ausführlicher betrachtet und diskutiert<br />
werden.<br />
Im politischen Abwägungsprozess <strong>der</strong> Entwicklung<br />
des Instruments „konkretisierte<br />
Gute fachliche Praxis in <strong>der</strong> Forstwirtschaft“<br />
sind zunächst folgende Aspekte von Bedeutung:<br />
Den deutschen Waldflächen mit ihrem<br />
Anteil von ca. 30 % <strong>der</strong> Landesfläche<br />
kommt eine vielfältige und hohe volkswirtschaftliche<br />
Bedeutung als Ressource<br />
des Landes zu. Hierbei ist in <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />
und politischen Wahrnehmung<br />
über die letzten Jahrzehnte ein Bedeutungswandel<br />
weg vom über Holzmärkte<br />
honorierten und gesteuerten<br />
Rohstoffversorgungswert hin zu an<strong>der</strong>en<br />
„Wirkungen“ des Waldes und – in <strong>der</strong><br />
Regel nicht in Wert gesetzten und keiner<br />
marktlichen Steuerung zugänglich gemachten<br />
– „Leistungen“ <strong>der</strong> Forstwirtschaft<br />
festzustellen. Diese Entwicklung<br />
korrespondiert mit einem vergleichsweise<br />
geringen und weiter sinkenden erfassten<br />
Anteil <strong>der</strong> Forstwirtschaft am Bruttosozialprodukt<br />
und einem kleinen und sinkenden<br />
Arbeitsplatzangebot in <strong>der</strong> Branche.<br />
Hohe Bedeutung besitzen die heimischen<br />
Waldflächen heute in zunehmendem<br />
Maße als flächendeckend naturnächstes<br />
Ökosystem <strong>für</strong> die Biodiversität, Schönheit<br />
und Eigenart <strong>der</strong> mitteleuropäischen<br />
Landschaft, im Verbund hiermit <strong>für</strong> die<br />
Erholung <strong>der</strong> Bevölkerung und auch –<br />
profaner – als Flächenreserve des Landes.<br />
Zwischen den unterschiedlichen Bedeutungszuweisungen<br />
an die Wäl<strong>der</strong> o<strong>der</strong><br />
„Funktionen“ <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong> bestehen kom-<br />
plexe Zielbeziehungen und z. T. bedeutende<br />
Konflikte.<br />
Aus diesen Konflikten resultiert die Notwendigkeit<br />
einer politischen Steuerung.<br />
Bezogen auf die Naturschutzdimension<br />
des Waldes existiert also eine Notwendigkeit<br />
des Einsatzes umweltpolitischer<br />
Instrumente. Hierbei stehen segregative<br />
und integrative Steuerungsansätze zur<br />
Verfügung, die ihrerseits wichtige Vorund<br />
Nachteile aufweisen.<br />
<strong>Der</strong> Charme des segregativen Ansatzes<br />
liegt hierbei v. a. in seiner räumlichen<br />
Entkoppelung von Konflikten zwischen<br />
unterschiedlichen Waldfunktionen. Dieser<br />
Ansatz weist <strong>für</strong> sich betrachtet jedoch<br />
auch gewichtige Nachteile auf; so<br />
scheint im dichtbesiedelten und urbanisierten<br />
Deutschland mit den räumlich eng<br />
verwobenen Anfor<strong>der</strong>ungen an die verbliebenen<br />
naturnahen Flächen ein konsequent<br />
und vor allem ausschließlich verfolgtes<br />
naturschutzpolitisches Segregationsprinzip<br />
gesellschaftlich we<strong>der</strong> zweckmäßig<br />
noch durchsetzbar zu sein.<br />
Sinnvoll – und auch weitgehend naturschutzpolitisches<br />
Leitbild – ist vielmehr<br />
eine kombinierte Strategie aus integrativen<br />
und segregativen naturschutzpolitischen<br />
Instrumenten.<br />
Das naturschutzpolitische Instrument einer<br />
gesetzlich konkretisierten Guten fachlichen<br />
Praxis in <strong>der</strong> Forstwirtschaft kann als wesentliches<br />
Element <strong>der</strong> integrativen Naturschutzpolitik<br />
im Wald verstanden werden,<br />
also einer Naturschutzpolitik, die bemüht<br />
ist, naturschutzfachliche Zielsetzungen<br />
flächendeckend in <strong>der</strong> forstlichen Nutzung<br />
des Waldes zu verwirklichen. Mit diesem<br />
ambitionierten quantitativen (flächigen)<br />
Anspruch <strong>der</strong> Guten fachlichen Praxis geht<br />
– zwangsläufig – ein nur verhaltener qualitativer<br />
Anspruch einher, d. h. dass das<br />
naturschutzfachliche Anfor<strong>der</strong>ungsniveau<br />
<strong>der</strong> konkretisierten Guten fachlichen Praxis<br />
in Abwägung mit <strong>der</strong> ökonomischen und<br />
sozialen Dimension <strong>der</strong> Waldbewirtschaftung<br />
eher mo<strong>der</strong>at sein wird. Diese<br />
beschränkte naturschutzfachliche Wirkungstiefe<br />
ergibt sich aus folgenden Überlegungen:<br />
Gute fachliche Praxis als flächendeckende<br />
naturschutzfachliche Mindestanfor<strong>der</strong>ungsschwelle<br />
kann sich auf eine<br />
hohe gesellschaftliche Bedeutungszuweisung<br />
ökologischer Waldfunktionen<br />
gründen. Gesetzliche Verankerung vorausgesetzt,<br />
nimmt sie eine Beschreibung<br />
und Abgrenzung von (Nutzungs-)rechten<br />
und Pflichten <strong>der</strong> Waldeigentümer und<br />
Forstbetriebe in Abwägung ökologischer,<br />
ökonomischer und sozialer Aspekte <strong>der</strong><br />
Waldbewirtschaftung vor. Sie leistet so