Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines - Deutscher Rat für ...
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2 Voraussetzungen <strong>für</strong> einen<br />
positiven <strong>Beitrag</strong> <strong>zum</strong><br />
Biotopverbund<br />
Tier- und Pflanzenpopulationen sind nur<br />
dann dauerhaft überlebensfähig, wenn durch<br />
entsprechende Flächengröße die Möglichkeit<br />
reger Austausch-, Ausbreitungs- und<br />
Wan<strong>der</strong>ungsbewegungen besteht. Wie viel<br />
Wald in welcher räumlichen Verteilung<br />
notwendig ist, hängt im Wesentlichen von<br />
<strong>der</strong> jeweils betrachteten Zielart ab.<br />
Verinselung und Zerschneidung ehemals<br />
großer, zusammenhängen<strong>der</strong> Waldkomplexe<br />
sind häufig Gründe <strong>für</strong> eine Artenabnahme<br />
durch Unterschreiten kritischer<br />
Populationsgrenzen. Gerade bei Arten, die<br />
relativ große Reviere beanspruchen, kann<br />
durch Fragmentierung die Population auf<br />
eine Größe herabgedrückt werden, bei <strong>der</strong><br />
Inzuchtdepression droht und zufällige Störungen<br />
<strong>zum</strong> Erlöschen führen können.<br />
WILSON (1995) nennt als Faustregel, dass<br />
mit <strong>der</strong> Arealverkleinerung um ein Zehntel<br />
die Artenzahl etwa auf die Hälfte zurückgeht.<br />
Es muss daher ein ausreichendes Angebot<br />
an Nahrungs-, Rückzugs- und Regenerationsbereichen<br />
vorhanden sein, das i. d. R.<br />
durch den räumlichen und funktionalen<br />
Zusammenhang mit an<strong>der</strong>en Waldgebieten<br />
gewährleistet wird.<br />
Von diesen Anfor<strong>der</strong>ungen ist es abhängig,<br />
ob junger Wald als Teil einer Verbundachse<br />
o<strong>der</strong> aufgrund seiner räumlichen Nähe zu<br />
an<strong>der</strong>en Waldflächen als sonstige Verbindungsfläche<br />
o<strong>der</strong> -element einen <strong>Beitrag</strong><br />
<strong>zum</strong> Biotopverbund leisten kann.<br />
3 Wo entstehen junge Wäl<strong>der</strong>?<br />
„Junge Wäl<strong>der</strong>“ entstehen durch unterschiedlichste<br />
Art und Weise (vgl. Abb. 1).<br />
Zu differenzieren ist zunächst zwischen den<br />
„neuen jungen Wäl<strong>der</strong>n“ und den „jungen<br />
Wäl<strong>der</strong>n“, die im Rahmen einer naturnahen<br />
Waldbewirtschaftung durch entsprechende<br />
Verjüngungsverfahren entstehen.<br />
Neuer junger Wald entsteht durch Erstbzw.<br />
Neuaufforstungen. Die Erstaufforstung<br />
bisher landwirtschaftlich genutzter<br />
Anbauflächen im Rahmen <strong>der</strong> Waldvermehrungsprogramme<br />
spielt hier eine<br />
beson<strong>der</strong>e Rolle. Aber auch durch den<br />
<strong>Aufbau</strong> bzw. die Pflege von Waldrän<strong>der</strong>n<br />
o<strong>der</strong> die Anpflanzung von Wallhecken,<br />
die z. B. in Nordrhein-Westfalen (NRW)<br />
Wald im Sinne des Forstgesetzes sind,<br />
entsteht neuer junger Wald.<br />
Neuer junger Wald kann auch durch künstliche<br />
Verjüngung durch Pflanzung o<strong>der</strong><br />
Saat auf Freiflächen durch Wie<strong>der</strong>aufforstungen<br />
entstehen.<br />
Wie viele Beispiele zeigen, entsteht und<br />
entstand neuer junger Wald auch auf<br />
Sturmwurfflächen, indem die Flächen einfach<br />
sich selbst überlassen wurden. <strong>Der</strong><br />
natürlichen Wie<strong>der</strong>bewaldung wird auch<br />
auf Brachflächen, wie auf Restflächen<br />
<strong>der</strong> Industrielandschaft o<strong>der</strong> auf ehemaligen<br />
landwirtschaftlichen Flächen, immer<br />
mehr Raum zugestanden.<br />
Im Konzept einer naturnahen Waldbewirtschaftung<br />
entsteht junger Wald durch<br />
die waldbauliche Steuerung <strong>der</strong> Naturverjüngung<br />
standortgerechter Baumarten.<br />
Zu dieser Art <strong>der</strong> Entstehung junger Wäl<strong>der</strong><br />
zählen auch<br />
<strong>der</strong> Waldumbau, d. h. <strong>der</strong> Baumartenwechsel<br />
von Nadelbaumarten nach<br />
Laubbaumarten i. d. R. unter dem Schirm<br />
des Vorbestands sowie<br />
die Zurückdrängung nicht standortgerechter<br />
Fichte an Fließgewässern im<br />
Wald.<br />
4 Beurteilung junger Wäl<strong>der</strong><br />
4.1 Entstehung neuer junger Wäl<strong>der</strong><br />
4.1.1 Erst-Neuaufforstungen<br />
Neuer junger Wald entsteht überwiegend<br />
auf ehemals landwirtschaftlich genutzten<br />
Anbauflächen. Seit Anfang <strong>der</strong> 1990er Jahre<br />
wurden in fast allen Län<strong>der</strong>n Konzepte<br />
entwickelt, die eine gezielte, regional differenzierte<br />
und abgestimmte Waldvermehrung<br />
<strong>zum</strong> Ziel haben. Beispielhaft werden Auszüge<br />
aus <strong>der</strong> „Leitlinie zur Waldvermehrung<br />
in NRW“ erläutert. Wegen ihrer überragenden<br />
Bedeutung <strong>für</strong> den Biotopverbund werden<br />
im Folgenden auch die im Zusammenhang<br />
von Erst- und Wie<strong>der</strong>aufforstungen zu<br />
entwickelnden Waldrän<strong>der</strong> (Außenrän<strong>der</strong>)<br />
sowie die nach dem Forstgesetz NRW als<br />
Wald geltenden Wallhecken behandelt.<br />
4.1.1.1 Erstaufforstung bisher<br />
landwirtschaftlich genutzter<br />
Anbauflächen im Rahmen des<br />
Waldvermehrungskonzepts NRW<br />
Nach groben Schätzungen (BURSCHEL<br />
2000) sollte weltweit eine Fläche von 250<br />
Mio. ha dringend wie<strong>der</strong> eine Waldbestockung<br />
durch Aufforstung erhalten; in<br />
Europa ist eine Größenordnung von 40 Mio.<br />
ha realistisch. In Deutschland gibt es 1,2<br />
Mio. ha landwirtschaftlicher Nutzfläche, die<br />
aufgeforstet werden könnte.<br />
Das mitunter ausgesprochene Ziel, das<br />
Bewaldungsprozent zur Sicherung aller ökologischen,<br />
ökonomischen und sozialen Funktionen<br />
von Nordrhein-Westfalen auf den<br />
Bundesdurchschnitt von ca. 30 % zu erhö-<br />
65<br />
hen, wäre mit einer Steigerung von drei<br />
Prozentpunkten und einer tatsächlichen<br />
Erstaufforstungsfläche von ca. 104.000 ha<br />
gleichzusetzen. Bei einer angedachten jährlichen<br />
Aufforstungsfläche von nur 400 ha<br />
entspräche dies einer Steigerung des<br />
Bewaldungsprozents in den nächsten 10<br />
Jahren von 0,1 %.<br />
Für die angestrebte Waldvermehrung ist in<br />
Nordrhein-Westfalen ein „Vorschlag <strong>für</strong> ein<br />
Raum- und Baumartenkonzept zur Erstaufforstung<br />
bisher landwirtschaftlich genutzter<br />
Anbauflächen“ erarbeitet worden. Diese<br />
„Leitlinie zur Waldvermehrung“ (Ministerium<br />
<strong>für</strong> Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft<br />
des Landes NRW 1993) beinhaltet<br />
Kriterien <strong>für</strong> eine sinnvolle Steuerung<br />
<strong>der</strong> Aufforstung. Sie orientiert sich an den<br />
forstlichen Wuchsgebieten und Waldflächenanteilen<br />
<strong>der</strong> einzelnen Gemeinden<br />
und sollte als Basis <strong>für</strong> die Festlegung von<br />
Prioritäten bei <strong>der</strong> Bewilligung von<br />
För<strong>der</strong>mitteln zur Erstaufforstung dienen.<br />
Entscheidend <strong>für</strong> die Bedeutung dieser<br />
„neuen jungen Wäl<strong>der</strong>“ <strong>für</strong> den Biotopverbund<br />
ist die Frage, wo, wie und womit<br />
aufgeforstet werden soll.<br />
Zu den Zielen <strong>der</strong> Erstaufforstung gehört,<br />
dass vorhandene Waldgebiete vergrößert<br />
und miteinan<strong>der</strong> vernetzt werden. Auch kann<br />
im Hinblick auf die Belange des Arten- und<br />
Biotopschutzes neuer Wald als Pufferzone<br />
sehr willkommen sein, wenn schutzwürdige<br />
Flächen gegen Dünger- und Biozideintrag<br />
aus angrenzen<strong>der</strong> Intensivlandwirtschaft<br />
geschützt werden sollen.<br />
Die Bedeutung <strong>für</strong> den Biotopverbund kann<br />
durch die Wahl alternativer Pflanzverbände<br />
– z. B. Kleinbestandsparzellen mit Sukzessionsbereichen<br />
o<strong>der</strong> Weitverbände mit<br />
Pflanzabständen von 3 bis 5 m – und die<br />
aktive Einbeziehung sukzessionaler Begleitbaumarten<br />
wesentlich erhöht werden. Auch<br />
um die nachteiligen Folgen einer Freiflächenkultur<br />
– z. B. Spätfröste, Mäuse, Wildverbiss<br />
– zu vermeiden, kommt <strong>der</strong> gezielten<br />
Nutzung von Pionierbaumarten beson<strong>der</strong>e<br />
Bedeutung zu.<br />
Die Erhöhung des Laubwaldanteils (44 % in<br />
Nordrhein-Westfalen) sowie die Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Waldstruktur durch standortgerechte<br />
Baumarten, insbeson<strong>der</strong>e einheimische<br />
Laubbaumarten, ist vorrangiges Ziel<br />
<strong>der</strong> Waldvermehrung im Sinne <strong>eines</strong> Laubholz-Verbundes.<br />
Entwicklungsziele in den<br />
einzelnen Wuchsgebieten berücksichtigen<br />
daher die seltenen o<strong>der</strong> in ihrem Bestand<br />
bedrohten Waldgesellschaften wie naturnahe<br />
Eichenwäl<strong>der</strong>, Bruch- und Auwäl<strong>der</strong>,<br />
wärmeliebende Laubwäl<strong>der</strong> und Buchenwäl<strong>der</strong>.