Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines - Deutscher Rat für ...
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eine Rolle spielen können. Allerdings gilt<br />
zu bedenken, dass viele Wirbellose bereits<br />
durch eine Breite <strong>der</strong> Kahlschlagszone von<br />
über 200 bis 300 m stark in ihrer Aktivität<br />
begrenzt werden.<br />
4.1.3 Natürliche Wie<strong>der</strong>bewaldung<br />
Da unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Belange des<br />
Arten- und Biotopschutzes die Sukzession<br />
über Gebüsch- und Vorwaldstadien <strong>für</strong> die<br />
zugehörigen Waldarten aus Flora und Fauna<br />
die besten Einwan<strong>der</strong>ungsmöglichkeiten<br />
bietet, gilt diese Form als optimal <strong>für</strong> die<br />
Waldvermehrung. Spontansukzessionsflächen<br />
sind häufig durch ein ausgeprägtes<br />
Alters- und Standortmosaik gekennzeichnet.<br />
Diese sukzessionsgestützte Wie<strong>der</strong>bewaldung<br />
beschreibt die Integration<br />
sukzessionaler Begleitbaumarten und setzt<br />
Kenntnisse über die Verbreitungsbiologie,<br />
den verjüngungsökologischen Faktorenkomplex<br />
voraus. Zu diesem gehören u. a.<br />
Abschätzungen zur Ausbreitungsfähigkeit,<br />
<strong>zum</strong> Diasporenangebot, zu den Lebenserwartungen<br />
und zur Wachstumsstrategie.<br />
Dieser Komplex ist je nach den Standortbedingungen,<br />
<strong>der</strong> Entfernung potenzieller<br />
Samenmutterbäume, <strong>der</strong> Wilddichte und <strong>der</strong><br />
vorangegangenen Nutzungsart sehr unterschiedlich<br />
aufgebaut.<br />
Unter Einbeziehung ökonomischer Interessen<br />
<strong>der</strong> Waldbesitzer wird die Lenkung und<br />
Ausformung <strong>der</strong> natürlichen Sukzession in<br />
Richtung einer leistungsfähigeren Baumartenzusammensetzung<br />
und Bestandsstruktur<br />
durch planmäßige waldbauliche<br />
Behandlungen gesteuert.<br />
4.1.3.1 Natürliche Wie<strong>der</strong>bewaldung<br />
nach Sturmwurf<br />
Aus <strong>der</strong> Urwaldforschung (KORPEL 1995)<br />
ist bekannt, dass Sturmwurf ein wesentlicher<br />
Motor <strong>für</strong> die Herausbildung <strong>der</strong> natürlichen<br />
Mosaikstruktur von mitteleuropäischen<br />
Laubmischwäl<strong>der</strong>n darstellt. Auch in<br />
unseren naturnah bewirtschafteten Wäl<strong>der</strong>n<br />
werden Sturmkatastrophen nicht ausbleiben<br />
und <strong>der</strong> hier entstehende Jungwald –<br />
einschließlich <strong>der</strong> entstandenen „Son<strong>der</strong>biotope“<br />
wie umgefallene Wurzelteller, stehendes<br />
und liegendes Totholz etc. – kann<br />
gezielt als zeitlich befristete ökologische<br />
Nische, als Trittsteinbiotop dienen. Belassene<br />
Sturmwurfflächen im Wald erhöhen<br />
die strukturelle Vielfalt auf natürliche Weise<br />
und führen zu einem natürlichen Maß an<br />
Biodiversität. <strong>Der</strong> Vernetzungseffekt kommt<br />
weiterhin dadurch <strong>zum</strong> Ausdruck, dass<br />
Sturmwurfflächen zahlreichen Kleintieren<br />
und Pilzen die Möglichkeit bieten, größere<br />
Populationen aufzubauen, um von dort aus<br />
neue Wuchsorte bzw. Habitate zu erreichen.<br />
Deutliche Grenzen sind hier sicherlich dann<br />
gegeben, wenn <strong>für</strong> die <strong>Waldwirtschaft</strong> ungünstige<br />
o<strong>der</strong> sogar schädliche Entwicklungen<br />
(Massenvermehrung Borkenkäfer) absehbar<br />
sind.<br />
Wie die Vergangenheit gezeigt hat, betrafen<br />
Sturmkatastrophen insbeson<strong>der</strong>e unsere<br />
Nadelbaum-Altersklassenwäl<strong>der</strong>. Hier entsteht<br />
durch natürliche Wie<strong>der</strong>bewaldung<br />
o<strong>der</strong>/und durch aktive Pflanzung junger<br />
Wald, <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>e Bedeutung <strong>für</strong> einen<br />
Laubholz-Verbund haben kann. Untersuchungen<br />
auf ehemaligen Sturmwurfflächen<br />
zeigten recht anschaulich, dass sich auf den<br />
betroffenen Flächen vielseitige Pflanzengesellschaften<br />
entwickeln können. In Abhängigkeit<br />
von den Samen spendenden Bäumen<br />
kommt es u. a. zur natürlichen Verjüngung<br />
von typischen Vorwaldbaumarten.<br />
Diese eignen sich neben ihrer bereits erläuterten<br />
hervorragenden ökologischen Bedeutung<br />
<strong>für</strong> Insekten- und Vogelarten als Vorwäl<strong>der</strong>,<br />
in <strong>der</strong>en Schutz empfindlichere<br />
Klimaxbaumarten Entwicklungs- und<br />
Wachstumsbedingungen finden. Auch bei<br />
den Tieren ergibt sich im Zeitverlauf ein<br />
sehr wechselvolles Bild. Ein beson<strong>der</strong>s eindruckvolles<br />
Beispiel sind die Laufkäfer<br />
(Carabidae). Hier dominieren zunächst typische<br />
Freiflächenarten. Bereits nach drei<br />
Jahren traten Waldarten in den Vor<strong>der</strong>grund.<br />
Nach sechs Jahren waren sie stellenweise<br />
fast so stark vertreten wie im stehenden<br />
Altbestand.<br />
4.1.3.2 Sukzession auf Restflächen <strong>der</strong><br />
Industrielandschaft<br />
Mit <strong>der</strong> Aufgabe <strong>der</strong> Schwerindustrie, <strong>der</strong><br />
Kohleför<strong>der</strong>ung und an<strong>der</strong>er flächenintensiven<br />
Betriebsformen wurden Areale<br />
freigestellt, die sich u. a. als Industriebrachen<br />
darstellen. 1992 wurden z. B. im Ruhrgebiet<br />
insgesamt 8.100 ha Brachflächen ermittelt.<br />
Diese ehemaligen Deponien, Halden, Lagerstätten<br />
o<strong>der</strong> alten Verkehrsstraßen sind<br />
charakterisiert durch ihre Einmaligkeit und<br />
haben sich zu Zentren einer einzigartigen,<br />
ungelenkten primären Sukzession entwickelt.<br />
In nicht geringem Umfang entsteht<br />
hier neuer junger Wald aus Spontansukzessionen<br />
mit ausgeprägtem Alters- und<br />
Standortmosaik. Für die Bewaldung dieser<br />
Industriebrachen sorgt eine natürliche<br />
Samenverbreitung aus dem nahen bis weiten<br />
Umfeld durch verschiedene, manchmal<br />
sich gegenseitig ablösende Stadien und Phasen.<br />
Verlauf und Geschwindigkeit <strong>der</strong> Erstbesiedlung<br />
von bisher unbesiedelten<br />
Industriebrachen ist von verschiedenen Faktoren<br />
abhängig (LEDER 2001).<br />
Diese sog. Post-Industriewäl<strong>der</strong> steigern die<br />
städtische Biodiversität (Verwil<strong>der</strong>ungs- und<br />
Waldzönosen) und stellen ein erhebliches<br />
Potenzial <strong>für</strong> Naturschutzentwicklungen im<br />
Ballungsraum dar. Es entstehen unterschiedlichste<br />
Übergangsbereiche und funktionale<br />
Verbindungen zwischen den Industriewäl<strong>der</strong>n<br />
und <strong>der</strong> sie umgebenden gewachsenen<br />
Kulturlandschaft, die wichtige Bausteine<br />
<strong>eines</strong> regionalen bzw. landesweiten<br />
Biotopverbundes sind. Für seltene bzw. gefährdete<br />
und hoch spezialisierte Tier- und<br />
Pflanzenarten bieten diese Industriewäl<strong>der</strong><br />
wichtige Lebensräume. Sie tragen zur Vergrößerung<br />
<strong>der</strong> vorhandenen Restwäl<strong>der</strong> bei<br />
und sind Verbundachse zwischen denselben.<br />
4.1.3.3 Natürliche Wie<strong>der</strong>bewaldung auf<br />
ehemaligen landwirtschaftlichen<br />
Flächen<br />
Beson<strong>der</strong>s in Gebieten mit erheblichen<br />
standortbedingten Nachteilen <strong>für</strong> die Landwirtschaft,<br />
nach Aufgabe <strong>der</strong> Beweidung,<br />
mit vorherrschend landwirtschaftlichem<br />
Kleinbesitz, mit vielen Erwerbsalternativen<br />
und besseren Einkommensmöglichkeiten<br />
entsteht junger, manchmal auch ungeplanter<br />
Sukzessionswald. Die Vegetationszusammensetzung<br />
dieser Wäl<strong>der</strong> schwankt je<br />
nachdem, welche Samenquellen im Umfeld<br />
vorhanden waren. Viele Beispiele zeigen,<br />
dass solche Wäl<strong>der</strong> im Hinblick auf die<br />
Standortgerechtigkeit, Naturnähe und Vielfalt<br />
als äußerst wertvoll zu beurteilen sind.<br />
Häufig sind nur wenige lenkende aktive<br />
Eingriffe notwendig, wenn diese Wäl<strong>der</strong> in<br />
Wirtschaftswäl<strong>der</strong> umgeformt werden sollen.<br />
Ein Pionierwald aus typischen Pionierbaumarten<br />
kann sich auf ehemaligen landwirtschaftlich<br />
genutzten Ackerflächen schon<br />
nach zwei bis fünf Jahren einstellen. Untersuchungen<br />
(SPERBER 1989) <strong>zum</strong> Vogelbestand<br />
in Pionierwäl<strong>der</strong>n belegen, dass ein<br />
15-jähriger Vorwald aus Aspe, Birke und<br />
Weide bereits neun Brutvogelarten pro<br />
10 ha aufweisen kann.<br />
Mit dem Ziel <strong>der</strong> Schaffung wichtiger Trittsteinbiotope<br />
können in ausgewählten Bereichen<br />
– eventuell getrennt <strong>für</strong> die einzelnen<br />
Wuchsgebiete – natürliche Sukzessionen<br />
zur beispielhaften Beobachtung <strong>der</strong> Waldentwicklung<br />
belassen werden. Auch ist zu<br />
diskutieren, ob zur För<strong>der</strong>ung des Prozessschutzes<br />
ein bestimmter Prozentsatz<br />
(5–10 %) <strong>der</strong> Erstaufforstungsfläche <strong>der</strong><br />
natürlichen Sukzession überlassen werden<br />
sollte.<br />
4.2 Waldbauliche Steuerung in<br />
vorhandenen Waldökosystemen<br />
Im Vergleich zu den bisher behandelten<br />
„neuen jungen Wäl<strong>der</strong>n“ geht es im Folgenden<br />
um diejenigen „jungen Wäl<strong>der</strong>“, die im<br />
Rahmen einer naturnahen Waldbewirt