Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines - Deutscher Rat für ...
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64 Schr.-R. d. Deutschen <strong>Rat</strong>es <strong>für</strong> Landespflege (2004), Heft 76, S. 64-70<br />
Bertram Le<strong>der</strong><br />
Junge Wäl<strong>der</strong> und ihr <strong>Beitrag</strong> <strong>zum</strong> Biotopverbund<br />
1 Einleitung und Definition<br />
Bei <strong>der</strong> Schaffung <strong>eines</strong> Netzes verbundener<br />
Lebensräume im Sinne <strong>eines</strong> Biotopverbundes<br />
kommt jungem Wald eine hervorragende<br />
Stellung zu. Im Vergleich zu<br />
den „historisch alten Wäl<strong>der</strong>n“ (Wäl<strong>der</strong>, die<br />
nachweislich mindestens seit 200 Jahren<br />
existieren; Bundesministerium <strong>für</strong> Ernährung,<br />
Landwirtschaft und Forsten 1999) ist<br />
„neuer junger Wald“ ein zeitlich befristetes<br />
Entwicklungsstadium ohne Kontinuität. Je<br />
nachdem, welche Zielvorstellungen und<br />
Arten betrachtet werden, kann künstlich o<strong>der</strong><br />
natürlich entstandener Jungwald schon relativ<br />
schnell verschiedenste Funktionen im<br />
Sinne <strong>eines</strong> Biotopverbundes erfüllen. Dabei<br />
gilt i. d. R., dass je größer <strong>der</strong> Strukturreichtum,<br />
desto höher die Anzahl ökologischer<br />
Lizenzen ist. Dabei kann sich die<br />
Baumartendiversität <strong>für</strong> bestimmte Arten<br />
(z. B. Vögel) stärker auf die Diversität auswirken<br />
als <strong>der</strong> Reichtum an Bestandsstruktur<br />
(OTTO 1994). Mit zunehmendem Alter <strong>der</strong><br />
Waldfläche wechselt die Artenzusammensetzung<br />
und damit die Bedeutung <strong>für</strong><br />
bestimmte Biotope im Verbund. Die<br />
Entwicklungsgeschwindigkeit junger Wäl<strong>der</strong><br />
ist vom jeweiligen Standort und seiner<br />
Vornutzung abhängig, vor allem aber auch<br />
von <strong>der</strong> Entfernung von älteren Wald-<br />
gebieten und damit von den Einwan<strong>der</strong>ungsmöglichkeiten<br />
<strong>für</strong> Pflanzen- und Tierarten.<br />
Im Vergleich zu <strong>der</strong> Entwicklungsdynamik<br />
neuer junger Wäl<strong>der</strong> und <strong>der</strong> wechselnden<br />
Bedeutung <strong>für</strong> den speziellen Biotopverbund<br />
entstehen als Ergebnis <strong>der</strong> naturnahen Waldbewirtschaftung<br />
Waldökosysteme mit großer<br />
Kontinuität. Die Idealvorstellung ist<br />
dabei meist <strong>der</strong> dauerwaldartige <strong>Aufbau</strong> mit<br />
einer dem Standort entsprechenden Artenvielfalt<br />
und Einbeziehung <strong>der</strong> nächsten Generation.<br />
Waldbauliche Eingriffe dienen hier<br />
nicht nur einem Teilzweck, son<strong>der</strong>n sind<br />
gleichzeitig Ernte-, Verjüngungs- und Erziehungsmaßnahme.<br />
Die Naturverjüngung<br />
standortgerechter Baumarten löst die Pflanzung<br />
ab. <strong>Der</strong> Generationswechsel, junger<br />
Wald, ist kontinuierlich auf <strong>der</strong> Gesamtfläche<br />
vorhanden. Die Bedeutung <strong>für</strong> den<br />
Biotopverbund ist stetig und än<strong>der</strong>t sich nur<br />
kleinflächig und mosaikartig <strong>für</strong> spezielle<br />
Tier- und Pflanzenarten.<br />
Bevor konkrete Aussagen <strong>zum</strong> Thema „Junge<br />
Wäl<strong>der</strong> und ihr <strong>Beitrag</strong> <strong>zum</strong> Biotopverbund“<br />
formuliert werden können, ist eine<br />
Abgrenzung und Spezifizierung durch die<br />
Definition des Begriffs „junger Wald“ notwendig:<br />
Neuer junger Wald kann von Menschen<br />
planmäßig gepflanzt, aber auch <strong>der</strong><br />
Samen von Waldbäumen durch den Wind<br />
Zielräume <strong>der</strong> Waldvermehrung sind vor allem die waldarmen Regionen. Vorhandene Waldgebiete<br />
werden durch die Erstaufforstung vergrößert und miteinan<strong>der</strong> vernetzt (Foto: B. Le<strong>der</strong>).<br />
angeweht o<strong>der</strong> durch Vögel und an<strong>der</strong>e Tiere<br />
eingeschleppt sein. Ob eine Bestockung<br />
mit Waldbäumen Wald ist o<strong>der</strong> nicht, hängt<br />
von <strong>der</strong> Höhe, <strong>der</strong> Flächenausdehnung und<br />
<strong>der</strong> Dichte des Gehölzbestands ab.<br />
Dabei erreichen die herrschenden Pflanzen<br />
eine solche Höhe, dass sich in <strong>der</strong><br />
Vertikalen ein Waldklima ausbilden kann<br />
(über 5 m).<br />
<strong>Der</strong> Bestand nimmt eine solch große Fläche<br />
ein, dass sich auch in <strong>der</strong> Horizontalen<br />
ein Waldklima ausbilden kann (Radius<br />
<strong>der</strong> Fläche bei Bestandsschluss<br />
mindestens gleich <strong>der</strong> Bestandshöhe).<br />
<strong>Der</strong> Baumbestand muss eine solche Dichte<br />
besitzen, dass zwischen den Bäumen<br />
entwicklungsphysiologisch relevante<br />
Wechselwirkungen zustande kommen<br />
(über 30 % Überschirmungsgrad).<br />
Die Erhaltung sowie das Überleben von<br />
Pflanzen- und Tierarten erfor<strong>der</strong>n eine minimale<br />
Individuenzahl und damit auch ein<br />
Mindestareal. Bis heute ist es nicht möglich,<br />
eindeutige Zahlenangaben dazu zu machen.<br />
Allgemein gilt:<br />
Für große Tiere ist <strong>der</strong> Flächenbedarf<br />
größer als bisher angenommen. Die erfor<strong>der</strong>lichen<br />
Flächen müssen dabei nicht direkt<br />
zusammenhängen, wenn „Trittsteine“<br />
eine Verbindung mehrerer Flächen gestatten.<br />
Kleine, isolierte Schutzgebiete mit einzelnen<br />
Individuen versprechen nur wenig<br />
Erfolg, wenn sie nicht als Trittsteine <strong>zum</strong><br />
Verbund beitragen.<br />
Einerseits ist eine Mindestgröße von 2 ha<br />
aus wirtschaftlichen, aber auch aus ökologischen<br />
bzw. biologischen Gründen sinnvoll.<br />
Dies gilt insbeson<strong>der</strong>e <strong>für</strong> Waldtierarten mit<br />
größeren Lebensraumansprüchen (Spechte,<br />
Eulen, Habicht, Milane). An<strong>der</strong>erseits sind<br />
auch kleinere Waldflächen, die ebenfalls<br />
Trittstein- o<strong>der</strong> Biotopverbundaufgaben erfüllen,<br />
wünschenswert. Untersuchungen zu<br />
tierökologischen Folgen (<strong>für</strong> Fluginsekten,<br />
Laufkäfer, Vögel) von Anpflanzungen im<br />
Rahmen von Biotopverbundmaßnahmen haben<br />
z. B. gezeigt, dass auch 100 bzw. 200 m<br />
voneinan<strong>der</strong> entfernte, 400 m² große Anpflanzungen,<br />
die durch ein- und zweireihige<br />
Erlenpflanzungen miteinan<strong>der</strong> verbunden<br />
waren, positive Auswirkungen hatten (s.<br />
MADER et al. 1986, zit. aus JEDICKE<br />
1994).