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Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines - Deutscher Rat für ...

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86 Schr.-R. d. Deutschen <strong>Rat</strong>es <strong>für</strong> Landespflege (2004), Heft 76, S. 86-88<br />

Volker Zahner<br />

Wildtierbiologische Aspekte des Biotopverbundes – Beispiel Biber<br />

Einfluss des Bibers auf Wäl<strong>der</strong><br />

Nur zwei Habitatfaktoren sind <strong>für</strong> Biber<br />

wirklich bedeutend: Wasser und Bäume.<br />

Mit Licht und Wasser gestalten sie ganze<br />

Lebensräume wie keine zweite Tierart.<br />

Durch die enge Bindung an Gewässer sind<br />

ihrer flächigen Verbreitung aber enge Grenzen<br />

gesetzt.<br />

<strong>Der</strong> Biber bewegt sich leichter im Wasser<br />

als an Land, und auch <strong>der</strong> Transport von<br />

Stammteilen ist im Gewässer müheloser.<br />

Daher sucht er seine Nahrung bevorzugt am<br />

Gewässersaum, da dieser aus energetischen<br />

Gründen leichter zu erreichen ist und eine<br />

rasche Flucht vor Beutegreifern ermöglicht.<br />

Findet er im Uferbereich jedoch nicht die<br />

bevorzugten Arten bzw. Dimensionen, so<br />

fällt er im ufernahen Bereich ein größeres<br />

Baumartenspektrum von weniger beliebten<br />

Baumarten. Dies geschieht jedoch nur in<br />

einem begrenzten Umfang. Weitere Laufstrecken<br />

und damit ein höherer Energieaufwand<br />

werden nur in Kauf genommen, um<br />

die bevorzugten Baumarten wie Pappeln zu<br />

fällen. Wenn die Nahrung ufernah geringer<br />

wird, verlagern die Biber ihre Aktivität auf<br />

entferntere Plätze mit günstiger Nahrung.<br />

Mit zunehmen<strong>der</strong> Entfernung vom Gewässer<br />

nimmt also <strong>der</strong> Einfluss des Bibers auf<br />

die Gehölze ab. 90 % ihrer Streifzüge finden<br />

im Umkreis von nur 20 m Entfernung vom<br />

Ufer statt (ZAHNER 1997). Dementsprechend<br />

sind es nur schmale Bän<strong>der</strong> meist<br />

entlang von Fließgewässern, die von Bibern<br />

besiedelt werden.<br />

Im Untersuchungsgebiet „Isarau“ än<strong>der</strong>te<br />

sich die Struktur <strong>der</strong> ufernahen Wäl<strong>der</strong> durch<br />

den Einfluss des Bibers. Weiden mit großen<br />

Durchmessern wurden seltener, während die<br />

vom Biber geschnittenen, stark verzweigten<br />

Weidenbüsche zunahmen. Insgesamt bedeutet<br />

dies, dass sich kleinräumig lichte und<br />

dichte Partien im Ufersaum abwechseln und<br />

stockausschlagfähige Pionierbaumarten geför<strong>der</strong>t<br />

werden.<br />

Ihr Revier nutzen die Biber dabei nicht<br />

gleichmäßig. Sowohl jahreszeitlich als auch<br />

über die Jahre hinweg verschieben sich die<br />

räumlichen Schwerpunkte. Je nach Größe<br />

und Attraktivität <strong>eines</strong> Fällplatzes nutzt <strong>der</strong><br />

Biber diesen über Jahre bis er ausgeschöpft<br />

ist und er neue Bereiche aufsucht. In Mitteleuropa<br />

gibt es zahlreiche Hinweise, dass<br />

<strong>der</strong> Biber manche Lebensräume nicht dauerhaft<br />

besiedeln kann. Nachdem die verfügbare<br />

Nahrung weitgehend aufgebraucht ist,<br />

weicht er auf günstigere Biotope aus (RECK-<br />

ER 1994, HEURICH 1994). Zu dieser Zeit<br />

sinken die Baumdimensionen <strong>der</strong> bevorzugten<br />

Arten, <strong>der</strong> Schlussgrad nimmt ab<br />

und <strong>der</strong> Totholzanteil steigt deutlich an.<br />

Das Ausmaß, in dem <strong>der</strong> Biber das Kronendach<br />

des Waldes auflichtet, ist von <strong>der</strong> betreffenden<br />

Baumart abhängig. Vor allem<br />

Pappelbestände waren an <strong>der</strong> Mittleren Isar<br />

beson<strong>der</strong>s stark betroffen. Hier nutzte <strong>der</strong><br />

Biber größere zusammenhängende Flächen<br />

von bis zu 1,3 ha Ausdehnung.<br />

Biber als Teil <strong>der</strong> Auendynamik<br />

<strong>Der</strong> markanteste Effekt <strong>der</strong> Biberaktivität<br />

ist jedoch <strong>der</strong> Dammbau. Wird <strong>der</strong> Aufwand<br />

<strong>für</strong> die Nahrungssuche zu hoch, so<br />

erschließen sich Biber über den Aufstau von<br />

Gewässern neue Nahrungsquellen, <strong>zum</strong><br />

Beispiel Pappelbestände. Durch den Dammbau<br />

und den damit verbundenen Überstau<br />

verkürzt sich <strong>der</strong> aufwändig über Land zurückzulegende<br />

Weg und die Biber können<br />

leichter die schweren Ast- und Stammteile<br />

transportieren. Es verbessert sich also <strong>für</strong><br />

die Biber die Nahrungssituation und damit<br />

die Habitatqualität.<br />

Gebaut wird <strong>der</strong> Damm nicht in Abschnitten,<br />

son<strong>der</strong>n in Schichten, so lange bis die<br />

gewünschte Wasserhöhe erreicht ist. So wird<br />

<strong>der</strong> Damm nach und nach immer höher<br />

gezogen, durchschnittlich auf rund einen<br />

Meter, einzelne Dämme erreichen aber<br />

durchaus zwei Meter Höhe und mehr. Wird<br />

<strong>der</strong> Zweck mit einem Damm nicht erreicht,<br />

können mehrere Dämme hintereinan<strong>der</strong> geschaltet<br />

werden. Während das Becken vor<br />

dem Damm immer tiefer wird, wächst gleichzeitig<br />

die Dammkrone. <strong>Der</strong> Überstau verän<strong>der</strong>t<br />

die Gewässergestalt und sogar den<br />

Grundwasserspiegel. Im Bereich des<br />

Untersuchungsgebietes in Freising stieg dieser<br />

seit Bau des ersten Damms 1986 bis<br />

1993 um über 50 cm an (s. Abb. 1, ZAHN-<br />

ER 1997).<br />

Wo Biber Dämme bauen und aktiv ihren<br />

Lebensraum gestalten, kehrt also das Wasser<br />

und die Dynamik wie<strong>der</strong> in unsere Land-<br />

schaft zurück. Das umgeleitete Wasser erodiert<br />

und landet auf, gestaltet um und schafft<br />

so neue Strukturen. Dabei altern Biberteiche<br />

ähnlich wie je<strong>der</strong> See und je<strong>der</strong> Teich. Mit<br />

dem Altern geht die Verlandung einher.<br />

Immer mehr Sediment wird abgelagert,<br />

Nährstoffgehalte nehmen zu, die Wasserfläche<br />

geht zurück. Am Ende bleibt nur<br />

noch <strong>der</strong> Bachlauf als freies Gerinne, eingebettet<br />

in ein Feuchtgebiet, eine so genannte<br />

Biberwiese.<br />

Dominiert werden diese Wiesen von Sauergräsern<br />

und Binsen. Eine weitere Variante<br />

<strong>der</strong> Sukzession in ehemaligen Biberteichen<br />

läuft über das Weichlaubholz, welches sich<br />

auf den Schlammmarken des Teichrandes<br />

ansamt.<br />

Neben den in längeren Zeiträumen ablaufenden<br />

Verlandungen können Biberteiche<br />

auch kurzfristig zu Biberwiesen werden,<br />

wenn <strong>der</strong> Damm bricht und das Wasser<br />

spontan ausläuft (HARTHUN 1998). Die so<br />

entstandenen Schlammflächen werden von<br />

einer eigenen Tier- und Pflanzenwelt besiedelt.<br />

Diese Schlammfluren gehören zu den<br />

am stärksten gefährdeten Gesellschaften<br />

überhaupt. Über 60 % ihrer Arten gelten als<br />

verschollen o<strong>der</strong> gefährdet.<br />

Bedeutung <strong>für</strong> den Arten- und<br />

Biotopschutz<br />

Viele zentrale Prozesse in Auenökosystemen,<br />

vom Tiefland bis <strong>zum</strong> Mittelgebirge,<br />

werden direkt von Bibern beeinflusst. Zu<br />

Recht wird <strong>der</strong> Biber daher immer wie<strong>der</strong> in<br />

<strong>der</strong> Literatur als Schlüsselart bezeichnet.<br />

Die Gumpen und Kolke, die Biber vor allem<br />

vor den Dämmen anlegen, dienen z. B. in<br />

trockenen Sommern vielen Fischarten,<br />

darunter auch den Forellen, als wichtige<br />

Überlebensinseln (HANÖFFER & SCHUR-<br />

LI 2003). In einem frisch entstandenen Biberteich<br />

steigt die Zahl <strong>der</strong> Fischarten zunächst<br />

permanent an. Die maximale Diversität wird<br />

je nach Situation zwischen neun und sechzehn<br />

Jahren erreicht. Danach geht sie wie<strong>der</strong><br />

kontinuierlich zurück, bis <strong>der</strong> Damm bricht<br />

und <strong>der</strong> Zyklus von neuem beginnt. Von<br />

dem Reichtum an Fischnährtieren und Fischen<br />

profitieren auch Fischjäger. So hat<br />

sich nach STRADAZ (1992) die Lebensraumkapazität<br />

des Schwarzstorches im

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