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Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines - Deutscher Rat für ...

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36 Schr.-R. d. Deutschen <strong>Rat</strong>es <strong>für</strong> Landespflege (2004), Heft 76, S. 36-44<br />

Christoph Heinrich<br />

For<strong>der</strong>ungen an einen Biotopverbund in <strong>der</strong> <strong>Waldwirtschaft</strong> aus<br />

<strong>der</strong> Sicht <strong>eines</strong> Naturschutzverbandes<br />

1 Einleitung<br />

<strong>Der</strong> Naturschutzbund Deutschland (NABU)<br />

legte im Vorfeld <strong>der</strong> Novellierung des<br />

Bundesnaturschutzgesetzes ein Konzept <strong>für</strong><br />

einen Biotopverbund vor, das in wesentlichen<br />

Teilen vom Ansatz des BNatSchG<br />

abweicht (NABU 2001). Das Konzept des<br />

NABU for<strong>der</strong>te ein System von national<br />

bedeutsamen Naturschutzvorrangflächen<br />

(Kernflächen) im Umfang von 15 % <strong>der</strong><br />

Landfläche, die es – ohne prozentuale Vorgabe<br />

– miteinan<strong>der</strong> zu vernetzen gelte. Die<br />

Verbundfunktion sollte neben den „klassischen“<br />

Ansätzen des Biotopverbundes mit<br />

Verbundelementen und -strukturen vor allem<br />

eine naturnah ausgerichtete Landnutzung<br />

leisten. Als Kernflächen <strong>eines</strong> nationalen<br />

Biotopverbunds (BV) sollten nach<br />

bundesweit einheitlichen Kriterien Flächen<br />

mit folgenden Eigenheiten ausgewählt werden:<br />

NATURA 2000-Gebiete, Naturschutzgebiete<br />

und Nationalparke, soweit ihr tatsächlicher<br />

aktueller Zustand eine Zuordnung<br />

<strong>zum</strong> bundesweiten BV rechtfertigt.<br />

Lebensräume, die dauerhaft überlebensfähige<br />

Populationen von wild lebenden<br />

Tier- und Pflanzenarten mit vorrangigem<br />

nationalem Schutzbedürfnis beherbergen.<br />

Ein vorrangiges nationales<br />

Schutzbedürfnis besitzen Tier- und<br />

Pflanzenarten, die in Deutschland stark<br />

gefährdet o<strong>der</strong> vom Aussterben bedroht<br />

sind o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Verbreitungsschwerpunkt<br />

in Deutschland liegt.<br />

Die bundesweit bedeutsamen Vorkommen<br />

von natürlichen und naturnahen Ökosystemen<br />

sind als Kernflächen in den BV<br />

einzubringen, u. a. durch Komplettierung<br />

des Nationalparksystems, Ausweisung<br />

großflächiger Schutzgebiete <strong>für</strong> die national<br />

bedeutsamsten Vorkommen natürlicher<br />

und naturnaher Ökosysteme (Wäl<strong>der</strong>,<br />

Flüsse, Seen, Meeresgebiete, Küsten,<br />

Hochgebirge, Moore und Sümpfe) sowie<br />

die rechtliche Sicherung aller Vorkommen<br />

stark gefährdeter bzw. von vollständiger<br />

Vernichtung/Zerstörung bedrohter<br />

naturnaher Lebensraumtypen.<br />

Die bundesweit bedeutenden Vorkommen<br />

stark gefährdeter halbnatürlicher<br />

Lebensraumtypen, die durch extensive<br />

Nutzung von Extremstandorten entstanden<br />

sind.<br />

Großflächige Entwicklungsgebiete, die<br />

sich nach rechtlicher Sicherung durch natürliche<br />

Sukzession o<strong>der</strong> durch steuernde<br />

Eingriffe in einen schützenswerten Zustand<br />

entwickeln bzw. entwickelt werden:<br />

ehemalige militärische Übungsflächen,<br />

Restflächen des Tagebaus,<br />

Renaturierungsflächen zur Wie<strong>der</strong>vernässung<br />

ehemaliger Moore, sonstige<br />

Flächen, die <strong>für</strong> Naturschutzzwecke erworben/gesichert<br />

werden können.<br />

Ein Kernflächensystem wird erst dann den<br />

Ansprüchen des Biotopverbundes gerecht,<br />

wenn die Vernetzung zwischen den Kernen<br />

des Systems durch geeignete Maßnahmen<br />

des räumlichen o<strong>der</strong> funktionalen Verbundes<br />

hergestellt wird. Funktionsfähige ökologische<br />

Beziehungen in <strong>der</strong> Landschaft o<strong>der</strong><br />

innerhalb von Ökosystemen können sich<br />

am besten entfalten, wenn die Bezugsfläche<br />

(Landschaft, Ökosystem) insgesamt eine<br />

hohe Lebensraumqualität besitzt, von einem<br />

dichten Muster an beson<strong>der</strong>en Habitatstrukturen<br />

durchwoben ist und auf ganzer<br />

Fläche eine landschaftsspezifische hohe<br />

Durchgängigkeit <strong>für</strong> ortswechselnde Arten,<br />

bzw. den Austausch zwischen Populationen<br />

aufweist. Vernetzung ist dabei nicht alleine<br />

eine Frage <strong>der</strong> Verbundflächenplanung, son<strong>der</strong>n<br />

eine Querschnittsaufgabe des Naturschutzes,<br />

<strong>der</strong> Landnutzung und Raumordnung,<br />

die nur durch ein Zusammenwirken<br />

verschiedener Instrumente zu erreichen ist.<br />

Sie sollte sowohl durch naturverträgliche<br />

Formen <strong>der</strong> Landnutzung mit integrierten<br />

Naturschutzelementen als auch durch geplante,<br />

räumlich wirkende Verbundelemente<br />

in <strong>der</strong> Landschaft gewährleistet werden.<br />

2 Die Bedeutung <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong> <strong>für</strong><br />

einen Biotopverbund<br />

Wäl<strong>der</strong> bedecken in Deutschland annähernd<br />

ein Drittel <strong>der</strong> Landfläche, im Mittelgebirgsund<br />

Alpenraum sogar weit mehr. Allein aus<br />

dieser flächigen Verbreitung erwächst ihnen<br />

eine überragende Bedeutung <strong>für</strong> einen<br />

Biotopverbund in Deutschland. Für waldbewohnende<br />

Arten können Wäl<strong>der</strong> im Rahmen<br />

<strong>der</strong> Funktionalität <strong>eines</strong> Biotopverbundes<br />

Kernflächen, Trittsteine und<br />

Verbundelemente zugleich sein:<br />

Als (Kern-)Lebensraum <strong>für</strong> einen Großteil<br />

<strong>der</strong> originären autochthonen Arten-<br />

vielfalt Mitteleuropas, die im engeren und<br />

weiteren Sinne vorwiegend auf waldbestimmte<br />

Lebensraumtypen angewiesen<br />

ist. Vor allem großflächige naturnahe<br />

Wäl<strong>der</strong> sollten daher wesentlicher Bestandteil<br />

<strong>eines</strong> Kernflächenkonzepts <strong>für</strong><br />

einen Biotopverbund sein.<br />

Als Korridor o<strong>der</strong> Trittstein <strong>für</strong> ortswechselnde<br />

Arten/Individuen, die Wäl<strong>der</strong><br />

als Lebensräume o<strong>der</strong> als temporäre<br />

Orte des Aufenthalts, <strong>der</strong> Nahrungssuche<br />

o<strong>der</strong> Deckung etc. nutzen: Ortswechsel<br />

großer Säugetiere, Überwinterungs- und<br />

saisonale Nahrungsräume <strong>für</strong> Vögel,<br />

insbeson<strong>der</strong>e Zugvögel.<br />

Für wenig wan<strong>der</strong>fähige Arten (z. B. Waldbodenpflanzen,<br />

Totholzkäfer) ist <strong>der</strong> Verbund<br />

von Wäl<strong>der</strong>n mit geeigneten Lebensraumeigenschaften<br />

vielerorts unterbrochen,<br />

weil <strong>der</strong> Abstand zwischen Wäl<strong>der</strong>n in waldarmen<br />

Naturräumen einen Austausch von<br />

Arten/Individuen nicht zulässt, die Dichte<br />

von geeigneten Lebensraumstrukturen innerhalb<br />

<strong>eines</strong> Waldes zu gering ist, bzw. <strong>der</strong><br />

Abstand zwischen mehreren Vorkommen<br />

einer benötigten Lebensraumstruktur zu groß<br />

ist o<strong>der</strong> durch naturferne Waldformen getrennt<br />

wird (Barrieren).<br />

Das Bundesnaturschutzgesetz vom April<br />

2002 normiert den Biotopverbund als Grundmuster<br />

<strong>der</strong> Ordnung von Naturschutzvorrangflächen<br />

im Raum. Er soll – quasi allumfassend<br />

– <strong>der</strong> Sicherung <strong>der</strong> biologischen<br />

Vielfalt dienen und funktionsfähige ökologische<br />

Wechselbeziehungen erhalten, entwickeln<br />

und wie<strong>der</strong>herstellen. Damit ist<br />

unvermeidbar, dass <strong>der</strong> Biotopverbund weit<br />

ausgelegt werden muss, als Synonym <strong>eines</strong><br />

nationalen Naturschutzkonzepts. Bezogen<br />

auf einen flächenhaft verbreiteten Ökosystemtyp<br />

wie den Wald wird dies beson<strong>der</strong>s<br />

deutlich. Lässt sich die Frage nach dem<br />

Biotopverbund zwischen Wäl<strong>der</strong>n noch mit<br />

den herkömmlichen räumlichen Vorstellungen<br />

von Biotopverbund als Mittel <strong>der</strong> Raumüberwindung<br />

durch Korridore, Trittsteine<br />

und an<strong>der</strong>e Verbindungsmuster beantworten,<br />

so wird bei <strong>der</strong> Betrachtung des Biotopverbundes<br />

innerhalb von Wäl<strong>der</strong>n deutlich,<br />

dass sich ökologische Wechselbeziehungen<br />

zwischen Arten, Populationen, Individuen<br />

nur wirksam herstellen lassen, wenn<br />

möglichst die gesamte Fläche einbezogen<br />

wird.

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