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Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines - Deutscher Rat für ...

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48<br />

Naturschutz im Rahmen<br />

multifunktionaler Forstwirtschaft<br />

Für die Berücksichtigung naturschutzfachlicher<br />

Kriterien im Rahmen einer<br />

flächendeckenden multifunktionalen Forstwirtschaft,<br />

die sich aus <strong>der</strong> Sozialpflichtigkeit<br />

des Eigentums begründen lassen, ist<br />

vor allzu normativer Kodifizierung <strong>der</strong> sog.<br />

guten fachlichen Praxis zu warnen. Das<br />

Unterfangen von WINKEL & VOLZ (2003),<br />

die „gute fachliche Praxis in <strong>der</strong> deutschen<br />

Forstwirtschaft“ in 17 Kriterien zu fassen,<br />

hat im Arbeitsbericht von THOROE et al.<br />

(2003) eine angemessene Kommentierung<br />

erfahren, <strong>der</strong> man sich voll inhaltlich anschließen<br />

kann. Dem Textteil könnte man<br />

weitgehend zustimmen, die 17 formulierten<br />

Kriterien werden lei<strong>der</strong> den im Textteil gestellten<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen nicht gerecht.<br />

Die Notwendigkeit <strong>eines</strong> ökologischen<br />

Ordnungsrahmens <strong>für</strong> die Forstwirtschaft<br />

wird nicht grundsätzlich bestritten. Abzulehnen<br />

ist aber eine ökologische Prozesspolitik,<br />

die darauf abzielt, waldbauliche<br />

Methoden zu normieren und womöglich<br />

gesetzlich festzuschreiben. Dadurch werden<br />

die Chancen einer evolutionären Umweltökonomik<br />

behin<strong>der</strong>t. Es gibt heute Tendenzen,<br />

neben wissenschaftlich begründbaren<br />

und konsistenten For<strong>der</strong>ungen auch<br />

<strong>der</strong>zeit gängige, aber eben zeitgebundene<br />

Vorstellungen von Waldbau und forstlicher<br />

Betriebstechnik zu verabsolutieren und festzuschreiben,<br />

ohne die Komplexität ökologischer<br />

und ökonomischer Zusammenhänge<br />

und <strong>der</strong>en Wechselwirkung gründlich zu<br />

studieren. Von Selbstzweifeln wenig geplagt,<br />

folgern viele Autoren von hoher moralischer<br />

Warte, wer das Gute nur wolle,<br />

wisse auch wie es zu bewerkstelligen sei.<br />

Dabei wird man <strong>der</strong> Vielfalt <strong>der</strong> Standorte,<br />

<strong>der</strong> waldbaulichen Situationen, individuel-<br />

ler Betriebssysteme, <strong>der</strong> Entwicklung von<br />

Betriebstechnik und wirtschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen nicht gerecht. Kann<br />

es überhaupt objektive „richtige“ und allzeit<br />

gültige Referenzmaßstäbe <strong>für</strong> ökologische<br />

und ökonomische Qualität und <strong>der</strong>en Zusammenwirken<br />

geben? Lehrt uns nicht die<br />

Forstgeschichte und die Entstehungsgeschichte<br />

vieler Biotope, dass Biodiversität<br />

mit einer Vielfalt von Bewirtschaftungsmethoden<br />

durch eine Vielzahl von Eigentümern<br />

am besten zu sichern ist?<br />

Ist ökologische Qualität hierarchisch planbar<br />

o<strong>der</strong> gibt es nicht auch in <strong>der</strong> Ökologie<br />

den konstitutiven Wissensmangel, wie von<br />

HAYEK (1968) feststellt, <strong>der</strong> zwangsläufig<br />

Prozesse evolutionärer Selektion verlangt?<br />

Führt staatlicher Naturschutzdirigismus<br />

nicht in dieselbe Sackgasse, in die staatlicher<br />

Wirtschaftsdirigismus gefahren ist? In<br />

<strong>der</strong> wirtschaftswissenschaftlichen Literatur<br />

beobachtet man eine rege ordnungspolitische<br />

Diskussion im Dienste optimaler Umsetzung<br />

ökologischer Ziele. An <strong>der</strong> Naturschutzpolitik<br />

scheint diese Diskussion vorüberzugehen,<br />

hier herrscht noch naiver Glaube<br />

an die staatliche Autorität als konfliktlösen<strong>der</strong><br />

Deus ex machina (vgl. GERKEN<br />

& RENNER 1996).<br />

Wer <strong>für</strong> Pluralismus und Evolution als Instrumente<br />

<strong>der</strong> Problemlösung eintritt, muss<br />

logischerweise bei <strong>der</strong> Qualifizierung und<br />

Sensibilisierung <strong>der</strong> Akteure ansetzen. Es<br />

erscheint mir daher wichtig, bei <strong>der</strong><br />

Hochschulausbildung von Biologen und<br />

Forstleuten <strong>der</strong> Vermittlung von Artenkenntnis<br />

größere Bedeutung bei<strong>zum</strong>essen.<br />

Man schützt nur, was man kennt.<br />

Literaturverzeichnis<br />

BROGGI, M. (2002): Kämpft <strong>der</strong> Naturschutz<br />

mit <strong>der</strong> Akzeptanz? - Schr.-R. d. Deutschen <strong>Rat</strong>es<br />

<strong>für</strong> Landespflege, H. 74, 72-74.<br />

DUFFNER, W. (1998): Nachhaltige Forstwirtschaft<br />

in Europa. - Kongress <strong>der</strong> europäischen<br />

Landwirtschaft 1998 in Ljubljana Slowenien.<br />

Kongressbericht, 199-213.<br />

DUFFNER, W. (1997): Wie stellt sich ein Großprivatwaldbesitzer<br />

auf die Herausfor<strong>der</strong>ung ein?<br />

- Rundgespräche <strong>der</strong> Kommission <strong>für</strong> Ökologie<br />

Band 12, Forstwirtschaft im Konfliktfeld Ökologie,<br />

143-149.<br />

GERKEN, L. & RENNER, A. (1996): Nachhaltigkeit<br />

durch Wettbewerb. - Walter-Euken-Institut<br />

Freiburg i. Br., wirtschaftswissenschaftliche<br />

und wirtschaftsrechtliche Untersuchungen, Band<br />

35, 149 S.<br />

HAYEK, F. A. von (1968): <strong>Der</strong> Wettbewerb als<br />

Entdeckungsverfahren. In HAYEK, F. A. von<br />

(Hg.): Freiburger Studien. - Walter-Euken-Institut,<br />

wirtschaftswissenschaftliche und wirtschaftsrechtliche<br />

Untersuchungen, Band 5, 249-265.<br />

OTT, K. (2002): Akzeptanzdefizite im Naturschutz.<br />

– Schr.-R. d. Deutschen <strong>Rat</strong>es <strong>für</strong> Landespflege,<br />

H. 74, 75-81.<br />

RÖPKE, W. (1979): Jenseits von Angebot und<br />

Nachfrage. - 5. Auflage, Bern, 403 S.<br />

THOROE, C.; DIETER, M.; ELSASSER, P.;<br />

ENGLERT, H.; KÜPPERS, J. G. & ROERING,<br />

H.-W. (2003): Untersuchungen zu den ökonomischen<br />

Implikationen einer Präzisierung <strong>der</strong> Vorschriften<br />

zur nachhaltigen, ordnungsgemäßen<br />

Forstwirtschaft bzw. von Vorschlägen zur<br />

Konkretisierung <strong>der</strong> Guten fachlichen Praxis in<br />

<strong>der</strong> Forstwirtschaft. - Bundesforschungsanstalt<br />

<strong>für</strong> Forst- und Holzwirtschaft und Ordinariate <strong>für</strong><br />

Holzbiologie, Holztechnologie und Weltforstwirtschaft<br />

<strong>der</strong> Universität Hamburg. 65 S. +<br />

Anh.<br />

WINKEL, G. & VOLZ, K.-R. (2003): Naturschutz<br />

und Forstwirtschaft. Kriterienkatalog zur<br />

Guten fachlichen Praxis. - Schriftenreihe „Angewandte<br />

Landschaftsökologie“; Band 52, Münster-Hiltrup,<br />

194 S.<br />

Anschrift des Verfassers:<br />

Dr. Winfried Duffner<br />

Am Galgengrüble 13<br />

88364 Wolfegg

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