Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines - Deutscher Rat für ...
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Naturschutz im Rahmen<br />
multifunktionaler Forstwirtschaft<br />
Für die Berücksichtigung naturschutzfachlicher<br />
Kriterien im Rahmen einer<br />
flächendeckenden multifunktionalen Forstwirtschaft,<br />
die sich aus <strong>der</strong> Sozialpflichtigkeit<br />
des Eigentums begründen lassen, ist<br />
vor allzu normativer Kodifizierung <strong>der</strong> sog.<br />
guten fachlichen Praxis zu warnen. Das<br />
Unterfangen von WINKEL & VOLZ (2003),<br />
die „gute fachliche Praxis in <strong>der</strong> deutschen<br />
Forstwirtschaft“ in 17 Kriterien zu fassen,<br />
hat im Arbeitsbericht von THOROE et al.<br />
(2003) eine angemessene Kommentierung<br />
erfahren, <strong>der</strong> man sich voll inhaltlich anschließen<br />
kann. Dem Textteil könnte man<br />
weitgehend zustimmen, die 17 formulierten<br />
Kriterien werden lei<strong>der</strong> den im Textteil gestellten<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen nicht gerecht.<br />
Die Notwendigkeit <strong>eines</strong> ökologischen<br />
Ordnungsrahmens <strong>für</strong> die Forstwirtschaft<br />
wird nicht grundsätzlich bestritten. Abzulehnen<br />
ist aber eine ökologische Prozesspolitik,<br />
die darauf abzielt, waldbauliche<br />
Methoden zu normieren und womöglich<br />
gesetzlich festzuschreiben. Dadurch werden<br />
die Chancen einer evolutionären Umweltökonomik<br />
behin<strong>der</strong>t. Es gibt heute Tendenzen,<br />
neben wissenschaftlich begründbaren<br />
und konsistenten For<strong>der</strong>ungen auch<br />
<strong>der</strong>zeit gängige, aber eben zeitgebundene<br />
Vorstellungen von Waldbau und forstlicher<br />
Betriebstechnik zu verabsolutieren und festzuschreiben,<br />
ohne die Komplexität ökologischer<br />
und ökonomischer Zusammenhänge<br />
und <strong>der</strong>en Wechselwirkung gründlich zu<br />
studieren. Von Selbstzweifeln wenig geplagt,<br />
folgern viele Autoren von hoher moralischer<br />
Warte, wer das Gute nur wolle,<br />
wisse auch wie es zu bewerkstelligen sei.<br />
Dabei wird man <strong>der</strong> Vielfalt <strong>der</strong> Standorte,<br />
<strong>der</strong> waldbaulichen Situationen, individuel-<br />
ler Betriebssysteme, <strong>der</strong> Entwicklung von<br />
Betriebstechnik und wirtschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen nicht gerecht. Kann<br />
es überhaupt objektive „richtige“ und allzeit<br />
gültige Referenzmaßstäbe <strong>für</strong> ökologische<br />
und ökonomische Qualität und <strong>der</strong>en Zusammenwirken<br />
geben? Lehrt uns nicht die<br />
Forstgeschichte und die Entstehungsgeschichte<br />
vieler Biotope, dass Biodiversität<br />
mit einer Vielfalt von Bewirtschaftungsmethoden<br />
durch eine Vielzahl von Eigentümern<br />
am besten zu sichern ist?<br />
Ist ökologische Qualität hierarchisch planbar<br />
o<strong>der</strong> gibt es nicht auch in <strong>der</strong> Ökologie<br />
den konstitutiven Wissensmangel, wie von<br />
HAYEK (1968) feststellt, <strong>der</strong> zwangsläufig<br />
Prozesse evolutionärer Selektion verlangt?<br />
Führt staatlicher Naturschutzdirigismus<br />
nicht in dieselbe Sackgasse, in die staatlicher<br />
Wirtschaftsdirigismus gefahren ist? In<br />
<strong>der</strong> wirtschaftswissenschaftlichen Literatur<br />
beobachtet man eine rege ordnungspolitische<br />
Diskussion im Dienste optimaler Umsetzung<br />
ökologischer Ziele. An <strong>der</strong> Naturschutzpolitik<br />
scheint diese Diskussion vorüberzugehen,<br />
hier herrscht noch naiver Glaube<br />
an die staatliche Autorität als konfliktlösen<strong>der</strong><br />
Deus ex machina (vgl. GERKEN<br />
& RENNER 1996).<br />
Wer <strong>für</strong> Pluralismus und Evolution als Instrumente<br />
<strong>der</strong> Problemlösung eintritt, muss<br />
logischerweise bei <strong>der</strong> Qualifizierung und<br />
Sensibilisierung <strong>der</strong> Akteure ansetzen. Es<br />
erscheint mir daher wichtig, bei <strong>der</strong><br />
Hochschulausbildung von Biologen und<br />
Forstleuten <strong>der</strong> Vermittlung von Artenkenntnis<br />
größere Bedeutung bei<strong>zum</strong>essen.<br />
Man schützt nur, was man kennt.<br />
Literaturverzeichnis<br />
BROGGI, M. (2002): Kämpft <strong>der</strong> Naturschutz<br />
mit <strong>der</strong> Akzeptanz? - Schr.-R. d. Deutschen <strong>Rat</strong>es<br />
<strong>für</strong> Landespflege, H. 74, 72-74.<br />
DUFFNER, W. (1998): Nachhaltige Forstwirtschaft<br />
in Europa. - Kongress <strong>der</strong> europäischen<br />
Landwirtschaft 1998 in Ljubljana Slowenien.<br />
Kongressbericht, 199-213.<br />
DUFFNER, W. (1997): Wie stellt sich ein Großprivatwaldbesitzer<br />
auf die Herausfor<strong>der</strong>ung ein?<br />
- Rundgespräche <strong>der</strong> Kommission <strong>für</strong> Ökologie<br />
Band 12, Forstwirtschaft im Konfliktfeld Ökologie,<br />
143-149.<br />
GERKEN, L. & RENNER, A. (1996): Nachhaltigkeit<br />
durch Wettbewerb. - Walter-Euken-Institut<br />
Freiburg i. Br., wirtschaftswissenschaftliche<br />
und wirtschaftsrechtliche Untersuchungen, Band<br />
35, 149 S.<br />
HAYEK, F. A. von (1968): <strong>Der</strong> Wettbewerb als<br />
Entdeckungsverfahren. In HAYEK, F. A. von<br />
(Hg.): Freiburger Studien. - Walter-Euken-Institut,<br />
wirtschaftswissenschaftliche und wirtschaftsrechtliche<br />
Untersuchungen, Band 5, 249-265.<br />
OTT, K. (2002): Akzeptanzdefizite im Naturschutz.<br />
– Schr.-R. d. Deutschen <strong>Rat</strong>es <strong>für</strong> Landespflege,<br />
H. 74, 75-81.<br />
RÖPKE, W. (1979): Jenseits von Angebot und<br />
Nachfrage. - 5. Auflage, Bern, 403 S.<br />
THOROE, C.; DIETER, M.; ELSASSER, P.;<br />
ENGLERT, H.; KÜPPERS, J. G. & ROERING,<br />
H.-W. (2003): Untersuchungen zu den ökonomischen<br />
Implikationen einer Präzisierung <strong>der</strong> Vorschriften<br />
zur nachhaltigen, ordnungsgemäßen<br />
Forstwirtschaft bzw. von Vorschlägen zur<br />
Konkretisierung <strong>der</strong> Guten fachlichen Praxis in<br />
<strong>der</strong> Forstwirtschaft. - Bundesforschungsanstalt<br />
<strong>für</strong> Forst- und Holzwirtschaft und Ordinariate <strong>für</strong><br />
Holzbiologie, Holztechnologie und Weltforstwirtschaft<br />
<strong>der</strong> Universität Hamburg. 65 S. +<br />
Anh.<br />
WINKEL, G. & VOLZ, K.-R. (2003): Naturschutz<br />
und Forstwirtschaft. Kriterienkatalog zur<br />
Guten fachlichen Praxis. - Schriftenreihe „Angewandte<br />
Landschaftsökologie“; Band 52, Münster-Hiltrup,<br />
194 S.<br />
Anschrift des Verfassers:<br />
Dr. Winfried Duffner<br />
Am Galgengrüble 13<br />
88364 Wolfegg