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Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines - Deutscher Rat für ...

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80<br />

et al. 1973, KLAUS et al. 1989). Innerhalb<br />

<strong>der</strong> letzten 100 Jahre fand hier ein kontinuierlicher<br />

Bestandesrückgang und ein Rückzug<br />

aus den – bis in die submontanen Lagen<br />

reichenden – Verbreitungsgebieten in die<br />

größeren, zusammenhängenden Waldflächen<br />

<strong>der</strong> Höhenlagen statt (KLAUS &<br />

BERGMANN 1994, SUCHANT 2002).<br />

Dies resultierte in einer starken Fragmentierung<br />

<strong>der</strong> Vorkommen und einer Isolierung<br />

kleiner Teilpopulationen. In vielen<br />

kleineren mitteleuropäischen Vorkommen<br />

sank die Populationsgröße rasch unter den<br />

Schwellenwert von 500 Individuen, <strong>der</strong> <strong>für</strong><br />

eine langfristig überlebensfähige Mindestpopulation<br />

(minimum viable population –<br />

MVP, nach HOVESTADT et al. 1991) des<br />

Auerhuhns angegeben wird (GRIMM &<br />

STORCH 2000). Viele dieser Kleinpopulationen<br />

sind inzwischen erloschen<br />

(z. B. Odenwald, Elbsandsteingebirge,<br />

Pfälzerwald) (KLAUS et al. 1989, KLAUS<br />

& BERGMANN 1994). Die Überlebensfähigkeit<br />

solcher Kleinpopulationen hängt<br />

u. a. von <strong>der</strong> Möglichkeit <strong>eines</strong> Individuenaustausches<br />

mit an<strong>der</strong>en Populationen ab.<br />

Beim Auerhuhn sind Dispersionsdistanzen<br />

von bis zu 75 km (MYRBERGET 1978)<br />

bekannt, doch die durchschnittlich anzunehmende<br />

Wan<strong>der</strong>entfernung, die einen regelmäßigen<br />

Populationsaustausch ermöglicht,<br />

liegt mit weniger als 10 km deutlich<br />

niedriger (MYRBERGET 1978, SWENSON<br />

1991, ROLSTAD et al. 1988, MENONI<br />

1991, STORCH 1995). Da Dispersionsdistanzen<br />

zudem nicht unabhängig von den<br />

zu überwindenden Landschaftsstrukturen<br />

betrachtet werden können, stellt sich die<br />

Frage nach einem Populationsverbund nicht<br />

nur zwischen, son<strong>der</strong>n auch innerhalb <strong>der</strong><br />

oft stark fragmentierten mitteleuropäischen<br />

Auerhuhnvorkommen.<br />

4.2 Län<strong>der</strong>übergreifen<strong>der</strong> Biotopverbund<br />

Für den zentraleuropäischen Bereich<br />

(Deutschland mit angrenzenden Län<strong>der</strong>n)<br />

wurden zunächst mit Hilfe <strong>eines</strong> sehr vereinfachten<br />

Modells die potenziellen Kerngebiete<br />

ermittelt, die die grundlegenden<br />

Rahmenbedingungen <strong>für</strong> eine Besiedlung<br />

durch eine überlebensfähige Auerhuhnpopulation<br />

bieten. Selektiert wurden Waldgebiete<br />

ausreichen<strong>der</strong> Größe, <strong>der</strong>en Teilflächen<br />

weniger als 10 km voneinan<strong>der</strong> entfernt<br />

liegen und in denen winterkalte Klimabedingungen<br />

vorherrschen.<br />

4.2.1 Methodik<br />

Im ersten Schritt wurden die Waldgebiete<br />

auf <strong>der</strong> Grundlage von CORINE-Rasterdaten<br />

zur Landnutzung klassifiziert, die entsprechend<br />

den EUNIS-Habitattypen (MOSS<br />

& DAVIES 2002) reklassifiziert wurden.<br />

Für jedes Rasterquadrat (250 x 250 m) wurde<br />

nun <strong>der</strong> Waldanteil innerhalb <strong>eines</strong> 5 km<br />

großen Radius ermittelt und all diejenigen<br />

Rasterzellen bestimmt, bei denen <strong>der</strong> umgebende<br />

Waldanteil mindestens 60 % betrug.<br />

Von den resultierenden Waldflächen, die<br />

im folgenden als „Waldkerngebiete“ bezeichnet<br />

werden, wurden diejenigen selektiert,<br />

die mindestens 50.000 ha groß sind.<br />

Dies entspricht <strong>der</strong> Fläche, die bei einer<br />

minimalen Habitatqualität von 30 %<br />

(SUCHANT 2002) <strong>für</strong> eine überlebensfähige<br />

Mindestpopulation (MVP) von 500 Individuen<br />

(vgl. GRIMM & STORCH 2000) als<br />

ausreichend angenommen wird (SUCHANT<br />

2002, SUCHANT & BRAUNISCH in<br />

press). Waldflächen, die kleiner als 100 ha<br />

sind, wurden von <strong>der</strong> weiteren Untersuchung<br />

ausgeschlossen, Waldgebiete zwischen<br />

100 und 50.000 ha wurden als potenzielle<br />

Trittsteinbiotope gewertet.<br />

In einem zweiten Schritt wurden die selektierten<br />

Waldflächen hinsichtlich ihrer klimatischen<br />

Bedingungen bewertet. Als<br />

„winterkalt“ (und damit <strong>der</strong> ökoklimatischen<br />

Nische <strong>für</strong> Auerhühner entsprechend) wurden<br />

diejenigen Gebiete definiert, die eine<br />

mittlere jährliche Schneelagendauer von<br />

mindestens 60 Tagen/Jahr (mind. 10 cm<br />

Schnee) aufweisen. Als Datengrundlage<br />

diente eine Rasterkarte <strong>der</strong> Schneelagendauer<br />

in Deutschland, in <strong>der</strong> Daten aus dem<br />

Zeitraum von 1980 bis 2000 berücksichtigt<br />

sind (SCHNEIDER & SCHÖNBEIN 2003).<br />

Aufgrund fehlen<strong>der</strong> Datengrundlagen aus<br />

den angrenzenden Län<strong>der</strong>n konnte dieser<br />

Schritt bisher nur <strong>für</strong> Deutschland durchgeführt<br />

werden. Als potenzielle Auerhuhn-<br />

Waldgebiete wurden winterkalte Waldgebiete<br />

mit einer Mindestgröße von 50.000<br />

ha definiert.<br />

In einem dritten Schritt wurden all diejenigen<br />

Waldkerngebiete selektiert, in denen<br />

aktuell Auerhühner vorkommen, wobei nicht<br />

das genaue Verbreitungsgebiet des jeweiligen<br />

Auerhuhnvorkommens abgegrenzt, son<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> gesamte Waldkomplex als „mit<br />

Auerhuhnvorkommen“ gewertet wurde. Die<br />

Auerhuhn-Waldgebiete wurden mit den ermittelten<br />

potenziellen Auerhuhn-Waldgebieten<br />

verglichen.<br />

4.2.2 Ergebnisse (vgl. hierzu Abb. 5)<br />

Als potenzielle Auerhuhn-Waldgebiete<br />

wurden in Deutschland die Mittelgebirgsregionen<br />

von Harz, Thüringer Wald, Erzgebirge,<br />

Bayerischer Wald, Schwarzwald<br />

sowie das Alpenvorland ermittelt. Ein Vergleich<br />

mit denjenigen Waldkerngebieten, in<br />

denen aktuell Auerhühner vorkommen, zeigt<br />

<strong>für</strong> Deutschland eine weitgehende Übereinstimmung.<br />

Lediglich das Fichtelgebirge ist,<br />

obwohl zu den winterkalten Gebieten zählend,<br />

aufgrund zu geringer Flächengröße<br />

nicht in den potentiellen Kerngebieten des<br />

Modells enthalten. Die räumlichen Entfernungen<br />

zwischen den Kerngebieten liegen<br />

zwischen rund 30 und 230 km, im Mittel bei<br />

110 km. Betrachtet man allein die euklidischen<br />

Distanzen zwischen den Gebieten,<br />

unabhängig von zusätzlichen Barrierewirkungen<br />

<strong>der</strong> dazwischen liegenden<br />

Landschaftsstrukturen, wird deutlich, dass<br />

die oben angegebenen Dispersionsdistanzen<br />

in den meisten Fällen nicht ausreichen, um<br />

einen direkten Austausch <strong>der</strong> Auerhuhnpopulationen<br />

zwischen den Kernflächen zu<br />

ermöglichen. Unter Berücksichtigung von<br />

potenziellen Trittsteingebieten wäre<br />

lediglich ein Populationsverbund zwischen<br />

den Kerngebieten Bayerischer Wald, Thüringer<br />

Wald und Erzgebirge über das<br />

Fichtelgebirge und den Oberpfälzer Wald<br />

denkbar, weshalb diesen beiden Trittsteinen<br />

und den dazwischen liegenden Gebieten<br />

eine großräumig wirksame Schlüsselfunktion<br />

zukommen könnte. Das Auerhuhn<br />

kann jedoch <strong>für</strong> den überregionalen, län<strong>der</strong>übergreifenden<br />

Biotopverbund nicht grundsätzlich<br />

als geeignete Indikatorart gelten.<br />

Vielmehr muss die län<strong>der</strong>übergreifende<br />

Indikatorbedeutung landschaftsökologisch<br />

differenziert betrachtet werden.<br />

4.3 Biotopverbund auf Naturraumebene<br />

Während bei <strong>der</strong> Betrachtung von Großlandschaften<br />

in erster Linie das Klima und<br />

das Vorhandensein von Wald als Suchraster<br />

<strong>für</strong> Auerhuhngebiete herangezogen werden<br />

können, ist es auf <strong>der</strong> regionalen Landschaftsebene<br />

notwendig, auch das „Innere“<br />

<strong>der</strong> Waldgebiete zu betrachten. Werden<br />

zentraleuropäische Auerhuhngebiete auf <strong>der</strong><br />

regionalen Ebene betrachtet, so wird eine<br />

starke Fragmentierung innerhalb <strong>der</strong><br />

Verbreitungsgebiete deutlich. Da die vom<br />

Auerhuhn besiedelten Gebiete wie Inseln in<br />

<strong>der</strong> sie umgebenden Landschaft liegen,<br />

kommt <strong>für</strong> das Auerhuhn dem Biotopverbund<br />

auf regionaler Ebene eine beson<strong>der</strong>e<br />

Bedeutung zu. Bei einer Populationsgröße,<br />

die eine Minimumpopulation nur<br />

wenig überschreitet, kann das langfristige<br />

Überleben <strong>der</strong> Population nur dann gesichert<br />

werden, wenn die fragmentierten Teillebensräume<br />

so miteinan<strong>der</strong> verbunden<br />

werden, dass ein regelmäßiger Individuenaustausch<br />

möglich ist.<br />

Zur Bewertung <strong>der</strong> Biotopverbundsituation<br />

<strong>für</strong> das Auerhuhn im Schwarzwald sollen<br />

mit Hilfe einer GIS-gestützten Analyse von<br />

Landschafts- und Landnutzungsparametern<br />

diejenigen Räume zwischen den bestehenden<br />

Auerhuhnverbreitungsinseln lokalisiert<br />

werden, <strong>der</strong>en Durchquerung <strong>für</strong> ein Tier<br />

mit den geringst möglichen Kosten verbunden<br />

ist und die daher <strong>für</strong> einen Biotop-

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